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Kontrollschwelle für Auslandsübernahmen deutlich gesenkt

Der Bund will ausländische Übernahmen künftig eifriger kontrollieren.
zhengzaishuru/iStock/Getty Images Plus

Die Bundesregierung kann bei dem Einstieg außereuropäischer Investoren in deutsche Unternehmen künftig stärker mitreden. Das Bundeskabinett hat die Außenwirtschaftsverordnung so verändert, dass angestrebte M&A-Deals in besonders sensiblen Wirtschaftsbereichen von der Bundesregierung künftig bereits überprüft werden dürfen, wenn ein ausländischer Investor mehr als 10 Prozent erwerben möchte. Momentan liegt die Schwelle noch bei 25 Prozent. Die neue Vorgabe soll schon im Januar 2019 in Kraft treten.

Ursprünglich wurde erwartet, dass der Bund erst ab einem Schwellwert von 15 Prozent einschreiten will. Doch offenbar hat sich die Regierung entschieden, die Regelung noch einmal zu verschärfen. „Unternehmen investieren gerne in Deutschland und so soll es bleiben. Aber wir müssen bei sensiblen Infrastrukturen genau schauen können, wer sie kauft und welche Folgen das hat“, wird Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) in einer Mitteilung zitiert.

Bundesregierung will bei Medien-Deals mehr Kontrolle

Betroffen von der neuen Regelung sind kritische Infrastrukturen sowie andere zivile sicherheitsrelevante Infrastrukturen. Dazu zählen Telekommunikation, IT-Sicherheit, Kraftwerke, Stromnetze, Trinkwasser- und Lebensmittelversorgung, Zahlungsverkehr, Wertpapier- und Derivatgeschäfte, Krankenhausinformationssysteme, Luftverkehr, Schienenverkehr, See- und Binnenschifffahrt und der Softwarebereich.

Neu aufgenommen wurde der Bereich Medienwirtschaft. Auch hier will sich die Regierung mehr Kontrolle sichern. Auf dem Weg soll verhindert werden, dass deutsche Medien durch die Übernahme ausländischer Investoren zur Desinformation genutzt werden. 

Die Prüfschwelle von 25 Prozent bleibt weiterhin für alle anderen Wirtschaftsbereiche vorhanden. Hier kann eine Prüfung nach dem Maßstab erfolgen, ob der konkrete Deal die „öffentliche Ordnung oder Sicherheit beziehungsweise wesentliche Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet“, schreibt das Bundeswirtschaftsministerium.

Chinesische Investoren im Blick

Die neue Außenwirtschaftsverordnung wird vor allem vor dem Hintergrund gesehen, dass das Interesse chinesischer Geldgeber an deutschen Unternehmen zuletzt enorm hoch war – auch wenn die Novelle grundsätzlich nicht auf Investoren aus einer bestimmten Region gemünzt ist.

Einigen chinesischen Investoren hat die Bundesregierung sich bereits in den Weg gestellt: So konnte die Regierung den Einstieg des chinesischen Investors SGCC bei dem Kabelnetzbetreiber 50Hertz verhindern. Die Förderbank KfW erwarb dafür einen 20-Prozent-Anteil an 50Hertz

Ob sich gerade chinesische Investoren durch die Regeln abschrecken lassen, muss sich laut Christian Specht, Partner im Bereich Deal Advisory und M&A bei KPMG, allerdings erst zeigen. „Besonders, weil chinesische Unternehmen bei nicht börsennotierten Zielgesellschaften zumeist auf eine Komplettübernahme abzielen und der Schwellenwert vor diesem Hintergrund eine untergeordnete Rolle spielt“, so der Experte.

„Bei Komplettübernahmen spielt der Schwellenwert eine untergeordnete Rolle.“

Christian Specht, KPMG

Sorge um Investitionsklima in Deutschland

Die neue Regelung der Bundesregierung findet nicht nur Zustimmung: Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) äußert sich kritisch. Es dürfe hier keine Verschärfungen im Jahresrhythmus geben, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters Stefan Mair, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des BDI.

Auch Dimitri Slobodenjuk, Rechtsanwalt und Experte für Außenwirtschaftsrecht bei Clifford Chance, äußert sich kritisch: „Ich gehe davon aus, dass die Verunsicherung der Investoren mit Absenkung der Prüfeintrittsschwelle auf 10 Prozent nun weiter zunehmen wird. Für das Investitionsklima in Deutschland ist diese Entwicklung alles andere als förderlich.“

jakob.eich[at]finance-magazin.de

Jakob Eich ist Redakteur der Fachzeitungen FINANCE und DerTreasurer des Fachverlags F.A.Z Business Media, bei dem er auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Durch seine Zwischenstation bei der Schwesterpublikation „Der Neue Kämmerer“ ist der 1988 geborene Journalist auch versiert beim Thema Kommunalfinanzen. Erste journalistische Erfahrungen hat der gebürtige Schleswig-Holsteiner in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost gesammelt.