Eine kritische Analyse der Berenberg Bank hat den Druck auf Elring Klinger weiter erhöht. Die Aktie des börsennotierten Autozulieferers gab am gestrigen Dienstag, nachdem die Analyse veröffentlicht wurde, 3 Prozent nach. Schon in den Tagen davor war es zu einer Verkaufswelle gekommen: In den vergangenen fünf Handelstagen verlor die Aktie – von 9,40 Euro aus startend – damit fast 15 Prozent an Wert.
„Das Verbrennen von Cash erreicht ein kritisches Level“, warnt Berenberg und verweist auf die Entwicklung des Free Cashflows. In den zurückliegenden vier Geschäftsjahren belief sich der Free Cashflow von Elring Klinger kumuliert auf minus 160 Millionen Euro, und eine Besserung scheint nicht in Sicht zu sein: Berenberg prognostiziert für dieses und die nächsten drei Jahre Cash-Abflüsse in Höhe von weiteren 160 Millionen Euro.
Nach Aussage von Elring-Klinger-Chef Stefan Wolf „resultiert der negative operative Free Cashflow auch aus der Ausweitung unserer globalen Aufstellung in den letzten Jahren. Diesen notwendigen Investitionszyklus haben wir nun durchschritten und sehen uns für die Herausforderungen und Chancen des Transformationsprozesses gut positioniert“, sagte Wolf auf Anfrage von FINANCE.
Jahres-Chart der Elring-Klinger-Aktie: Klarer Abwärtstrend
Scharfer Margenrückgang bei Elring Klinger
Elring Klinger hat zwei Grundprobleme: auf der einen Seite hartnäckige Kostenprobleme, auf der anderen die hohe Abhängigkeit vom Verbrennungsmotor. 70 Prozent der Umsätze erwirtschaften die Schwaben mit Produkten, die ausschließlich in Benzin- und Dieselmotoren eingesetzt werden können, schätzt die Berenberg Bank. Dazu gehören etwa Zylinderkopfdichtungen und Hitzeschilde. Der für die Zukunft erwartete Absatzrückgang bei Verbrennungsmotoren dürfte die Margen von Elring Klinger „strukturell unter Druck setzen“.
Elring-Klinger-Chef Wolf weist diese Sichtweise gegenüber FINANCE zurück: „Elring Klinger befindet sich in einer ausgeprägten Wachstumsphase. Unsere klassischen Produkte werden sehr stark nachgefragt, während wir uns gleichzeitig mit unseren Batteriekomponenten und Brennstoffzellensystemen erfolgreich für die Märkte der Zukunft positioniert haben.“
„Die Bilanz ist in kritischem Maße schwach.“
Dennoch scheinen die Zeiten vorbei zu sein, in denen Elring Klinger deutlich zweistellige Gewinnmargen vor Zinsen und Steuern (Ebit) erwirtschaftete. In den vergangenen drei Jahren fiel die Ebit-Marge spürbar ab und erreichte 2017 nur noch 8,5 Prozent. Für das laufende Geschäftsjahr steht ein weiterer Rückgang auf 6 bis 7 Prozent bevor.
Leverage von Elring Klinger wächst weiter an
Dies könnte CFO Thomas Jessulat – seit Januar 2016 im Amt – in eine schwierige Position bringen. Denn schon jetzt ist Elring Klinger netto mit über 650 Millionen Euro verschuldet, Tendenz steigend. Bis zum Jahr 2020 rechnet Berenberg mit einem Anstieg auf 773 Millionen Euro, während der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) bis dahin auf dem für dieses Jahr geplanten Niveau von rund 210 Millionen Euro stagnieren dürfte. Damit läge das Ebitda rund 10 Prozent niedriger als 2016 und 2017.
Die logische Folge wäre ein steigender Leverage (Nettoverschuldung/Ebitda). Berenberg prognostiziert für das Jahr 2020 ein Verhältnis von 3,7x Ebitda, Ende 2017 stand dieser Wert noch bei 2,7x Ebitda. „Die Bilanz ist in kritischem Maße schwach“, glauben die Analysten, weshalb die Refinanzierung „zunehmend herausfordernd“ werden könnte: „Wir befürchten, dass das Unternehmen schon in der nahen Zukunft eine Kapitalerhöhung benötigen könnte.“
Konsequenz: Berenberg hat das Kursziel der Elring-Klinger-Aktie von 12,50 auf 6,50 Euro gesenkt. Das wären nochmal rund 20 Prozent weniger als die Aktie aktuell wert ist. Größter Aktionär des Automobilzulieferers, der mehr als 1,6 Milliarden Euro umsetzt, ist die Unternehmerfamilie Lechler. Sie hält 52 Prozent.
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Elring-Klinger-Chef Wolf weist Spekulationen zurück
Elring-Klinger-Chef Wolf versucht, die Spekulationen um eine Kapitalerhöhung einzudämmen: „Das vergleichsweise hohe Net Debt zu Ebitda ist in erster Linie eine Folge der schwächeren Ergebnisentwicklung. Sobald die ergebnissteigernden Maßnahmen ihre volle Wirkung zeigen, wird sich auch dieses Verhältnis wieder erkennbar verbessern. Daher ist für uns eine Kapitalerhöhung kein Thema.“
Der seit zwölf Jahren an der Spitze des Unternehmens stehende Manager stellt in Aussicht, dass sich nicht nur das Verhältnis von Schulden zu Ertrag verringern wird, sondern auch die Verschuldung selbst.
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Bei Elring Klinger könnte es bald auf den CFO ankommen. Erfahren Sie mehr über ihn im FINANCE-Köpfe-Profil von Thomas Jessulat.