Der tiefgreifende Konzernumbau hat den Anlagenbauer Voith wie erwartet ins Minus gestürzt: Unter dem Strich steht im abgelaufenen Geschäftsjahr 2014/2015 ein Verlust von 93 Millionen Euro, wie das Familienunternehmen am gestrigen Mittwoch in Stuttgart mitteilte. Im vorherigen Geschäftsjahr hatte Voith-CFO Hermann Jung noch einen knappen Gewinn von 41 Millionen Euro ausweisen können.
Dies liegt vor allem an der tiefgreifenden Restrukturierung, die die Ertragsrechnung allein in diesem Jahr mit 231 Millionen Euro belastet hat. Der Personalabbau und die Neuausrichtung des Papiermaschinengeschäfts, das aufgrund der Digitalisierung unter Druck gekommen ist, zeigen aber bereits Wirkung: Das operative Konzernergebnis stieg im abgelaufenen Geschäftsjahr um 15 Prozent auf 270 Millionen Euro, während der Umsatz nur leicht um 3 Prozent auf 4,3 Milliarden Euro zulegte.
Die Profitabilität hat sich daher spürbar erhöht: Die operative Umsatzrendite kletterte von 5,6 auf 6,3 Prozent, im Verhältnis zum eingesetzten Kapital stieg die Rendite von 10,4 auf 12,2 Prozent. „Das sind gute Zahlen, aber wir sind noch nicht am Ziel“, betont CFO Jung. Mittelfristig strebe man eine Umsatzrenditen von über 8 Prozent und eine Kapitalrendite von über 15 Prozent an.
Vier PE-Investoren prüfen Kauf von Voith-Dienstleistungssparte
Dabei helfen, diese Ziele zu erreichen, soll auch ein neuer Geschäftsbereich: In dem Segment Digital Solutions bündelt Voith ab Anfang kommenden Jahres das gesamte Know-how der Konzerns in den Bereichen Automatisierung, Software, IT, Digitalisierung und Sensorik. CEO Hubert Lienhard will so neue Märkte erschließen: „Mithilfe der neuen Struktur werden wir in der Lage sein, vollkommen neue Systemlösungen für unsere Kunden im Maschinen- und Anlagenbau anzubieten.“ Die Sparte startet mit 600 Mitarbeitern und 250 Millionen Euro Umsatz aus bestehendem Geschäft, durch geplante Venture- und Start-up-Aktivitäten soll das Geschäft wachsen. Ziele nannte das Unternehmen aber noch nicht.
Nicht mehr enthalten in den Zahlen für das Geschäftsjahr 2014/2015 ist der Geschäftsbereich Voith Industrial Services, der gut 1 Milliarde Euro Umsatz erwirtschaftet. Grund: Das Heidenheimer Unternehmen hat die Dienstleistungssparte im Februar zum Verkauf gestellt. Daher gilt dieser Bereich bilanziell als aufzugebendes Geschäft. Auf der Zielgerade ist der Deal aber noch nicht, CEO Lienhard bekräftigte jedoch, dass der Verkauf bis Ende März 2016 abgeschlossen sein soll: „Wir liegen im Zeitplan“, sagte der Voith-Chef.
Die Nachrichtenagentur Reuters hatte kürzlich berichtet, dass die PE-Investoren Deutsche Beteiligungs AG (DBAG), Triton, Rhone Capital und Sun Capital endgültige Angebote angekündigt hätten. Voith könne mit einem Verkaufserlös von 350 Millionen Euro rechnen. Diese Summe dürfte in Heidenheim für Enttäuschung sorgen. Die Ratingagentur Moody’s, die Voith mit Ba1 bewertet, hatte im September noch mit bis zu einer halben Milliarde Euro gerechnet.
Kuka-Beteiligung bereitet Voith viel Freude
Das frische Geld könnte Voith freilich gut gebrauchen. Vor einem Jahr hat der Anlagenbauer sich mit 25,1 Prozent bei dem Roboterhersteller Kuka eingekauft, um von den Kenntnissen des MDax-Konzerns im Bereich Automatisierung zu profitieren. Das Investment breitet dem Unternehmen zwar „sehr viel Freude“ wie CEO Lienhard betonte – innerhalb der vergangenen zwölf Monate hat die Kuka-Aktie um rund 25 Prozent zulegt. Dieser Wertzuwachs spiegelt sich auch direkt im Voith-Konzernabschluss wider, in dem die Beteiligung nach der Equity-Methode bilanziert wird.
Der Zukauf, den sich Voith knapp 600 Millionen Euro hat kosten lassen, hat aber zugleich das Liquiditätspolster schrumpfen lassen. Das Familienunternehmen weist zu Ende September eine Nettoverschuldung von 574 Millionen Euro aus. Weil zugleich auch der operative Cashflow schwächer wird – 151 Millionen Euro im aktuellen nach 191 Millionen im letzten Geschäftsjahr – dürfte es schwieriger werden, ohne den Zufluss frischer Mittel die Wachstumsambitionen zu finanzieren.
Lienhard will sich davon aber nicht bremsen lassen: „Ich habe eine Target-Liste“, sagte der Voith-Chef. Der Aufnahme von Fremdkapital zur Finanzierung eines M&A-Deals sind aber Grenzen gesetzt, wenn Voith die mit 16 Prozent bereits schwache Eigenkapitalquote nicht weiter unter Druck setzen will.