Die Neuausrichtung von Vossloh nimmt konkrete Formen an: Nachdem der Aufsichtsrat die Restrukturierung gestern beschlossen hat, präsentierte das Unternehmen heute erste Details der Strategie, die das im Frühjahr angetretene neue Management um CEO Hans Schabert und CFO Oliver Schuster seit Juni erarbeitet hat.
Vossloh will sich künftig auf „wachstumsstarke Segmente der Bahninfrastruktur in wirtschaftlich attraktiven Regionen“ konzentrieren. Zu diesen Märkten zählen Westeuropa, China, die USA und Russland. Dort sieht Vossloh Chancen, sich als führender Anbieter zu etablieren. Auf der Produktseite beschränkt sich Vossloh künftig auf die Schieneninfrastruktur: Von 2015 an soll sie in den drei neuen Kerngeschäftsbereichen Core Components, Customized Modules und Lifecycle Solutions abgebildet werden.
Diese drei Felder der Bahninfrastruktur werden dem Unternehmen zufolge künftig „nach Produkt-, Projekt- und Dienstleistungsorientierung gesteuert und kontrolliert“. Details dazu nannte Vossloh noch nicht. Die Holding nehme dabei direkten operativen Einfluss auf die Geschäftsbereiche. Das Geschäft mit Fahrzeugen und Fahrzeugkomponenten, bislang im Bereich Transportation zusammengefasst, gehört dagegen von jetzt an nicht mehr zu Kerngeschäft.
Vossloh stärkt margenstarken Bereich
Mit dem Schieneninfrastrukturbereich stärkt Vossloh das margenstarke Geschäft, das allerdings ebenfalls eine Neuausrichtung benötigt: Analysten der Equinet Bank haben errechnet, dass die durchschnittliche EBIT-Marge hier über die zurückliegenden zehn Jahre im Schnitt bei 14,6 Prozent lag, über fünf Jahre betrachtet waren es noch 13,2 Prozent und auf die vergangenen drei Jahre gerechnet nur noch 10,6 Prozent.
Damit ist die Schieneninfrastruktur zwar noch immer der Umsatztreiber der Gruppe und steuerte 2013 mit einem Umsatz von knapp 900 Millionen Euro rund 60 Prozent zum Gruppenumsatz bei. Doch die schrumpfende Marge ist beunruhigend. Zum Rückgang beigetragen haben den Analysten zufolge fehlende Investitionen. Um den Trend aufzuhalten sei auch eine neue Organisationsstruktur notwendig. Die Neuausrichtung in drei Kerngeschäftsbereiche sollte die Effizienz und den Kundenzugang aber verbessern, glauben die Analysten.
Vossloh möchte die drei Kernbereiche weiter ausbauen, wobei auch M&A-Deals eine Rolle spielen werden. Das Segment Core Components will Vossloh „mittelfristig um komplementäre Aktivitäten“ erweitern, auch das Wachstum der Lifecycle Solutions soll gegebenenfalls durch Zukäufe beschleunigt werden.
CFO Schuster und CEO Schabert räumen Portfolio auf
Vom Geschäftsbereich Transportation, der in diesem Jahr voraussichtlich rund 500 Millionen Euro Umsatz erzielen wird, möchte Vossloh sich mittelfristig trennen. Zunächst wird Transportation zwar als vierter Geschäftsbereich weitergeführt, je nach Fortgang der Restrukturierung soll er aber bis spätestens 2017 „in Summe oder in Teilen in einen passenderen Verbund überführt oder verkauft werden“, kündigt das Unternehmen an.
Damit räumen CEO Schabert und CFO Schuster konsequent die Bereiche aus dem Portfolio, die keine erfolgskritische Masse haben: Unter dem Dach von Vossloh könne der Bereich Transportation nicht die notwendige Größe und Aufstellung erreichen, um eine positive Geschäftsentwicklung zu erzielen, begründet Vossloh den Schritt. Interessenten für die Sparte dürften sich finden: Die Equinet-Analysten vermuten, dass das Geschäft für Wettbewerber wie Alstom, Hitachi oder große chinesische Unternehmen interessant sein könnte.
Vossloh mit bescheidenen EBIT-Zielmargen
Vossloh, das zuletzt zunehmend unter Druck von Großaktionär Thiele geraten war, hat sich für 2017 eine EBIT-Zielmarge von 5 bis 6 Prozent auf Basis der bisherigen Portfoliostruktur gesetzt. Für das laufende Geschäftsjahr erwartet das Unternehmen Umsätze von etwa 1,34 Milliarden Euro und einen Verlust von 150 bis 180 Millionen Euro. Bereinigt um Sondereffekte soll das EBIT 2014 bei rund 30 Millionen Euro liegen, das wäre eine EBIT-Marge von etwa 2 Prozent.
Hoffnungen auf eine schnellere Zielerreichung weckt das Management nicht: Im kommenden Jahr sollen sowohl Umsatz als auch EBIT-Marge um etwa 3 bis 4 Prozent wachsen. Auch 2016 werde die Restrukturierung das EBIT belasten, so dass dieses noch unter der für 2017 ausgerufenen Zielmarge bleiben werde, heißt es. Die Equinet-Analysten bezeichnen diese Ziele als eher enttäuschend, gehen allerdings davon aus, dass das Management tief stapelt. Sie rechnen damit, dass das neue Kerngeschäft mit Infrastruktur künftig eine EBIT-Marge von 10 bis 12 Prozent erreichen kann und erwarten für das Kerngeschäft allein ein EBIT von 95 bis 115 Millionen Euro.
An der Börse ist die Vossloh-Aktie seit Anfang dieser Woche von 54 Euro auf inzwischen rund 46,50 Euro gefallen. Damit liegt sie aber immer noch höher als Anfang November: Nach den damals verkündeten schwachen Zahlen für das dritte Quartal war das Papier zwischenzeitlich auf 42,33 Euro abgerutscht.