Monatelang suchte der Industriekonzern ThyssenKrupp nach möglichen Kandidaten für den vakanten CEO-Posten und für die freie Stelle des Aufsichtsratsvorsitzenden. In beiden Fällen meldet der Essener Konzern nun Vollzug, allerdings anders, als von vielen Investoren erhofft: Der seit 2011 als CFO amtierende Guido Kerkhoff wird vom Interimschef zum dauerhaften Vorstandschef.
Wie ThyssenKrupp mitteilte, wird er für fünf Jahre zum Vorstandsvorsitzenden bestellt. Kerkhoff hatte im Juli den Chefposten interimsweise übernommen, nachdem sein Vorgänger Heinrich Hiesinger nach einem Streit mit Gesellschaftern seinen Rücktritt erklärt hatte. Wie ThyssenKrupp weiter mitteilte, sucht der Konzern jetzt nach einem Nachfolger für den CFO-Posten.
Vertragsverlängerung für alle drei Vorstände
Neben Kerkhoff wurden auch zwei weitere Vorstandspersonalien geregelt. Personalvorstand Oliver Burkhard erhält einen Vertrag bis 2023. Donatus Kaufmann, bei dem die Bereiche Recht und Compliance angesiedelt sind, hat einen Kontrakt bis Ende Januar 2022 unterschrieben.
Die Stelle des Chefaufsehers wird Bernhard Pellens übernehmen. Der Wirtschaftsprofessor leitete bisher den Prüfungsausschuss. Die Besetzung der beiden Führungspositionen bei ThyssenKrupp galt von Anfang an als schwieriges Unterfangen, weil unklar ist, wer letztlich im Konzern die Richtung vorgibt, die eher traditionell ausgerichtete Krupp-Stiftung oder die auf tiefe Einschnitte drängenden Finanzinvestoren Cevian und Elliot. Beide Lager kontrollieren über 20 Prozent der Stimmrechte.
Geteilte Meinung zur Berufung von Guido Kerkhoff
Insbesondere die Entscheidung, Kerkhoff vom CFO zum CEO zu machen, ruft ein geteiltes Echo hervor. So erhält der neue Konzernchef aus dem Unternehmensumfeld zwar sehr viel Zuspruch. Ursula Gather, Kuratoriumsvorsitzende der Krupp-Stiftung, die mit 21 Prozent an dem Konzern beteiligt ist, sagte: „Die Stiftung steht voll hinter dem aktiven Vorstand und befürwortet eine konsequente Umsetzung der Vorschläge unter Führung von Guido Kerkhoff als CEO. Herr Kerkhoff zeigt den Willen und die Fähigkeit, das Unternehmen strategisch neu auszurichten.“
Analysten und Anleger sehen die Berufung Kerkhoffs hingegen kritischer. Luke Nelson, Analyst bei der Investmentbank JP Morgan, schrieb beispielsweise in einer Studie vom heutigen Montag, dass einige Anleger sich eher eine externe Lösung an der Konzernspitze gewünscht hätten.
Doch trotz der Zweifel an seiner Eignung kann Kerkhoff seinen neuen Posten mit Rückenwind antreten. Seine Idee, den Konzern in zwei Teile aufzuspalten, stieß bei allen wichtigen Aktionären auf Zuspruch, auch bei Cevian. „Cevian Capital unterstützt die Entscheidung von ThyssenKrupp voll und ganz, den Konzern in zwei unabhängige Unternehmen, Industrials und Materials, aufzuteilen“, sagte Lars Förberg, Gründer der Private-Equity-Gesellschaft, die mit 18 Prozent beteiligt ist.
Erfolglose Suche nach externem Chefaufseher
Auch bei der Besetzung des Chefpostens im Aufsichtsrat musste ThyssenKrupp auf eine interne Lösung zurückgreifen, nachdem es bei der Suche nach geeigneten Kandidaten offenbar reihenweise Absagen von bekannten Managern gab. Das berichtet die „Rheinische Post“ unter Berufung auf Branchenkreise.
Nun übernimmt der 62-Jährige Pellens den Vorsitz des Kontrollgremiums. Er ist bereits seit 2005 Aufsichtsratsmitglied bei ThyssenKrupp und hauptberuflich Professor an der Ruhr-Universität Bochum. Er übernimmt den Vorsitz von Ulrich Lehner, der den Aufsichtsrat im Juli verlassen hatte.
Info
Mehr über den langjährigen ThyssenKrupp-CFO erfahren Sie auf dem FINANCE-Köpfe-Profil von Guido Kerkhoff.