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CFOs halten Konjunkturkrise für möglich

Kreditvergabe: Banken haben inzwischen höhere Anforderungen an Unternehmen.
iStock / Thinkstock / Getty Images

Nach der Krise ist vor der Krise. Eine aktuelle Studie der Beratung Oliver Wyman zeigt, dass Unternehmen zwar grundsätzlich positiv in die Zukunft blicken, dass aber die Euro-Krise ein Risikofaktor für die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland bleibt. Mehr als 30 Prozent der rund 100 befragten CFOs und Führungskräfte aus Unternehmen und bei Kapitalgebern im deutschsprachigen Raum gehen kurzfristig gesehen von einer Krise mit langsamer Erholung aus. Mit einer Konjunkturkrise, der eine schnelle Erholung folgt, rechnen fast 40 Prozent. Allerdings fühlen die CFOs sich von dieser Bedrohung scheinbar nur bedingt betroffen. Langfristig bewerten etwa 80 Prozent der Befragten die nächsten Jahre grundsätzlich positiv. Diese positive Grundhaltung haben kürzlich auch das vierte FINANCE CFO Panel und die aktuelle Deloitte CFO Survey bestätigt.

Allerdings erwarten CFOs und Unternehmen eine schärfere Konjunkturkrise als nach der Lehman-Pleite. Mehr als 90 Prozent  der Studienteilnehmer rechnen im Falle einer erneuten Konjunkturkrise mit einem schärferen Verlauf als 2008/2009. Die CFOs sehen demnach insbesondere ihre Reaktionsmöglichkeiten auf eine erneute Krise begrenzt: Die Auslandsmärkte, allen voran die BRIC-Staaten, böten weniger Ausgleich, die Kostensenkungspotentiale in den Unternehmen seien ausgeschöpft, und die Regierungen könnten kaum noch helfen. Zudem seien weniger Kredite für Unternehmen mit schlechten Geschäftsaussichten verfügbar.

EBIT-Rendite über 5 Prozent hilft CFOs bei Kreditverhandlungen

Hinzu kommt, dass die Banken ihre Kriterien zur Bewertung der Kreditwürdigkeit verändert haben. Die traditionellen Kriterien wie aktuelle oder historische Finanzdaten werden nun durch zukunftsorientierte Aspekte wie die Finanzplanung der nächsten Jahre sowie Strategie und Geschäftsmodell im Markt- und Wettbewerbsumfeld ergänzt. Auch die Anforderungen bei Unternehmen mit schlechten Geschäftsaussichten haben so gut wie alle Finanzierer der Studie zufolge erhöht. Bei Unternehmen mit guten Aussichten sei dies nur bei kapp der Hälfte der Kapitalgeber der Fall ist.

Die CFOs bekommen das schon zu spüren. Firmen mit einer EBIT-Rendite von weniger als 5 Prozent berichten Oliver Wyman  zufolge in zwei Drittel der Fälle von einem schwereren Zugang zu Kapital, während bei den restlichen Unternehmen nur ein Drittel der Studienteilnehmer gestiegene Anforderungen der Kapitalgeber spüren.

Auch in Zusammenhang mit Basel III kommt Ungemach auf die CFOs zu: „Knapp 40 Prozent der befragten Kapitalgeber wollen die Kreditvergabe an Unternehmen generell reduzieren“, sagt Lutz Jäde, Partner und Restrukturierungsexperte bei Oliver Wyman sowie Autor der Studie. Dies ließe sich jedoch durch neue Anbieter oder alternative Finanzierungsformen wie Anleihen ausgleichen. „Kapital ist weiterhin verfügbar“, ist Jäde überzeugt.

Im Zuge dessen kommt dem Kapitalmarkt als Alternative zum Bankenkredit eine bedeutende Rolle zu. Anleihen haben derzeit lediglich einen Anteil von 12 Prozent an den Finanzierungsinstrumenten in Deutschland. Das dürfte in den kommenden Jahren zunehmen, da sich immer mehr Finanzchefs bankenunabhängiger finanzieren wollen. Schon im vergangenen Jahr haben deutsche Emittenten den Anleihemarkt gestürmt.

Zudem nutzen viele CFOs das derzeitige gute Marktumfeld um sich frühzeitig zu refinanzieren. Der Chemie- und Pharmakonzern Merck hat seinen Konsortialkredit beispielsweise sehr frühzeitig refinanziert. Bereits Ende März haben die Darmstädter eine bestehende ungenutzte, syndizierte Kreditlinie über 2 Milliarden Euro, die erst im Oktober 2014 ausgelaufen wäre, durch eine neue Linie in gleicher Höhe ersetzt. „Wir wollten eigentlich erst im zweiten Halbjahr in den Markt gehen“, sagt Rando Bruns, Head of Group Treasury des Chemie- und Pharmaunternehmens, Ende April gegenüber der FINANCE-Schwesterpublikation Der Treasurer. „Der Markt hatte sich aber in den vergangenen Monaten aus unserer Sicht so gut entwickelt, dass wir schon jetzt ein für uns attraktives Preisniveau erreicht hatten.“

Bis 2016 werden 50 Milliarden Euro Hochzinsanleihen fällig

Mehr als die Hälfte der von Oliver Wyman befragten Unternehmen müssen in den nächsten Jahren refinanzieren. In vielen Fällen gehe es dabei um die Verlängerung oder Ablösung von klassischen Unternehmenskrediten.

Besondere Bedeutung hätten dabei hochverzinste Anleihen wie LBO-Kredite, Mezzanine-Programme oder High-Yield-Anleihen. „In den nächsten drei Jahren werden in Deutschland fast 50 Milliarden Euro solcher Kredite fällig, oft bei Unternehmen im Besitz von Private-Equity-Gesellschaften, die den Unternehmenskauf mit LBO-Krediten finanziert und diese später durch High Yield Bonds ersetzt haben“, sagt der Oliver Wyman Partner. „Hier sehe ich eine Schere auseinander gehen: Ich kenne einige Unternehmen, die in den letzten Jahren durch eine Krise gegangen sind, jetzt aber ihre Hausaufgaben gemacht haben und einen starken Cashflow haben“, sagt Jäde. „Für diese Unternehmen dürfte es keine Probleme geben."

sabine.paulus[at]finance-magazin.de

Sabine Paulus ist seit 2008 Redakteurin beim Fachmagazin FINANCE und der Online-Publikation DerTreasurer. Ihre Themenschwerpunkte sind Personal, Organisation, Karriere und Finanzierung. Sie ist M.A. und hat an der Universität Konstanz unter anderem das Hauptfach Deutsche Literatur studiert.