Dank verlängerter Hilfsprogramme liegt die Zahl der Insolvenzanträge trotz Corona-Pandemie nach wie vor auf niedrigem Niveau. Das zeigt der FINANCE-Insolvenz-Report, den die Restrukturierungsberatung Falkensteg exklusiv für FINANCE anfertigt und den Sie hier kostenlos herunterladen können.
Der Insolvenzreport betrachtet Großinsolvenzen von Unternehmen mit einer Umsatzgröße von 20 Millionen Euro und mehr. In dieser Größenordnung haben im ersten Quartal 2021 nur 15 Firmen Insolvenzantrag gestellt. Im ersten Quartal 2020 waren es mit 47 Unternehmen gut dreimal so viele. Der nach Umsatz größte Fall des ersten Quartals dieses Jahres ist die Insolvenz in Eigenverwaltung des Modefilialisten Adler. Das Unternehmen hat kürzlich als erstes trotz seiner Insolvenz Unterstützung aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds erhalten.
Fortführungsquote nach Insolvenz steigt
Während nur wenige neue Fälle hinzugekommen sind, wurden im ersten Quartal 2021 viele Anträge aus dem Vorjahr zum Abschluss gebracht. Dabei zeigt sich: In den meisten Fällen können die Unternehmen nach der Insolvenz weitergeführt werden. Von den 181 Großinsolvenzen aus dem Vorjahr sind 130 bereits abgeschlossen, das entspricht einer Umsetzungsquote von 72 Prozent. Zum Vergleich: Im Vorjahreszeitraum hatte die Quote bei lediglich 57 Prozent gelegen.
Die Fortführungsquote für die bisher bearbeiteten Fälle liegt bei gut 78 Prozent. Sie gibt an, wie viele der abgeschlossenen Verfahren über einen Insolvenzplan oder einen Asset Deal saniert und somit fortgeführt wurden. Damit liegt die Fortführungsquote für 2020 deutlich über den Vorjahren: 2019 wurden knapp 64 Prozent der Unternehmen nach der Insolvenz weitergeführt, 2019 waren es knapp 59 Prozent. Allerdings sind aus dem Jahr 2020 auch noch 51 Verfahren offen. Würden im – wenig wahrscheinlichen – Extremfall diese noch offenen Fälle allesamt liquidiert, könnte die Fortführungsquote noch auf 56 Prozent sinken.
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Von den 130 bislang abgeschlossenen Insolvenzfällen aus dem Vorjahr hat der Großteil eine Lösung über Distressed M&A gefunden: 69 Unternehmen gingen im Zuge eines Asset Deals an neue Besitzer über. 33 Unternehmen wurden über einen Insolvenzplan saniert. Zwei Insolvenzanträge wurden zurückgenommen oder abgelehnt, 26 Betriebe wurden liquidiert.
Kommt die Insolvenzwelle noch?
Dass die Insolvenzanträge im Laufe des Jahres 2021 sprunghaft ansteigen werden, erwartet Falkensteg-Partner Johannes von Neumann-Cosel nicht: „Ich erwarte eher einen leichten und gedehnten Anstieg zum Ende des Jahres“, prognostiziert er. Verlängerte Hilfen, etwa beim Kurzarbeitergeld, trügen dazu bei. Auch die KfW-Hilfen sind für viele Unternehmen eine wichtige Stütze. Bisher verzeichnete die KfW nach eigenen Angaben 300 Millionen Euro an „faulen“ Corona-Krediten, berichtet von Neumann-Cosel. Bei diesen leistungsgestörten Darlehen sind Unternehmen mit der Zahlung von Zins und Tilgung mehr als drei Monate im Rückstand. Die Summe der endgültigen Ausfälle aufgrund von Insolvenzen bezifferte die KfW Ende März auf rund 11 Millionen Euro.
Die Ausfallrate könne jedoch steigen, wenn die tilgungsfreie Zeit nach einem bis zwei Jahren endet, fürchtet er. „Die Frist wird bei den meisten Krediten bald erreicht sein. Dabei bleibt es fraglich, ob Unternehmen mit einem margenschwachen Geschäftsmodell die Kreditkosten überhaupt tragen können.“