Herr Lehmann, bei Ihrem Börsengang im Herbst konnten Sie die Aktien nur bei 28 Euro, am untersten Ende Ihrer Preisspanne, platzieren. Seitdem ist der Kurs aber trotz der Unsicherheit an den Börsen auf über 40 Euro geklettert. Was war da los im Vorfeld des IPOs?
Sagen wir es so: Befesa war vielen Investoren vor dem Börsengang nicht geläufig. Daran haben wir gearbeitet, und das tun wir auch weiterhin. Die Feedbacks der Investoren werden immer besser.
Aber es waren auch Stimmen zu vernehmen, wonach Ihr Altgesellschafter Triton Befesa auf dem Höhepunkt einer Sonderkonjunktur an den Markt gebracht habe.
Diejenigen, die das glauben, liegen definitiv falsch. Richtig ist: Es gab bei einzelnen Marktteilnehmern Anfang des Jahres eine Fehlwahrnehmung, als wir 2018 in unserer Kapitalmarktkommunikation als „Übergangsjahr“ bezeichnet hatten. Das hatten wir überhaupt nicht negativ gemeint, haben dann aber gelernt, dass manch andere Unternehmen diese Formulierung als Synonym für einen Ertragseinbruch verwenden. Das mag manchen Investor zur Vorsicht angehalten haben. Für uns bedeutet es jedoch, dass Befesa 2018 keine neuen Kapazitäten an den Markt bringen wird, wir aber weiter in organisches Wachstum investieren werden. Befesa wird auch 2018 den Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) ausbauen, nur etwas langsamer als gemäß unserer mittelfristigen Planung. Diese sieht ein zweistelliges Gewinnwachstum pro Jahr vor.
Niedrig platziert, gut gelaufen: Befesa-Aktie seit dem IPO
Befesa kommt von einem Leverage von 5x Ebitda
Sie haben Befesa auch sonst dem Kapitalmarkt sehr defensiv vorgestellt.
Wir wollen unseren Investoren ein Höchstmaß an Planungssicherheit anbieten. Befesa recyclet giftigen Stahlstaub und gewinnt daraus Zink und andere Rohstoffe. Die Rohmaterialversorgung haben wir daher langfristig abgesichert, und wir kommunizieren unsere Absatzpreispolitik transparent. Mittlerweile haben wir den Zinkpreis für 70 Prozent unseres erwarteten Absatzvolumens auf rund drei Jahre im Voraus gehedgt – und im Zuge dessen auch gleich noch das Währungsrisiko. Früher lag die Hedging-Quote bei rund 60 Prozent. Die Kursentwicklung unserer Aktie zeigt, dass die Reduzierung des Risikos im aktuellen Umfeld bei den Investoren sehr gut ankommt.
Warum managen Sie Befesa so vorsichtig?
Die stringente Finanzpolitik stammt noch aus unserer Private-Equity-Zeit. 2013 wurde Befesa von dem Finanzinvestor Triton übernommen, die Verschuldung war anfangs mit über 5x Ebitda sehr hoch. Deshalb haben wir die Hedging-Maßnahmen gemeinsam mit Triton ausgebaut und professionalisiert, damit das Unternehmen selbst bei einem Preisrutsch am Zinkmarkt kapitaldienstfähig geblieben wäre. Seit 2013 haben wir aber auch rund 120 Millionen Euro in Wachstum und neue Kapazitäten investiert, haben stark in Asien expandiert und das bereinigte Ebit bis zum Jahr 2017 auf 144 Millionen Euro verdoppelt. Inzwischen ist unser Leverage auf 2,4x Ebitda zurückgegangen. Ich bin überzeugt, dass auch unsere neuen Investoren an der Börse es zu schätzen wissen, dass wir die Preisrisiken so weit wie möglich eliminiert haben.
Befesa-CFO Lehmann: „Haben alte Finanzierung abgelöst“
Sogar bei Ihrer neuen Konzernfinanzierung haben Sie enge Leitplanken eingezogen.
Das ist richtig. Nach dem IPO haben wir die Buy-out-Finanzierung durch einen neuen, endfälligen Fünfjahreskredit mit einem Volumen von 526 Millionen Euro abgelöst. Der Zins ist variabel, er liegt bei 275 Basispunkten über dem Dreimonats-Euribor. Wir haben aber für 60 Prozent des Kredits direkt im Anschluss die Zinsen gehedgt, so dass wir für diesen Anteil jetzt fix 2,96 Prozent bezahlen. Damit gibt es bei Befesa auch keine nennenswerten Zinsrisiken mehr. Und die Zinskosten sind deutlich gesunken, von zuletzt über 50 auf jetzt weniger als 20 Millionen Euro pro Jahr.
Warum nehmen Sie an allen Ecken und Enden das Risiko heraus – damit aber auch das Überraschungspotential?
Damit wir uns voll auf langfristiges Wachstum konzentrieren können. Wir haben unseren Investoren auf mehrere Jahre hinaus ein zweistelliges Gewinnwachstum versprochen, und um das zu erreichen, müssen wir bestehende Recyclingwerke wie unser türkisches Werk, die voll ausgelastet sind, erweitern. Außerdem wollen wir unser neuestes Stahlstaub-Recyclingwerk in Südkorea voll auslasten. Wir sind zuversichtlich, dass uns beides gelingt. Der dritte Ergebnistreiber ist unsere Hedging-Strategie. Durch die Absicherung des Rohstoffrisikos können wir die Entwicklung der Absatzpreise über die nächsten Jahre schon heute antizipieren.
„Die Hedging-Strategie ist bei uns ein Ergebnistreiber.“
Weniger Schulden, mehr Wachstum
Warum haben Sie dem Unternehmen beim Börsengang nicht eine Kapitalerhöhung gegönnt, um noch zusätzliche Wachstumsschritte unternehmen zu können?
Weil wir einen Cashflow haben, der all unsere Investitionsprojekte locker finanzieren kann. Für organisches Wachstum braucht Befesa kein frisches Kapital. Und Neubauprojekte oder Zukäufe sind in unserer aktuellen Ergebnisplanung nicht enthalten.
Damit lassen Sie bei Ihrer Kapitalmarktstory viel Fantasie liegen.
Das ist aus meiner Sicht ein Luxusproblem. Außerdem wären wir jederzeit handlungsfähig. Wir haben bewiesen, dass wir sowohl M&A als auch große Neubauprojekte in neuen Märkten beherrschen. Mittelfristig würde ich keinesfalls ausschließen, dass wir auch mal wieder größere Projekte angehen werden – vor allem dann, wenn unser Leverage wie geplant in den nächsten zwei bis drei Jahren weiter zurückgeht.
Info
Aus der Managementschmiede von GE: Erfahren Sie mehr über den CFO des Börsenneulings Befesa im FINANCE-Köpfe-Profil von Wolf Lehmann.