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Lampe empfiehlt Zerschlagung der Telekom

Verwaltung für ein bald schrumpfendes Reich? Die Konzernzentrale der Deutschen Telekom in Bonn
Deutsche Telekom

In einer bemerkenswerten Studie empfiehlt das Bankhaus Lampe der Deutschen Telekom den tiefsten Einschnitt der Unternehmensgeschichte. Rund 46 Milliarden Euro könne der Dax-Konzern durch ein ganzes Bündel an M&A-Deals erlösen. Auf der Verkaufsliste von Lampe stehen das komplette Europageschäft der Telekom inklusive der Töchter in Osteuropa und den Niederlanden sowie die 29.000 Funktürme und die Immobiliensparte des Dax-Konzerns.

Dieser große Kehraus könne dafür sorgen, dass die Telekom auch nach Abschluss der geplanten Fusion der US-Tochter T-Mobile US mit dem Mobilfunker Sprint den Leverage unter dem Dreifachen des Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) halten könnte. Derzeit ist die Telekom inklusive Pensions- und Leasingverbindlichkeiten mit 2,74x Ebitda verschuldet und liegt damit am oberen Rand der selbst gesteckten „Komfortzone“ von 2,25 bis 2,75x Ebitda. Ohne Verkäufe von Randgeschäften würde die Konsolidierung von Sprint den Leverage auf rund 3,8x Ebitda in die Höhe treiben, fürchtet Lampe. Die Folge wäre wahrscheinlich eine empfindliche Dividendenkürzung.

Scheinbar verfügt Lampe über Quellen im Konzern, was den Zerschlagungsfantasien ein größeres Gewicht geben könnte, als es bei gewöhnlichen Szenario-Analysen üblich wäre. „Wir glauben, dass die Telekom an weitreichenden Maßnahmen zum Umbau der Organisation bereits arbeitet“, schreibt Lampe. Dies beinhalte auch „große Asset-Verkäufe“.

Telekom-Randgeschäfte bringen wenig und kosten viel

Anlass dazu bietet der geplante US-Merger. Die maßgeblichen US-Behörden haben dem Deal, der Synergien mit einem Barwert von 43 Milliarden Dollar erzeugen soll, bereits zugestimmt. Einige US-Bundesstaaten klagen auf Grund von Kartellbedenken jedoch gegen die Freigabe. Diese Klagen könnten den Deal noch stoppen, wovon Lampe jedoch nicht ausgeht.

Käme es zum Closing, würden das Deutschland- und das US-Geschäft zusammen 86 Prozent der Umsätze und 85 Prozent des Ebitda beisteuern. Die Randgeschäfte verlieren also an Bedeutung, haben gleichzeitig aber einen hohen Investitionsbedarf. So schätzt Lampe, dass das Europageschäft außerhalb Deutschlands bald wohl nur noch für 11 Prozent der Erlöse stehen, aber 16 Prozent der Investitionen verschlingen wird. „Wir sehen gute Gründe, sich von diesen Geschäften zu trennen und sich künftig auf die zwei Säulen Deutschland und USA zu konzentrieren“, schreibt Analyst Wolfgang Specht.

Funkturmtochter DFMG könnte 13 Milliarden wert sein

Aus der Liste der Verkaufskandidaten sticht die Funkturmsparte DFMG unter Bewertungsaspekten heraus. Mehrere Telekomkonzerne haben in den vergangenen Jahren ihre Funktürme ausgelagert, verkauft oder an die Börse gebracht. Auch der hiesige Telekom-Konkurrent Telefonica Deutschland prüft gerade eine solche Abspaltung. 

Der Appetit von Infrastrukturinvestoren auf Funktürme ist gewaltig. Große Funkturmbetreiber vom Format der Telekom-Tochter DFMG werden an der Börse mit hohen Bewertungsaufschlägen (Multiples) von 23x bis 27x Ebitda bewertet. Da DFMG ein Ebitda von 0,6 Milliarden Euro erzielt, schätzt Lampe den Wert dieser Tochter auf mindestens 13 Milliarden Euro. Der Immobilienbesitz der Telekom wäre weitere 3,5 Milliarden Euro wert.

In Osteuropa hat die Telekom ihre Hausaufgaben gemacht. Dadurch könnte sie bei Verkäufen dort auf überdurchschnittlich hohe Multiples hoffen. 

Verkauft die Telekom Osteuropatöchter an Private Equity?

Komplizierter wäre ein Verkauf der Telekom-Töchter im europäischen Ausland – ein sehr heterogenes Portfolio, das sich von Holland über den Balkan bis nach Griechenland erstreckt. In vielen dieser Märkte ist es der Telekom nicht gelungen, zu einem der Marktführer zu werden. Doch operativ scheinen die Bonner ihre Hausaufgaben gemacht zu haben: Diverse Effizienzprogramme haben dazu geführt, dass die Europasparte seit dem vergangenen Jahr bei Umsatz und Ebitda wieder wächst, was im preisdruckgeplagten europäischen Telekomsektor eine Ausnahme ist.

Ein einzelner strategischer Käufer für dieses Bündel an Landesgesellschaften ist nach Einschätzung Lampes nicht in Sicht. Daher favorisiert die Bank einen Verkauf im Ganzen oder in Einzelteilen an Private-Equity-Investoren. Häuser wie Blackstone oder der Osteuropainvestor PPF sind bereits an osteuropäischen Telekomanbietern beteiligt.

Wegen des Aufwärtstrends auf der Umsatz- und Ertragsseite glaubt Lampe, dass die Telekom bei einem Verkauf ein über dem Branchenschnitt liegendes Ebitda-Multiples von 6,5x erzielen könnte. In Summe wären dies knapp 27 Milliarden Euro für die Osteuropatöchter und 3 Milliarden Euro für das Geschäft in den Niederlanden. Alle Einzelposten der Verkaufsliste summieren sich zusammen auf einen Wert von 46,3 Milliarden Euro.

Zuletzt wieder dynamisch: Dreijahres-Chart der T-Aktie

Was wird aus der Beteiligung an British Telecom?

Darüber hinaus verfügt die Telekom noch über zwei weitere Beteiligungen, die sich theoretisch zu der Verkaufsliste hinzufügen ließen. Das Bankhaus Lampe nimmt jedoch an, dass der Dax-Konzern beide Assets behalten wird.

Dabei handelt es sich zum einen um eine Minderheitsbeteiligung an der britischen Telekom BT. Dieses Paket hatte die Telekom Anfang 2016 im Zuge des Verkaufs ihres britischen Mobilfunkgeschäfts an BT erhalten. Dessen aktueller Marktwert: 2,4 Milliarden Euro. Weil die Beteiligung nur noch geringen strategischen Wert hat, aber regelmäßige Dividendeneinkünfte bringt, hat die Telekom die BT-Beteiligung dem Telekom-Pensionsfonds zugeschlagen. Das spricht eher gegen einen Verkauf, da der Pensionsfonds auf stabile Erträge angewiesen ist.

Daneben existiert noch der hauseigene Wagniskapitalfonds DT Capital Partners. Dessen Portfolio an zahlreichen kleinen Tech-Beteiligungen taxiert Lampe auf rund 1 Milliarde Euro. „Allerdings wird die Telekom DTCP behalten, um weiterhin einen Inkubator für neue Ideen zu besitzen“, schätzen die Lampe-Analysten.

Insgesamt kommt die Deutsche Telekom derzeit auf einen Börsenwert von rund 75 Milliarden Euro. In den vergangenen zwölf Monaten hat die Aktie knapp 10 Prozent an Wert gewonnen, auf Sicht von fünf Jahren sind es nahezu 50 Prozent.