Alarmsignale aus Berlin: Der Beteiligungskonzern Rocket Internet warnt seine Aktionäre vor empfindlichen Einschlägen durch das Coronavirus. Dass die Krise zahlreiche von Rocket gegründete oder finanzierte Start-ups im Mitleidenschaft ziehen wird, war allgemein erwartet worden. Rocket-Chef Oliver Samwer überraschte die Investoren jedoch mit Aussagen zu einem Feld, das den wenigsten Investoren vorher präsent gewesen sein dürfte: „Die Covid-19-Pandemie könnte erhebliche negative Auswirkungen auf das gewährte Darlehensportfolio haben.“
Auf welche Höhe sich die Kreditausfälle belaufen dürften, konnte Samwer nicht sagen. Rocket geht jedoch von einer höheren Insolvenzquote in seinem Portfolio als in den vergangenen Jahren aus.
Rocket Internet-Kredite verdoppeln sich
Und das Exposure auf Kreditseite ist nicht klein. Gemäß der heute vorgelegten Q1-Ergebnisse hat sich die Summe der Kredite, die Rocket an Start-ups ausgereicht hat, im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 0,3 auf 0,7 Milliarden Euro mehr als verdoppelt. Gleichzeitig sank die Nettoliquidität des Konzerns im gleichen Zeitraum von 3,1 auf 1,7 Milliarden Euro.
Welches Gewicht das Gewähren von Darlehen bei Rocket inzwischen hat, zeigt auch der Vergleich mit zwei anderen zentralen Kennzahlen des Finanzinvestors: So steckten Ende April gerade einmal 0,6 Milliarden Euro in börsennotierten Beteiligungen, wovon auch noch der geringste Teil auf Unternehmen wie Home24 und Westwing entfällt, die Rocket selbst aufgebaut hat. Der weitaus größere Teil des Portfolios entfällt auf Beteiligungen an den Großunternehmen Tele Columbus und United Internet, die Samwer erst im Lauf der zurückliegenden zwölf Monate aufgebaut hat.
Das Start-up-Portfolio umfasst über 200 Unternehmen mit einem geschätzten „fairen Wert“ von 1 Milliarde Euro. Für viele dieser Firmen erwartet Samwer aufgrund von Corona „ein geringeres Umsatzwachstum und teilweise starke Umsatzrückgänge“. Schon im ersten Quartal führte diese Entwicklung bei Rocket Internet zu einem Nettoverlust von 162 Millionen Euro. Rocket warnt davor, dass die Coronafolgen auch den Wert des Beteiligungsportfolios deutlich schmälern könnten.
martin.barwitzki[at]finance-magazin.de
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