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Debakel um Mittelstandsanleihen landet im Bundestag

Greift jetzt die Politik ein? Der Bundestag beschäftigt sich mit den Gründen für die Skandalwelle bei Mittelstandsanleihen.
Deutscher Bundestag / Simone M. Neumann

Das Debakel am Markt für Mittelstandsanleihen, wo inzwischen schon rund jeder vierte Bondemittent unter teils dubiosen Umständen ausgefallen ist, erreicht den Bundestag. Die Fraktion der Grünen hat die Bundesregierung aufgefordert zu erklären, wie es zu dieser Entwicklung kommen konnte. In der Kleinen Anfrage geht es aber nicht nur um Vergangenheitsbewältigung, sie könnte auch den Anstoß für einen Eingriff der Politik in das Marktgeschehen geben. So fragen die Grünen nach „Instrumenten, mit denen die Unsicherheit am Anleihemarkt entschärft werden könnte“.

Außerdem interessieren sie sich für das Thema „Interessenvertretung der Anleihegläubiger“. Dieser Komplex ist pikant, in Finanzkreisen sorgt er schon länger für Rumoren. In diesem Bereich hat sich das Münchener Beratungshaus One Square Advisory eine dominante Marktstellung erarbeitet – fast keine Mini-Bond-Restrukturierung läuft ab, ohne dass One Square sich aktiv einbringt und zum Interessenvertreter der Bondholder wählen lässt. Unter Großinvestoren, aber auch unter CFOs von Bondemittenten wird die monopolartige Marktstellung der Münchener zum Teil kritisch gesehen. 

Die Grünen erwarten noch mehr Mini-Bond-Zusammenbrüche

Für die Politik relevant ist aber auch die Tatsache, dass in vielen Insolvenzfällen die Anleihegläubiger überhaupt keine Chance hatten, ihre Interessen durchzusetzen. Bei zahlreichen Pleiten gingen sie leer aus, obwohl sie als Fremdkapitalgeber eigentlich eine gute Position haben sollten, zumindest einen Teil ihrer Forderungen zurückzuerhalten.

Der Grund war in vielen Fällen eine zu nachrangig ausgerichtete Strukturierung der Anleihe. Häufig stand am Ende auch die bittere Erkenntnis, dass sich Sicherheiten und Garantieversprechen, die den Bondholdern bei der Emission gemacht wurden, nach dem Insolvenzantrag als Luftnummer entpuppten. Zu den Geschädigten gehören in großem Umfang Privatanleger und kleinere Vermögensverwalter.

Mit einer düsteren Prognose erhöhen die Grünen den Druck auf die Regierung, mit mehr als nur Plattitüden zu reagieren: Obwohl bereits Anleihen mit einem Volumen von 1 Milliarde Euro ausgefallen seien, „wird sich die Lage noch weiter zuspitzen, da die meisten Anleihen erst 2017 und 2018 fällig werden“, befürchten die Grünen. Das Research-Haus Capmarcon geht sogar noch weiter und beziffert in einem heute erschienen Report das Volumen der leistungsgestörten Mittelstandsanleihen auf nahezu 1,9 Milliarden Euro. Dies übersteigt die bislang erfolgten Tilgungen um rund 300 Millionen Euro, so Capmarcon. Die Bundesregierung hat nun 14 Tage Zeit, die Anfrage der Grünen zu beantworten und ihre Position zum Thema Mittelstandsanleihen darzulegen.

Der Bund päppelte KTG Agrar

Es ist nicht das erste Mal, dass die Opposition die Lage am Mini-Bond-Markt nutzt, um die Bundesregierung vor sich her zu treiben. Als im Sommer der Großemittent KTG Agrar unter abenteuerlichen und möglicherweise strafrechtlich relevanten Umständen zusammenbrach und dabei Anleihegelder über 342 Millionen Euro verbrannten, verlangten die Grünen von der Bundesregierung Auskunft darüber, welche Geschäfte der Bund mit KTG Agrar gemacht hat, zum Beispiel beim Verkauf und der Verpachtung von Agrarflächen.

Dabei kam heraus, dass KTG Agrar nicht nur Jahr für Jahr Subventionen in Millionenhöhe erhielt, sondern auch noch im großen Stil von Bundesgesellschaften mit Ackerland versorgt wurde. Nach der Pleite ausbleibende Pachtzahlungen von KTG Agrar schädigten auch die Staatskasse.

Info

Pleiten, Ermittlungen, Hoffnungsschimmer: Was Sie zum Mini-Bondmarkt wissen müssen, finden Sie auf der FINANCE-Themenseite zu Mittelstandsanleihen.