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Ex-Grammer-Vorstände wegen Ad-hoc-Meldung unter Druck

Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf Insiderhandel im Umfeld der Grammer-Übernahme durch Ningbo Jifeng.
Grammer

Die vergangenen Jahre waren hart für den Autozulieferer Grammer: Erst mussten die Amberger eine kontroverse Übernahmeschlacht zwischen der Investorenfamilie Hastor und dem chinesischen Investor Ningbo Jifeng überstehen. Kaum war der unliebsame Investorenclan Hastor abgewehrt und der chinesische Wunschpartner an Bord, mussten die Amberger ihren Vorstand fast von Grund auf neu finden, nachdem sich CFO Gérard Cordonnier, CEO Hartmut Müller und CTO Manfred Pretscher binnen weniger Monate alle mit einem goldenen Fallschirm verabschiedeten.
 
Nun hat die Übernahme noch ein weiteres Nachspiel: Am gestrigen Dienstag rückten bundesweit 60 Beamte von Justiz, Polizei und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht aus, um wegen des Verdachts auf Insiderhandel insgesamt 16 Objekte zu durchsuchen, wie die Staatsanwaltschaft Frankfurt mitteilte.

Die Ermittler gehen dem Verdacht nach, dass fünf Beschuldigte zwischen 35 und 70 Jahren gegen das Wertpapierhandelsgesetz verstoßen haben könnten. Sie sollen Informationen zum Stand der Übernahmegespräche genutzt haben, um Gewinne im Aktien- und Derivatehandel zu erzielen. Eine weitere Person soll als „Tippgeber“ zuvor Insiderinformationen weitergegeben haben.

Den Namen des Unternehmens nannte die Staatsanwaltschaft nicht, ein Grammer-Sprecher bestätigte jedoch erste Berichte, denen zufolge die Grammer-Zentrale in Amberg unter den durchsuchten Objekten war. Man kooperiere in vollem Umfang mit der Staatsanwaltschaft und habe sich an sämtlich Regeln des Börsengesetzes gehalten, zitiert die F.A.Z. einen Sprecher. Auf eine FINANCE-Anfrage zu einem Statement reagierte Grammer am Vormittag zunächst nicht.

Ad-hoc-Meldung setzt Ex-Vorstände unter Druck

Auch die frühere Grammer-Konzernführung steht in einem anderen Fall noch im Fokus: Die Staatsanwaltschaft führt ein Bußgeldverfahren gegen „drei ehemalige Vorstände eines Unternehmens aus dem Bereich der Automobilzulieferer und gegen das Unternehmen selbst wegen des Vorwurfs einer verspäteten Ad Hoc-Meldung“, teilte sie mit. Bei den drei Ex-Vorständen soll es sich nach Informationen der F.A.Z. um die damaligen Vorstände Cordonnier, Müller und Pretscher handeln.

Zwar wird das Bußgeldverfahren in der Presseinformation der Staatsanwaltschaft Frankfurt im Kontext mit den Untersuchungen zum Verdacht auf Insiderhandel aufgebracht, Grammer teilte in einem Statement am Mittwochnachmittag jedoch mit, die Vorwürfe bezögen sich auf einen früheren Zeitpunkt.

Bei der Bafin sei bereits seit 2017 ein Verfahren „wegen des Vorwurfs zweier angeblich zu spät veröffentlichter Ad-hoc-Mitteilungen im ersten Halbjahr 2017“ anhängig. Es gehe um den Zeitraum Januar bis April 2017. Das Unternehmen geht davon aus, das Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Insiderhandel sei „der Einfachheit halber“ mit den Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Ordnungswidrigkeitenverfahren verbunden worden, der in der Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft hergestellte Zusammenhang sei „missverständlich“.

Ad-hoc-Regelung sorgen für Unsicherheit

Die Anforderungen an Ad-hoc-Mitteilungen sorgen bei Vorständen und Transaktionsbegleitern regelmäßig für Unsicherheit. Die Leitlinien sind mitunter nicht eindeutig formuliert, manches bleibt daher Auslegungssache. Erst im vergangenen Herbst veröffentlichte die Bafin einen neuen Ad-hoc-Leitfaden, der die Handhabung der Ad-hoc-Mitteilungen bei Transaktionen präzisieren sollte.

An der Börse reagierte die Grammer-Aktie nach Bekanntwerden der gestrigen Durchsuchungen mit einem Absturz, das Papier sackte zwischenzeitlich von 31,35 auf 30,15 Euro ab und erholte sich am Mittwochvormittag nur leicht. Zum Vergleich: Getrieben durch die Übernahmefantasien hatte der Grammer-Kurs Ende Mai 2018 Werte um 66 Euro erreicht, war im zweiten Halbjahr 2018 allerdings immer weiter abgesackt und hatte sich Ende Oktober auf rund 30 Euro halbiert. Die Unsicherheit durch die langwierige Übernahmeschlacht hatte bei Grammer zuvor zu Auftragsrückgängen geführt, die das operative Geschäft belasteten.
 
dominik.ploner[at]finance-magazin.de

Info

Update 12. Februar, 15.45 Uhr
Grammer hat am Mittwochnachmittag mitgeteilt, das Verfahren wegen des Vorwurfs zweier angeblich verspäteter Ad-hoc-Mitteilungen sei bereits seit dem ersten Halbjahr 2017 anhängig, der in der Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft hergestellte Zusammenhang sei „missverständlich“. Wir haben dies daher im Text präzisiert.

In der Presseinformation der Staatsanwaltschaft Frankfurt heißt es, man ermittle gegen fünf Beschuldigte sowie einen „Tippgeber“ wegen des Verdachts auf Insiderhandel. „In diesem Zusammenhang“, so heißt es weiter, führe die Staatsanwaltschaft auch das Bußgeldverfahren gegen drei ehemalige Vorstände wegen des Vorwurfs einer verspäteten Ad-hoc-Mitteilung.

Grammer zufolge richtet sich das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen fünf Personen, die weder bei Grammer angestellt sind oder waren. Die sechste Person sei ein Mitarbeiter Grammers „im unteren Management“ und habe „keinen Zugang zu etwaigem Insiderwissen“ gehabt.

Zum Thema Ad-hoc-Mitteilungen teilte das Unternehmen mit, man sei „davon überzeugt, sich auch im Zusammenhang mit kapitalmarktrechtlichen Publizitätspflichten generell und damit auch im maßgeblichen Zeitraum in 2017 in jeder Hinsicht rechtlich korrekt verhalten zu haben“.