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Corona kann Pensionslücke im Dax nichts anhaben

Corona kann der Pensionslücke im Dax nichts anhaben: Der Triebwerkhersteller MTU hat die niedrigste Ausfinanzierungsrate
MTU

Wie wird sich die Corona-Pandemie auf die Pensionsvermögen der größten deutschen Unternehmen auswirken? Zumindest mit Blick auf das vergangene Corona-Jahr scheinen die Folgen bisher noch moderat. Das geht aus einer Analyse der Dax30-Geschäftsberichte durch das Beratungsunternehmen Willis Towers Watson hervor. 

Der durchschnittliche Ausfinanzierungsgrad der Dax30-Unternehmen – also das Verhältnis von Planvermögen zu Pensionsverpflichtungen – lag 2020 bei stabilen 65 Prozent (Vorjahr: 66 Prozent). Anders sieht es bei den Pensionsverpflichtungen und Pensionsvermögen im Dax aus. Beide sind über alle Unternehmen hinweg im vergangenen Jahr gesunken. Die Pensionsverpflichtungen aller Dax30-Unternehmen sanken insgesamt um 1,8 Prozent auf 409 Milliarden Euro. Die Pensionsvermögen gingen auf 266 Milliarden zurück, was einer Änderung von 3,9 Prozent entspricht. 

Doch das ist vor allem auf die neue Index-Zusammenstellung zurückzuführen. Die Lufthansa und Wirecard verließen den Dax und wurden durch Delivery Hero und Deutsche Wohnen ersetzt. Besonders Lufthansa hatte hohe Pensionsverpflichtungen. Ohne diese Änderung in der Zusammensetzung wären die Pensionsvermögen hingegen im Schnitt um 4,4 Prozent und die Planvermögen um 2,7 Prozent gestiegen.

Rechnungszins treibt Pensionsverpflichtungen nach oben

Die Pensionsverpflichtungen bei den einzelnen Unternehmen sind gestiegen, weil der Rechnungszins, mit dem diese diskontiert werden, weiter gefallen ist. Eine Zinswende ist nicht in Sicht – Corona dürfte den Niedrigzins sogar noch verfestigen. „Kurz zusammengefasst bedeutet das: Auskömmliche Renditen für die Betriebliche Altersvorsorge lassen sich mit den herkömmlichen Garantiemodellen nicht mehr erzielen“, berichtet Hanne Borst, Leiterin Actuarial Consulting bei Willis Towers Watson.

Die Planvermögen hingegen profitierten von einem Endspurt an den weltweiten Aktienmärkten. Damit hätte man im Pandemie-Jahr 2020 nicht unbedingt gerechnet: „Als die Aktienmärkte vor einem Jahr eingebrochen sind, konnte man nicht abschätzen, dass sie sich so schnell wieder erholen würden und die Unternehmen so gut reagieren konnten“, berichtet Heinke Conrads, Leiterin Retirement Deutschland und Österreich bei Willis Towers Watson. „Man sieht also: die Turbulenzen wurden von den Dax-Unternehmen stabil aufgefangen.“ Letztendlich waren die Renditen der Pensionsvermögen mit 9,9 Milliarden Euro sogar höher als erwartet. Viele Unternehmen haben ihr Planvermögen sogar noch zusätzlich mit Cash aufgestockt.

Siemens stockt Planvermögen deutlich auf

Blickt man auf die einzelnen Dax-Unternehmen, ergibt sich ein diverses Bild. Bei den Aufstockungen ist Siemens klarer Spitzenreiter, der Konzern führte dem Planvermögen weitere 2,9 Milliarden Euro zu und hat mit 30 Milliarden Euro das höchste Planvermögen der Dax-Unternehmen. Auch Volkswagen, Daimler, BASF oder Deutsche Bank sind unter den Top-5-Dotierungen, mit Summen zwischen 500.000 Euro und 900.000 Euro aber deutlich hinter Siemens. An Aufstockungen des Planvermögens zeige sich ein klares Bekenntnis der Firmen zur betrieblichen Altersvorsorge, folgern die Expertinnen von Willis Towers Watson.

Die höchsten Pensionsverpflichtungen weist Volkswagen mit 58,3 Milliarden Euro aus, gefolgt von Daimler (40,9 Milliarden Euro) und Siemens (35,8 Milliarden Euro). Auch die Ausfinanzierungsrate ist bei den Dax-Unternehmen sehr unterschiedlich. Die Ausfinanzierungsrate der Deutschen Bank beträgt beispielsweise 98 Prozent, dahinter folgen dicht HeidelbergCement und Henkel. Die Rate von MTU Aero Engines oder Vonovia liegt hingegen nur bei 3 Prozent. Es gäbe bei der Höhe der Ausfinanzierungsrate allerdings kein richtig oder falsch, betont Heinke Conrads. Die Pensionsanlage müsse zur Unternehmensstrategie passen.

Spezifischer Ausfinanzierungsgrad der Dax-Unternehmen

Dax-CFOs investieren stärker in Private Equity und Co.

Verändert hat sich in den vergangenen Jahren die Anlagestrategie der Unternehmen. Der Trend geht weg von Aktien, Anleihen oder Immobilien hin zu alternativen Investments. Schon seit 2011 beobachtet man hier einen kontinuierlichen Anstieg. Im Jahr 2020 wurden 3 Prozent mehr als 2019 in diese alternativen Investments gesteckt. Darin enthalten sind beispielsweise Rückdeckungsversicherungen oder Private Equity.

Bleibt die Frage, welche Folgen Corona für die kommenden Jahre haben wird. Denn neben dem Rechnungszins beeinflussen auch die Sterblichkeit und die Inflation langfristig die Höhe der Pensionsverbindlichkeiten – zwei Aspekte, auf die Corona Einfluss haben dürfte. „Es ist schwer einzuschätzen, welchen Einfluss die Corona-Krise auf die Inflation und Sterblichkeit haben wird. Es handelt sich um langfristige Annahmen, die regelmäßig überprüft werden“, meint Hanne Borst. „Beide Aspekte hätten aber zumindest einen deutlich geringeren Effekt auf die Höhe der Pensionsverpflichtungen als der Rechnungszins.“

eva.brendel[at]finance-magazin.de

Eva Brendel ist Redakteurin bei FINANCE und DerTreasurer. Sie hat Kommunikationswissenschaft, VWL und Politik in Bamberg und Jena studiert. Neben dem Studium arbeitete Eva Brendel als freie Nachrichtenmoderatorin bei einem Lokalsender und moderierte eine eigene Podcast-Reihe.