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„Viele wittern das schnelle Geld“

Immer mehr kleine Unternehmensberatungen verkaufen an die Big Four. Die Gründe dafür sind häufig vorgeschoben, behauptet Marc Kloepfel im FINANCE-Interview.
Thinkstock / Getty Images

Der Konkurrenzdruck am Beratermarkt hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen: Immer mehr kleinere Beratungshäuser sind unter das Dach der großen Strategieberatungen oder der vier Wirtschaftsprüfungsgesellschaften geschlüpft. Wie gehen Sie als mittelständische Beratung damit um?
Das mag sich vielleicht zunächst etwas merkwürdig anhören, aber wir sind froh darüber. Einer unserer größten Konkurrenten, Brainnet, war Marktführer im Bereich Einkaufoptimierung. Doch seit er 2012 von KPMG übernommen wurde, spüren wir sie kaum mehr in unserem Segment. Wir sind eine Spezialberatung für Einkaufsoptimierung im Mittelstand, unsere Kunden machen in der Regel einen Umsatz im zwei oder unteren dreistelligen Millionenbereich. Sie sind nicht das Klientel für die großen Beratungen. Wir hätten also nichts dagegen, wenn noch weitere unserer Wettbewerber übernommen würden.

Machen Sie es sich da nicht etwas zu einfach?

Nein, es ist in der Tat so, dass wir bei vielen unserer Kunden eine große Verunsicherung spüren. Sie würden sich große Beratungen nicht ins Haus holen, weil diese ihre Struktur und Unternehmenskultur nicht verstehen.

Aber gerade Mittelständler sind kostenbewusst. Der Konkurrenzdruck hatte aber auch die Folge, dass Tagessätze sinken. Wie wollen Sie das kompensieren?
Wir haben den Vorteil, dass wir anders arbeiten als die klassischen Unternehmensberater. Wir nehmen keine Tagessätze, sondern berechnen erfolgsabhängige Honorare: Von der Kostensenkung, die wir für das Unternehmen erzielen, bekommen wir einen vorher definierten Anteil. Daher können wir uns dem Preisdruck ein Stück weit entziehen.

Beobachter sprechen davon, dass das Preisniveau in der Beratung in den vergangenen fünf Jahren stark eingebrochen ist, in der Strategieberatung gegen einige sogar von 20 Prozent aus. Das wollen Sie nicht spüren?
Wir bekommen natürlich auch mit, dass der Wettbewerbsdruck steigt. Aber bei unserem Vergütungsmodell schlägt es kaum zu Buche. Im Gegenteil: Wir sehen, dass immer mehr Unternehmen solche Modelle fordern und der Trend dahin geht. Aber nicht alle Beratungen können dies leisten, denn es erfordert zum einen die Kompetenz ein Projekt auch wirklich umzusetzen und nicht nur zu beraten. Zum anderen braucht man auch die entsprechenden IT-Systeme, um den Erfolg zu messen. Viele Beratungshäuser haben das nicht.

Können Sie handfeste Zahlen nennen?
Wir haben 2013 einen Umsatz von 16 Millionen Euro gemacht, 2012 waren es 15 Millionen. Für das kommende Jahr peilen wir 18 Millionen Euro an.

M&A-Deals im Beratermarkt

Gerade in der Einkaufsberatung muss man oft sehr international tätig sein. Da hilft ein großes Netzwerk.
Zum einen unterhalten wir auch Standorte im Ausland – in Osteuropa und in China. Zum anderen arbeiten wir mit lokalen Partnern vor Ort zusammen. Außerdem stellt sich auch die Frage: Sind es die richtigen Leute? Es bringt mir ja nichts, wenn ich als Teil eines großen Hauses Büros überall auf der Welt habe, aber dort nicht die Spezialisten sitzen, die wir brauchen. Die Internationalisierung wird häufig als Hauptgrund für Übernahmen angeführt. Meiner Meinung nach ist das vorgeschoben.

Was ist dann der wahre Grund?
Viele Gesellschafter wittern schlicht das schnelle Geld. Die großen Häuser machen Ihnen lukrative Angebote. Außerdem sinkt ihr eigenes Risiko, wenn sie nicht mehr selbstständig sind.

Es gibt aber doch auch andere Gründe: Je größer die Beratung, desto weniger fallen neue Investitionen ins Gewicht und umso leichter lassen sich nicht gewonnene Mandate verkraften.
Als Einkaufsberater kann ich sagen: So viel machen Synergien etwa beim Fuhrpark oder anderen Investitionen nicht aus. Außerdem haben wir den Vorteil, dass wir uns zum Teil an die Konditionen unserer Kunden dranhängen können. Und mit zu wenigen Mandaten haben wir zum Glück kein Problem.

Auch im Hinblick auf die Personalsuche ist die Größe ein Problem. Viele junge Leute wollen aufsteigen, Karriere machen. In den großen Beratungen geht dies alleine wegen der Hierarchiestufen schon einfacher.
Das ist richtig. Aber es ist auch die Frage, welche Leute Sie suchen. Zu uns kommen die Mitarbeiter in der Regel aus fachlichen Gründen. Sie waren zuvor oft in Industrieunternehmen tätig. Wir suchen daher in der Regel anderes Personal als die Big Four.

Hand aufs Herz: Haben Sie nie darüber nachgedacht auch zu verkaufen?

Wir hatten mehr als fünf Anfragen in den vergangenen Jahren – darunter sowohl die Big Four als auch kleinere Strategieberatungen. Aber wir haben das nicht in Erwägung gezogen. Wir möchten nicht verkaufen, wir halten unsere aktuelle Situation für sehr gut und wollen weiter wachsen. Wir schauen uns gerade ein paar spezialisierte Dienstleister an, etwa im Bereich Software für den Einkauf, um uns zu verstärken. Da wird dieses Jahr noch etwas passieren.

desiree.backhaus[at]finance-magazin.de