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Lufthansa schafft es nicht mehr aus eigener Kraft

Die ersten Quartalszahlen zeigen: Lufthansa macht wegen der Corona-Pandemie Milliardenverluste.
Deutsche Lufthansa

Wegen des Coronavirus und der damit verbundenen Reisebeschränkung spitzt sich die Lage bei der Lufthansa immer weiter zu. In einer Videobotschaft an die Lufthansa-Mitarbeiter rechnete Konzernchef Carsten Spohr bereits vor Kurzem vor, dass die Airline bei Stillstand jede Stunde eine Million Euro verliert – wie sich das konkret auf das erste Quartal 2020 ausgewirkt hat, zeigen die nun vorgelegten vorläufigen Zahlen.

Lufthansa macht 1,2 Milliarden Euro Verlust in Q1

Demnach sank der Konzernumsatz in Q1 um 18 Prozent auf 6,4 Milliarden Euro (Vorjahr 7,8 Milliarden Euro), dabei ging der Umsatz allein im März um 1,4 Milliarden Euro zurück. Kostensenkungen – wie Kurzarbeit, das Zusammenstreichen der Flotte oder das Einstellen der Tochter Germanwings – konnten die Verluste „nur teilweise ausgleichen“.

Deutlich dramatischer als beim Umsatz war der Einbruch beim Gewinn: Die Airline verbuchte im ersten Quartal einen bereinigten Verlust vor Zinsen und Steuern (adjusted Ebit) von 1,2 Milliarden Euro. So erreicht das Minus das Vierfache des Vorjahreswerts (-336 Millionen Euro).

Hinzu kommt: „Der Konzern erwartet, dass krisenbedingte Wertminderungen von Vermögenswerten und die negative Wertentwicklung von Treibstoffabsicherungen das Konzernergebnis im Quartal zusätzlich erheblich belasten werden“. Details dazu will die Lufthansa bei der verschobenen Publikation des Quartalsberichts Mitte Mai vorlegen.

Lufthansas Liquiditätsreserven schrumpfen

Da nicht klar ist, wann der Flugbetrieb wieder starten kann, sieht die Lufthansa auch im angelaufenen zweiten Quartal keine Besserung – im Gegenteil. Der Konzern rechnet mit einem „erheblich höheren operativen Verlust als im ersten Quartal“. 

Die massiven Verluste drücken die Liquidität des Konzerns. Mitte März füllte die Airline ihre Kassen noch mit gezogenen bilateralen Kreditlinien und kurzfristigen Darlehen um 900 Millionen Euro auf. Aktuell weist die Lufthansa daher zwar noch 4,4 Milliarden Euro an flüssigen Mitteln auf. Aber: Angesichts des Geschäftsausblicks, bestehender Verbindlichkeiten in Milliardenhöhe aus Lieferungen und Leistungen und aus Kundenanzahlungen für Tickets mittlerweile stornierter Flüge sowie anstehender Rückzahlungen von Finanzverbindlichkeiten, gehe man „von einem deutlichen Rückgang der Liquidität in den nächsten Wochen aus“.

Lufthansa braucht wegen Corona dringend Staatshilfe

Besonders besorgniserregend: Der Konzern rechne nicht damit, den entstehenden Kapitalbedarf mit weiteren Mittelaufnahmen am Markt decken zu können. Damit hängt die Rettung der Airline wohl alleine von Staatshilfen ab. Die Lufthansa befinde sich bereits „in intensiven Verhandlungen“ mit den Regierungen, „um kurzfristig eine nachhaltige Sicherung der Solvenz zu erreichen“, heißt es. Der Vorstand sei „zuversichtlich, dass die Gespräche zu einem erfolgreichen Abschluss führen“. Wie die staatliche Hilfe aussehen könnte, darauf geht das Unternehmen nicht näher ein.

Laut von der Nachrichtenagentur Reuters zitierten Insidern gehe es um Mittel mit einem Volumen bis zu 10 Milliarden Euro aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) des Bundes, aus staatlich besicherten KfW-Krediten und von den Regierungen Österreichs, Belgiens und der Schweiz.

Ein Liquiditätszuschuss alleine über neue Kredite ist aber auch umstritten, denn diese würden die Verschuldung stark erhöhen. Auch eine Staatsbeteiligung bleibt daher nach wie vor eine Option. Der Metzler-Analyst Guido Hoymann etwa hält einen Einstieg des Staates bei der Lufthansa durchaus für sinnvoll. „Es kann durchaus sein, dass das Unternehmen besser aus der Krise herauskommt, weil es einen höheren Eigenkapitalanteil und geringere Schulden hätte. Nach der Krise wäre es dann relativ schnell wieder bereit, um normal zu arbeiten“, zitiert „Börse ARD“ den Analysten.

Wettbewerber sehen Lufthansas Ruf nach Staatshilfe aber kritisch.  Ryanair-Chef Michael O’Leary sagt im Gespräch mit dem „Handelsblatt“, dass sein Unternehmen keine Staatshilfe in Anspruch nehmen werde und kritisierte die Lufthansa heftig: „Ich denke, dass Fluggesellschaften wie Lufthansa und Air France die Covid-Krise nutzen, um sich mit unglaublich hohen Summen vom Staat zu bereichern.“

CFO Ulrik Svensson verließ Lufthansa

Was die schwierige Lage aktuell noch herausfordernder macht, ist dass der Konzern die Finanzierungsbeschaffung und Gespräche ohne CFO führen muss. Finanzchef Ulrik Svensson verließ den Konzern, der erst kürzlich von der Ratingagentur Moody’s auf Ba1 heruntergestuft wurde, abrupt Anfang April aus persönlichen Gründen. Einen neuen Finanzchef will der Konzern erstmal nicht einstellen, stattdessen werden die CFO-Aufgaben im restlichen Vorstandsteam verteilt.

sarah.backhaus[at]finance-magazin.de

Info

Mehr über die Karriere des ausgeschiedenen Lufthansa-CFO lesen Sie auf dem FINANCE-Köpfe-Profil von Ulrik Svensson.
Welche Spuren die Coronakrise in der Corporate-Finance-Welt hinterlässt, erfahren Sie auf unserer Themenseite zum Coronavirus.

Gewinnwarnungen, ein Streik nach dem nächsten, ein groß angelegter Konzernumbau – und jetzt auch noch das Coronavirus: Die Lufthansa ist im Krisenmodus. Wie die größte deutsche Airline um die Wende ringt, lesen Sie auf unserer Themenseite zur Lufthansa.

Sarah Backhaus ist Redakteurin bei FINANCE und DerTreasurer. Sie hat Journalismus an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Köln studiert. Sarah Backhaus arbeitete während ihres Studiums unter anderem für Onlinemagazine von Gruner + Jahr und schrieb als freie Journalisten für die Handelszeitung, faz.net und Impulse.

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