Der Investor und Metro-Großaktionär Daniel Kretinsky setzt seinen Rückzug aus dem Aktionärskreis von ProSiebenSat.1 fort: Aus einer Stimmrechtsmitteilung geht hervor, dass er seinen Anteil von 4,83 auf 2,97 Prozent reduziert hat. Bereits vor wenigen Wochen hatte der Tscheche Anteile verkauft, Anfang des Jahres hielt er noch 8 Prozent. Nachdem Kretinsky 2019 bei dem Münchner Fernsehkonzern eingestiegen war, hielt er zeitweise 12 Prozent, was Spekulationen aufkommen ließ, dass er neben Metro auch ProSieben mit einem Übernahmeangebot aufmischen würde.
Kretinsky war Gegengewicht zu Mediaset
Kretinskys Rückzug hat Auswirkungen auf die strategische Ausgangslage bei ProSiebenSat.1. Mit seinen Aktienverkäufen stärkt er indirekt den Einfluss der italienischen Mediengruppe Mediaset, die der Familie des früheren italienischen Regierungschefs Silvio Berlusconi gehört.
Und die Italiener sind auf dem Vormarsch: Seit Januar halten sie rund 13 Prozent an ProSiebenSat.1. Über Derivate hat Mediaset noch Zugriff auf weitere Anteile, so dass der Berlusconi-Konzern de facto schon nah an die 30-Prozent-Schwelle herangerückt ist, bei deren Überschreiten ein öffentliches Übernahmeangebot fällig werden würde.
Tatsächlich haben die Italiener den Münchenern mehrfach Avancen gemacht. Sie bauen gerade eine europäische TV-Sendergruppe auf und haben ProSiebenSat.1 bereits eingeladen, sich dort ebenfalls zu engagieren. Doch sowohl der amtierende Konzernchef Rainer Beaujean als auch sein Vorgänger Max Conze reagierten reserviert auf die Signale aus Rom.
FINANCE-Köpfe
Im Bann der Lockdowns (Drei-Jahres-Chart der ProSiebenSat.1-Aktie)
Auch KKR zieht sich bei ProSiebenSat.1 zurück
Als zweiter potentieller Verbündeter in einem möglichen Abwehrkampf gegen Mediaset galt neben Kretinsky zeitweise auch der US-Finanzinvestor KKR. Während des ersten Corona-Lockdowns im vergangenen Frühjahr, der auch den Aktienkurs von ProSiebenSat.1 in die Tiefe stürzen ließ, hatte KKR eine Beteiligung von zeitweise fast 7 Prozent aufgebaut. Doch als die Aktie im Herbst zu steigen begann, machte KKR Kasse. Bis Januar hatte das PE-Haus den größten Teil seiner Aktien schon wieder verkauft – und machte einen Gewinn von 50 Millionen Euro.
Damit ist Mediaset jetzt der einzige noch verbliebene Großaktionär mit strategischem Interesse. Allerdings hat der gleiche Umstand, der ihre Mitbewerber zum Rückzug bewogen hat, den Italienern an anderer Stelle das Agieren auch schwerer gemacht: Seit Ende Oktober hat sich die ProSieben-Aktie auf 18 Euro verdoppelt. Das Coronatief lag vor einem Jahr bei 6 Euro. Auf diesem Kursniveau ein Übernahmeangebot abzugeben, dürfte für Mediaset ohne Partner nur schwer zu finanzieren sein.