Einer der prominentesten Köpfe der jüngeren deutschen Schifffahrtsgeschichte ist tot: Bertram Rickmers starb in der Nacht auf Montag zuhause in seiner Villa, offenbar nach einem folgenschweren Sturz. „In Gedanken sind wir in dieser Stunde vor allem bei Bertram Rickmers’ Frau Franziska, seinen drei Kindern und fünf Enkeln, denen unser tiefstes Mitgefühl gilt“, heißt es in einer Mitteilung der Geschäftsleitung von Rickmers‘ Unternehmen Asian Spirit Steamship Company an die Belegschaft, aus der die Deutsche Presse-Agentur zitiert. Zuerst hatte die „Bild“-Zeitung über den Tod des 71-jährigen Hamburger Reeders berichtet.
Rickmers entstammt der berühmten Schiffseigner-Dynastie Rickmers Reederei, deren Wurzeln bis in das Jahr 1834 zurückreichen. Nach Abschluss seines VWL-Studiums in Freiburg kehrte er Anfang der 1980er Jahre in seine Heimatstadt Bremerhaven zurück und gründete dort 1982 MCC Marine Consulting & Contracting, aus der später die Rickmers Holding AG hervorging.
Rickmers konnte Börsengang nie realisieren
Stand Ende 2015 agierte der aus fast 100 Tochterunternehmen bestehende Schifffahrtskonzern in elf Ländern und beschäftigte rund 2.200 Mitarbeiter. Um weiter wachsen zu können, strebte das Unternehmen ab Mitte 2015 den Börsengang an.
Doch daraus wurde nichts. Stattdessen schlitterte Rickmers in eine existenzbedrohende Krise: Überkapazitäten, fallende Frachtraten und steigende Treibstoffpreise machten dem Unternehmen – wie vielen anderen Branchenvertretern damals auch – schwer zu schaffen.
Rickmers setzte verstärkt auf Mini-Bonds
Hinzu kam, dass wichtige Finanzierungsquellen zunehmend versiegten. So hatte etwa die Commerzbank bereits Mitte 2012 ihren Ausstieg aus der Schiffsfinanzierung angekündigt. Rickmers zapfte in der Folge deshalb verstärkt den Bondmarkt mit Mittelstandsanleihen an.
Doch das Vertrauen der Anleiheinvestoren schwand schnell. Zwar gelang es Rickmer-CFO Ken Erdmann immer wieder, dem hochverschuldeten Unternehmen in Form von Kreditverlängerungen Zeit zu kaufen. Spätestens mit der Pleite der Asien-Tochter Maritime Ende 2016 zog sich die Schlinge um die Hamburger Reederei dann jedoch immer enger.
HSH Nordbank besiegelte Rickmers‘ Insolvenz
Ein im April 2017 präsentiertes Sanierungskonzept sollte mithilfe von Zugeständnissen aller Stakeholder die Wende zum Guten bringen. Doch dieses Unterfangen scheiterte aufgrund des Vetos der damaligen HSH Nordbank. Letztere geriet im Anschluss selbst immer tiefer in einen Strudel aus faulen Schiffskrediten und wurde 2018 schließlich an die Finanzinvestoren Cerberus und JC Flowers verkauft.
Bis heute soll der Fall „Rickmers“ bei dem mittlerweile als Hamburg Commercial Bank (HCOB) aktiven Institut intern als mahnendes Beispiel für die letztlich zu sorglose Kreditvergabe an die Schifffahrtsbranche gelten.
Philipp Hafner ist Redakteur bei FINANCE. Er hat Volkswirtschaftslehre an der Universität Bayreuth sowie an der University of Amsterdam studiert. Vor FINANCE arbeitete Philipp Hafner mehr als sechs Jahre bei der Verlagsgruppe Knapp/Richardi, zunächst als Volontär, anschließend dann als Redakteur für die Fachzeitschrift „Immobilien & Finanzierung“.