Wenn es nicht die FinTechs sind, dann ist es Blockchain: Eines dieser beiden Buzzwords fällt derzeit garantiert, wenn es um die Zukunft der Banken geht. Vor allem der Blockchain-Technologie trauen viele Experten zu, dass sie die Geschäftsmodelle der Banken grundlegend verändern wird. So weit besteht noch Einigkeit.
Doch für welche Anwendungen eignet sich die technische Infrastruktur, der der Kryptowährung Bitcoin zugrunde liegt, überhaupt konkret? Und wie können Firmenkunden profitieren? Hier ist alles noch sehr vage. Banken, Clearinghäuser, Start-ups und andere Player der Finanzindustrie haben erst mit ihren Experimenten rund um die Blockchain begonnen. Bislang gibt es wenig Projekte, die tatsächlich den Sprung in die reale Welt geschafft haben.
Das könnte sich bald ändern: „In den kommenden zwölf bis 24 Monaten werden wir kommerzielle Anwendungen der Blockchain sehen“, glaubt Rhomaios Ram, Leiter Produktmanagement im Global Transaction Banking der Deutschen Bank. Ob auch sein Haus mit einem Produkt an den Markt gehen wird, lässt er offen. Eine Übernachtrevolution werde es nicht geben.
Bitcoin-Technologie Blockchain ist ein zweischneidiges Schwert für die Banken
Die Deutsche Bank hat gerade einen ersten Test erfolgreich abgeschlossen: Sie hat Unternehmensanleihen über die Blockchain ausgegeben und den kompletten Lebenszyklus mit der Technologie abgewickelt – vom Aufsetzen des Vertrags über die Bondemission bis hin zum Handel und zur automatisierten Zinszahlung und Tilgung. Der gesamte Prozess läuft digital ab, deshalb ist er deutlich effizienter als in der alten Welt.
Dabei kommt eines der wichtigsten Merkmale der Blockchain zum Tragen: Die Technologie benötigt keinen zentralen Administrator. Teilnehmer, die an die Blockchain angeschlossen sind, können unmittelbar miteinander kommunizieren. Die Blockchain ist, vereinfacht ausgedrückt, eine dezentrale Datenbank, die immer weiter wächst und nicht vergisst. So verändert sich etwa das Schließen von Verträgen (Smart Contract) – das gilt beispielsweise für den Käufer und den Verkäufer eines Wertpapiers oder aber auch für den Kreditgeber und den Kreditnehmer.
Für Banken ist Blockchain daher ein zweischneidiges Schwert: Als Intermediäre werden sie, ebenso wie Clearinghäuser, unnötig. Als betroffene Partei profitieren sie dagegen, wenn die Prozesse effizienter werden. Nicht wenige Häuser hoffen daher auf Einsparungen – kein unwichtiges Thema in Zeiten steigender Cost-Income Ratios bei den Banken.
Blockchain könnte Handelsfinanzierung erleichtern
Doch es gibt auch Hürden: Technisch sei die Emission und der Handel mit Unternehmensanleihen über die Blockchain kein Problem, so Deutschbanker Ram. Er schränkt aber ein: „Es ist fraglich, wie skalierbar und stabil das System in der Praxis ist.“ Um große Datenmengen zu verarbeiten, benötigt die Blockchain hohe Rechnerkapazitäten.
Entsprechend könnte die Blockchain vor allem in den Bereichen des Corporate Bankings Vorteile bringen, die noch wenig digitalisiert sind. Hierzu gehört neben dem Kreditgeschäft auch die Handelsfinanzierung, in der oftmals noch Papierdokumente den Besitzer wechseln.
Die Deutsche Bank sieht dagegen eher wenig Potential im Zahlungsverkehr, der bereits stark automatisiert ist. In Europa – so hat die EZB gerade erst bekannt gegeben – sollen zudem ab 2017 Überweisungen in Echtzeit möglich sein. Das Geld wäre also in Sekundenschnelle auf dem Konto gutgeschrieben. „Blockchain könnte hier deshalb vergleichsweise wenig Mehrwert liefern“, so Ram.
Die spanische Großbank Santander ist anderer Meinung: Sie schätzt, dass im globalen Zahlungsverkehr bis zu 18 Milliarden US-Dollar durch die Nutzung von Blockchain eingespart werden könnten. Allein diese unterschiedlichen Einschätzungen zeigen, wie viel Unsicherheit noch rund um Blockchain besteht, von den rechtlichen und regulatorischen Implikationen ganz zu schweigen.