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Tax Compliance: So verhält man sich richtig

Fastfood-Ketten müssen – je nach dem wo ihre Kunden essen – unterschiedliche Steuersätze anwenden. Ein gutes Tax CMS kann bei der Zuordnung und bei dem Aufdecker versuchter Betrügereien helfen.
rez-art/Thinkstock/Getty Images

Kaum ein Thema ist für CFOs so schwierig wie die richtige Einschätzung von Steuerrisiken. Denn der Bereich Tax Compliance ist komplex, Steuerreformen wie die des US-Präsidenten Donald Trump verkomplizieren die richtige Besteuerung von Produkten besonders für international tätige Konzerne zusätzlich.

Schlimmer noch: Verfehlungen können für Finanzchefs ein böses Nachspiel haben. Wenn Unternehmen ihre steuerlichen Pflichten nicht erfüllen, drohen schnell strafrechtliche Konsequenzen. Auch Gefängnisstrafen sind möglich.

Für Finanzchefs kann es zudem an den eigenen Geldbeutel gehen. Vor zwei Jahren verklagte etwa der Marktforscher GFK seinen alten Vorstand um CEO und CFO auf 30 Millionen Euro Schadenersatz wegen einer vermeintlichen Steueraffäre in der Türkei. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen, zeigt aber, welch enorme Summen von Vorständen gefordert werden können.

Tax CMS erhöht Glaubwürdigkeit

Trotz der zahlreichen Risiken war die Tax Compliance in vielen Unternehmen bisher nicht oben auf der To-do-Liste. Das änderte sich schlagartig, als das Bundesfinanzministerium (BMF) 2016 bekanntgab, interne steuerliche Kontrollsysteme, auch Tax Compliance Management Systeme (Tax CMS) genannt, honorieren zu wollen.

Der Hintergrund: Damit Fehler in der Steuererklärung keine strafrechtlichen Konsequenzen mit sich bringen, müssen sie auf Gutgläubigkeit basieren, was bedeutet, dass sie unabsichtlich geschehen sind. Mit einem Tax CMS können CFOs nachweisen, dass sie spezielle Prozesse und Überprüfungen eingeführt haben, um sicherzustellen, dass die Rahmenbedingungen für die korrekte Steuererklärung vorhanden waren. Bei einem konkreten Verdacht können sie sich dann darauf berufen. Willkür oder Vorsatz können dadurch in den meisten Fällen ausgeschlossen werden, was dem Finanzamt Arbeit erspart.

Die Initiative des BMF zeigt Wirkung: Marktbeobachter berichten, dass sich fast alle Konzerne im Dax und MDax derzeit mit der Einführung eines Tax CMS beschäftigen, auch in kleineren Indizes und in Familienunternehmen stehe das Thema weit oben auf der Prioritätenliste.

Tax Compliance braucht klare Verantwortlichkeiten

Damit die Einführung eines Tax CMS gelingt, hat das Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) ein Rahmenwerk erstellt, das CFOs helfen soll. Das Institut rät Unternehmen, sich im ersten Schritt mit der Einführung einer guten Steuerkultur zu beschäftigen und klare Ziele zu definieren. „Oft machen sich CFOs nicht genug Gedanken, wie das Tax CMS später konkret aussehen und mit welchen Ressourcen es gepflegt werden soll“, meint Ellen Birkemeyer, Partnerin im Bereich Tax bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG.

In den nächsten Schritten müssen Finanzchefs dann die unternehmensspezifischen Risiken identifizieren und diese priorisieren. Erst dann folgt die Aufsetzung eines Compliance-Programms. Dazu gehören prozessuale Kontrollen wie das Vieraugenprinzip sowie automatisierte Checks und Stichproben, die Fehlverhalten aufdecken sollen.

Klare Verantwortlichkeiten sind für eine gute Tax Compliance unabdinglich, ebenso wie ein festgelegter Berichtsweg sowie eine stete Überwachung und Verbesserung des Kontrollsystems, schreibt das IDW.

CFOs plagen sich mit Umsatzsteuer

Die saubere Einführung eines umfassenden internen steuerlichen Kontrollsystems ist indes komplex. Besondere Probleme bereite Unternehmen die Umsatzsteuer, sagt KPMG-Expertin Birkemeyer. „Unternehmen fällt es oft schon schwer zu entscheiden, welchen Steuersatz sie anwenden sollten“, erklärt sie. „Gerade bei kombinierten Produkten ist das mitunter schwierig oder auch dann, wenn ich Ware von einem Unternehmen beziehe, das in Deutschland sitzt, das Produkt aber direkt an meinen Kunden aus dem Ausland schickt.“

„Unternehmen wissen oft nicht, welchen Steuersatz sie anwenden sollen.“

Ellen Birkemeyer, Tax Partner bei KPMG

Stephan Ludwig, Steuerexperte bei der WP-Gesellschaft EY, hat ein zusätzliches Beispiel: „Eine große Burger-Kette muss Inhouse-Burger mit 19 Prozent versteuern, Takeaway, also Essen zum Mitnehmen, wird hingegen mit dem verringerten Steuersatz von 7 Prozent besteuert.“ Um eine richtige Umsatzsteuererklärung abzugeben muss das Unternehmen daher sicherstellen, dass der Mitarbeiter im Kassensystem jeweils den richtigen Knopf drückt.

So einfach ist es aber nicht. Takeaway-Produkte erhöhen für Fastfood-Ketten den Profit, da aufgrund der niedrigeren Steuer die Marge höher ist. Filialleiter könnten sich daher dazu verleiten lassen, die Angestellten anzuweisen, häufiger die Takeaway-Taste zu drücken. Sei es aus Naivität oder Habgier: Der CFO trägt letztlich das Risiko.

Unternehmen müssen Mitarbeiter sensibilisieren

Steuerexperte Ludwig plädiert dafür, dass Finanzchefs die richtigen Abläufe implementieren, damit ein solches Verhalten nicht zur Unternehmenskultur gehört: „Mitarbeiter müssen auf Schulungen auch dafür sensibilisiert werden, dass sie eine Steueraufgabe haben.“ Zudem könne man ein Whistleblower-System aufbauen, über das Mitarbeiter bei Fehlverhalten ihre Vorgesetzten oder Filialleiter melden können.

Tax CMS könnten zudem dazu beitragen, Fehlverhalten aufzudecken. Im Beispiel der Restaurantkette würde das Steuersystem registrieren, wenn sich das Verhältnis von Takeaway- zu Inhouse-Bestellungen deutlich verändert – und gegebenenfalls Alarm schlagen.

„Jeder Konzern entscheidet selbst, wie er seine Steuern plant.“

Stephan Ludwig, Partner bei EY

Die oft kritisierten Steuersparmodelle der Konzerne werden durch ein gutes Tax CMS deutlich erschwert. Dennoch gibt es weiterhin Spielräume für CFOs: „Jeder Konzern kann letztlich selbst entscheiden, wie er Steuerplanung betreibt“, sagt EY-Partner Ludwig, da diese „normalerweise ein Ausdruck der Unternehmenskultur ist, die vom Vorstand vorgelebt werden sollte.“

Gute Tax Compliance funktioniert nur mit guten Daten

Damit CFOs steuerliche Risiken im Rahmen eines Tax-CMS-Projektes einwandfrei identifizieren und mit Kontrollen überwachen können, bedarf es einer soliden Datengrundlage. Hier liegt laut KPMG-Expertin Birkemeyer die größte Herausforderung: „Das System braucht granulare Daten. Die sind aber oft nicht auf Knopfdruck vorhanden.“

Vieles liegt im Unternehmen nur als kumulierter Datensatz vor. „Im Rahmen des Tax CMS können die einzelnen Belege dann nicht überprüft und die Daten miteinander verknüpft werden. Dadurch kann die Kontrolle nicht greifen“, erklärt Birkemeyer. CFOs müssen bei der Einführung eines solchen Systems entsprechend viel Zeit für die Identifikation der Risiken und die Aufbereitung der Datengrundlage einplanen.

Die Implementierung eines Tax CMS braucht ohnehin Zeit: Experten schätzen die Dauer einer Einführung auf 18 bis 24 Monate, bei größeren Projekten können es auch drei Jahre sein. Die Kosten belaufen sich in der Regel auf einen sechsstelligen Euro-Betrag, können aber auch in den Millionenbereich gehen.

jakob.eich[at]finance-magazin.de

CFOs sollten bis zu 24 Monate und einen sechsstelligen Euro-Betrag einplanen.

Info

Alles, was CFOs wissen sollten, finden Sie auf der Themenseite FINANCE-Ratgeber.

Jakob Eich ist Redakteur der Fachzeitungen FINANCE und DerTreasurer des Fachverlags F.A.Z Business Media, bei dem er auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Durch seine Zwischenstation bei der Schwesterpublikation „Der Neue Kämmerer“ ist der 1988 geborene Journalist auch versiert beim Thema Kommunalfinanzen. Erste journalistische Erfahrungen hat der gebürtige Schleswig-Holsteiner in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost gesammelt.