RWE baut weiter um. Aber dieses Mal geht es dem gebeutelten Stromriesen nicht darum, die Kosten noch weiter zu drücken. Stattdessen plant der Vorstand, das Unternehmen zu zentralisieren: Die Sparten Vertrieb und Netze, bisher unabhängige Töchter, sollen in Zukunft direkt von der Muttergesellschaft RWE AG angesteuert werden. In den Vorstand sollen drei weitere Mitglieder rücken, die mit dem operativen Geschäft betraut werden.
Ernst Gerlach, Geschäftsführer des Verbands der Kommunalen Aktionäre (VKA), bestätigt gegenüber FINANCE die geplanten Restrukturierungsmaßnahmen, von denen das Handelsblatt am Dienstag unter Berufung auf Konzernkreise berichtete. Der VKA ist ein wichtiger Player bei RWE, er vertritt Städte, Kreise, Stadtwerke und Sparkassen, die 24 Prozent an RWE halten. Gerlach sieht noch zahlreiche offene Fragen zum geplanten Umbau, wie er gegenüber FINANCE betont.
VKA-Chef Gerlach stellt Restrukturierung bei RWE in Frage
Der RWE-Vorstand habe dem VKA mitgeteilt, dass das zu erwartende Konzept eher qualitative denn quantitativ monetäre Ergebnisse bringen werde, so Gerlach. Wie der Konzern aber seine Effizienz durch eine derartige Zentralisierung steigern will, leuchtet ihm noch nicht ein: „Die deutsche Energielandschaft wird immer dezentraler, aber RWE will zentraler werden“, sagt er. „Das sind gegenläufige Entwicklungen. Wir haben dem RWE-Vorstand die Frage gestellt, wie sie zusammenpassen.“
RWE ist wie Konkurrent Eon in einer tiefen Krise, weil durch die Energiewende Ökostrom mit Vorfahrt ins Netz dringt und so die Großhandelspreise für Energie aus Atomkraft, Kohle und Gas in den Keller drückt. Angesichts der wegbrechenden Erträge hat RWE radikal Stellen gekürzt – von 72.000 Mitarbeitern Ende 2011 sind aktuell noch knapp 60.000 übrig, Tendenz weiter fallend.
Neue RWE-Strategie: Viel Zeit ist nicht mehr
Jetzt sei es Zeit für den Vorstand, eine schlüssige Strategie vorzulegen, fordert VKA-Geschäftsführer Gerlach einmal mehr. „Dann können wir auch besser beurteilen, ob die geplante Restrukturierung etwas bringt.“
„Was sind die Belege dafür, dass das Unternehmen durch den Umbau wirklich effizienter wird?“, fragt Gerlach. „Führt er tatsächlich zu einer schnelleren und besseren Willensbildung? Wie will der Vorstand sicherstellen, dass die dezentralen regionalen Märkte auch nach dieser Zentralisierung noch gut betreut werden?“ Er sei nicht grundsätzlich gegen einen Umbau an der Spitze des Versorgers, sagt Gerlach – doch er drängt auf Antworten.
RWE schweigt zu den Details. Bekannt ist, dass der Aufsichtsrat den Vorstand beauftragt hat, ein Konzept zum Abbau von Legalstrukturen und zur Vermeidung von Bürokratie auszuarbeiten. Dass Gerlach, der Vertreter der wichtigsten Aktionärsgruppe, dazu öffentlich Gesprächsbedarf anmeldet, könnte die Vorstandspläne arg ins Trudeln bringen, wenn nicht sogar grundsätzlich in Frage stellen. Denn die Zeit ist schon weit fortgeschritten, in der kommenden Aufsichtsratssitzung am 10.8. werde das Gremium über das fertige Konzept beraten, erklärte eine RWE-Sprecherin.