ICO: Envion platziert 100, 120 oder 140 Millionen Token
Die Initial Coin Offerings (ICO) treiben immer wunderlichere Blüten. Nachdem vor wenigen Wochen Savedroid-Chef Yassir Hankir sein Verschwinden vorgetäuscht hatte, hat nun Envion für eine neue Posse gesorgt. Die Schweizer sind darauf spezialisiert, Kryptowährungen energieeffizient zu schürfen und haben vor wenigen Wochen einen 100 Millionen US-Dollar schweren ICO durchgeführt.
Leider ist die Platzierung chaotisch verlaufen. So beschuldigte Envion-CEO Matthias Woestmann zwischenzeitlich das Envion-Gründerteam, 40 Millionen Tokens illegal generiert zu haben. Später revidierte er diese Zahl auf etwas mehr als 20 Millionen. Die Gründer beschuldigen wiederum Woestmann selbst, die Token in Umlauf gebracht zu haben.
Woher diese Coins kommen, und wer sie vernichten soll, darum streiten das Management und die Gründer jetzt. Die Envion-Gründer bezichtigen CEO Woestmann zudem, sich über eine nicht genehmigte Kapitalerhöhung die Macht an dem Unternehmen gesichert zu haben. Sie verklagen den Envion-Chef wegen Firmenraubs. Woestmann hat indes eine einstweilige Verfügung gegen die Trado GmbH erwirkt, in der die Gründer ihre Interessen bündeln. Sie dürfen sich nun nicht mehr „zum Stand der angeblichen und tatsächlichen Geschäftsabwicklung“ von Envion äußern, wie es in einer Mitteilung hieß. Die Lage ist undurchsichtig.
Die Investoren von Envion nehmen Reißaus.
Die Investoren haben derweil gemerkt, worauf sie sich eingelassen haben – und nehmen Reißaus. Der Envion-Token notiert derzeit nur noch bei 10 Prozent des ursprünglichen Nennwerts von 1 Dollar.
Wie groß ist der ICO-Kuchen?
Trotzdem ist die Begeisterung an der Blockchain-Technologie und den darauf basierenden ICOs ungebrochen. So flatterte Mitte Mai eine Einladung ins Redaktionspostfach, die zu einem „ICO-Festival“ in Frankfurt am Main im Juli einlud. Später wurde das Datum auf Juni geändert. Insgeheim erwarteten wir ob des hippen Event-Namens Auftritte von aufstrebenden Künstlern mit Namen wie Justin BiebCoin, ICO & Tina oder einem Rapper wie Yung Blockchain.
Die Realität ist deutlich dröger: Die Veranstalter um das Crowd Mentor Network, der Kommunikationsagentur Quadriga sowie die Kanzlei Dentons wollen interessierten Investoren dabei helfen, den Überblick zu behalten. Eine solche Initiative ist grundsätzlich ob der oben genannten Beispiele unterstützenswert.
Gänzlich auf Nächstenliebe basiert aber auch dieses Event nicht. In der Einladung heißt es: „Wer heute aktiv in der Krypto-Szene ist und dennoch nachts ruhig schlafen möchte, braucht definitiv einen guten Rechtsexperten an seiner Seite.“ Zitieren lässt sich Dentons-Partner Robert Michels – ein eben solcher Rechtsberater.
BHS Tabletop: CFO-Abgang kostet Prognose
Kurioses hatte auch BHS Tabletop zu vermelden, ein börsennotierter Porzellanhersteller mit Sitz im Fichtelgebirge bei Tschechien, der auf einen Umsatz von 120 Millionen Euro kommt. In einer Mitteilung hieß es, der langjährige CFO Uwe Kolb werde das Unternehmen verlassen. Das allein ist noch unspektakulär.
„Die besondere Kunst besteht darin, künftige Ereignisse zu antizipieren.“
Ungewöhnlich ist jedoch, dass BHS Tabletop deshalb seine Gewinnprognose kassiert. Der CFO-Abgang verursacht nämlich eine „einmalige finanzielle Belastung“, so das Unternehmen. Der Porzellanhersteller erwartet, dass der Konzernüberschuss unter der zuletzt genannten Prognose bleiben wird.
Ironischerweise lässt sich Kolb auf der BHS-Website mit folgendem Satz zitieren: „Die besondere Kunst besteht darin, künftige Ereignisse in Art und Umfang zu antizipieren, damit unser Unternehmen frühzeitig reagieren kann.“ Seinen eigenen Abschied und die damit einhergehende Belastung für den Porzellanhersteller hat er offenbar nicht kommen sehen.
Fußballer lassen Bertelsmann-Tochter RTL leiden
RTL muss zwar keinen CFO-Abgang verkraften, unterdessen leidet der Medienkonzern aber schon jetzt unter der Fußballweltmeisterschaft. Denn die Bertelsmann-Tochter hat keine TV-Rechte an dem lukrativen Großevent. RTL-Chef Bert Habets verwies daher bei der Vorlage der Quartalszahlen darauf, dass das Erreichen der Prognose noch stärker vom Geschäft im Herbst und Winter abhänge. Die Aktionäre reagierten missmutig und schickten die Aktie auf Talfahrt.
Das erste Quartal verlief ohnehin nicht besonders gut für den MDax-Konzern. Der Umsatz stagnierte bei 1,4 Milliarden Euro, der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sank sogar um 2 Prozent auf 259 Millionen Euro. Der Grund ist zum Teil abermals fußballerischer Natur: Der französische Fußballclub Girondins Bordeaux, der der RTL-Tochter M6 gehört, hat im Januar seinen Trainer entlassen. Der Personalwechsel sowie geplante Spielertransfers hätten zu einer Belastung von 11 Millionen Euro geführt, teilte RTL mit.
Mit dem Fußball kommt RTL offenbar auf keinen grünen Zweig. Der Medienkonzern sollte sich daher den Spruch von Ex-Nationalspieler Lukas Podolski zu Herzen nehmen: „Mal verliert man, mal gewinnen die anderen.“
Zalando mit transparentem Mega-Bonus
In der vergangenen Ausgabe der Resterampe wurden die sonderbaren Bonuszahlungen bei Volkswagen, Steinhoff und der Deutschen Bank kritisiert. Der Onlinehändler Zalando hat sich mit der Vergütung seines CFOs Rubin Ritter nun scheinbar eingereiht: Der Mitgründer hat ein neues Bonuspaket, das ihm und seinen Vorstandskollegen bei der Erreichung ambitionierter Ziele in den kommenden fünf Jahren schwindelerregend hohe 180 Millionen Euro bescheren könnte.
Allerdings ist das Vergütungsmodell nicht so skandalös, wie es auf den ersten Blick scheint. Wenn Ritter seine definierten Ziele komplett verfehlt, geht er mit einem sehr niedrigen Gehalt von 65.000 Euro nach Hause. Zalando hat zudem transparent aufgeschlüsselt, wie die Vergütung zustande kommt. Die Aktionäre des Onlinehändlers haben das neue Bonuspaket entsprechend mit Kenntnis aller wichtigen Informationen abgesegnet. Kritik ist in dem Fall ob der schieren Höhe vielleicht immer noch angebracht. Die Anteilseigner dürfen sich in diesem Fall aber nicht beschweren.
Info
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Jakob Eich ist Redakteur der Fachzeitungen FINANCE und DerTreasurer des Fachverlags F.A.Z Business Media, bei dem er auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Durch seine Zwischenstation bei der Schwesterpublikation „Der Neue Kämmerer“ ist der 1988 geborene Journalist auch versiert beim Thema Kommunalfinanzen. Erste journalistische Erfahrungen hat der gebürtige Schleswig-Holsteiner in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost gesammelt.