Aufsehenerregende Insolvenz in der Fintech-Welt: Das Hamburger Fintech Monedo – besser bekannt unter dem früheren Namen Kreditech – hat einen Insolvenzantrag gestellt. Das teilte die begleitende Kanzlei Brinkmann & Partner mit. Das Gericht hat Christoph Morgen zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Von der Insolvenz betroffen sind etwa 300 Mitarbeiter weltweit. Am Stammsitz in Hamburg beschäftigt Monedo 100 Mitarbeiter.
Wie Insolvenzverwalter Morgen mitteilte, soll das Geschäft des Fintechs, das Raten- und Mikrokredite für Konsumenten in Polen, Spanien, Russland und Indien anbietet, fortgeführt werden: „Ich habe bereits Gespräche mit möglichen Finanzierern gestartet. Es ist mein Ziel, den Investorenprozess zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen.“ Gegenüber dem „Manager Magazin“ versicherte Morgen sogar, dass es „mehrere ernsthafte Interessenten“ gibt. Wie das Nachrichtenportal „Finanz-Szene“ berichtet, soll die Geschäftsführung bis zuletzt versucht haben, die drohende Insolvenz mit der Gewinnung von neuen Investoren abzuwenden.
Vorzeige-Fintech Kreditech stand oft in der Kritik
Das Unternehmen galt jahrelang als eines der aussichtsreichsten Fintechs der Bundesrepublik, machte in den vergangenen Jahren aber auch immer wieder mit Negativschlagzeilen von sich reden. Gegründet wurde das Fintech im Jahr 2012, damals noch unter dem Namen Kreditech, mit dem Fokus auf die Vergabe von Privatkundenkrediten in Schwellen- und Entwicklungsländern. Mit Geld wurde es von vielen namhaften Investoren wie Peter Thiel, J.C.Flowers, Weltbank und Blumberg Capital Geld versorgt.
Doch Kreditech wurde auch immer wieder für die horrenden Zinsen kritisiert, die die Hamburger für die Kredite an die Kunden mit niedriger Bonität verlangten. Zudem soll Kreditech dem „Handelsblatt“ zufolge Kundendaten aus dem Internet genutzt haben, um das Risiko für die Kreditvergabe besser einschätzen zu können – in Deutschland ist das nicht erlaubt.
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Kreditech musste hohe Wertberichtigungen vornehmen
Vor rund zwei Jahren wurde die Situation bei Kreditech schon einmal brenzlig. Das Fintech musste im Jahr 2017 bei einem Umsatz von 71 Millionen Euro Kredite über 49 Millionen Euro wertberichtigen. Unter dem Strich stand in dem Jahr ein Verlust vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 53 Millionen Euro. Und auch 2018 mussten die Hamburger Kredite in Höhe von rund 31 Millionen Euro wertberichtigen. Bei einem Umsatz von damals 56 Millionen Euro bedeutete das einen Verlust (Ebit) von etwas mehr als 10 Millionen Euro. Externe Kreditgeber halfen bei der Überbrückung.
2018 verließ CFO René Griemens das Fintech. Der langjährige Finanzchef hatte die Finanzabteilung aufgebaut und professionalisiert. Mitgründer Alexander Graubner-Müller folgte ihm wenig später. Die neuen Vorstände David Chan (CEO) und Mariusz Dabrowski (CFO) sollten das Geschäft wieder in die Spur bringen.
Dieses Frühjahr verkündete Kreditech nicht nur den neuen Unternehmensnamen Monedo, sondern auch den neuen Fokus, der nicht mehr bei risikoreichen Krediten, sondern auf Raten- und Mikrokrediten liegen sollte. Mit frischem Geld sollte die Wende gelingen.
Monedo schaffte es nicht durch die Coronakrise
Doch Monedo gelang es nicht, das Runder herumzureißen. Den letzten Hieb gab dem Fintech dann die Coronavirus-Krise. Besonders zwei Faktoren sorgten wahrscheinlich dafür, dass die Krise Monedo härter traf als die Konkurrenz. Zum einen gehören Polen und Spanien zu den Hauptmärkten von Monedo, wo es aufgrund der Krise zu besonders vielen Kreditausfällen gekommen ist.
Einen weiteren Faktor benennt das Nachrichtenportal „Finance Forward“: Die Regierungen in Spanien und Polen haben ein Gesetz erlassen, dass es Kreditnehmern erlaubt, die Rückzahlung von Schulden zu verschieben. Die Folge: Monedo blieben die Einnahmen aus diesen Ländern aus. Im April verließ schließlich Finanzchef Dabrowski das Fintech, einen Nachfolger präsentierte das Unternehmen noch nicht.
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Info
Mehr über den ehemaligen Monedo-CFO erfahren Sie auf dem FINANCE-Köpfe-Profil von Mariusz Dabrowski. Welche Pläne die Fintechs hierzulande haben, beleuchtet unsere Themenseite Fintech-Strategien.
Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.