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Mehr Pflichten beim Geheimnisschutz

Noch ist die EU-Richtlinie zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen nicht in nationales Recht transformiert worden. Das soll sich noch in diesem Jahr ändern.
kieferpix/iStock/Thinkstock/Getty Images

Bis Juni hätte die EU-Richtlinie zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen in nationales Recht umgesetzt werden sollen. Die Deadline hat man hierzulande zwar nicht eingehalten, doch noch in diesem Jahr soll das neue Gesetz kommen. Ein Entwurf liegt bereits vor. Darin soll neu geregelt werden, was Unternehmen beim Umgang mit Geschäftsgeheimnissen beachten müssen und welchen Schutz Whistleblower genießen. Rechtsanwältin Anna Glinke von Hogan Lovells erklärt, welche Konsequenzen die neue Regelung voraussichtlich für Unternehmen haben wird.

Frau Glinke, mit Blick auf den deutschen Entwurf, der ja – ironischerweise – vorzeitig an die Öffentlichkeit durchgestochen wurde: Auf was müssen sich Unternehmen einstellen, wenn das neue Gesetz in Kraft tritt?
Auf Unternehmen kommen eine Reihe von neuen Pflichten bei der Geheimhaltung von Geschäftsgeheimnissen zu. Wenn sie vor Gericht gegen Personen vorgehen wollen, die sensible Informationen entwendet haben, dann werden sie dem Entwurf zufolge nachweisen müssen, dass sie im Vorfeld die notwendigen Maßnahmen getroffen hatten, um das entsprechende Geheimnis angemessen zu schützen. Diese Beweislast gab es vorher für Unternehmen nicht.

Wie müssen Unternehmen sich vorbereiten, um im Fall der Fälle diesen Beweis auch antreten zu können?
Unternehmen sollten einen Verantwortlichen definieren, der die notwendigen Schutzmaßnahmen umsetzt und auch genau dokumentiert. Nur so kann man vor Gericht dann auch tatsächlich nachweisen, dass man die Information angemessen geschützt hat. Ich würde den Unternehmen außerdem raten, genau zu definieren, was eigentlich die relevanten Geschäftsgeheimnisse sind. Es gibt da ja durchaus unterschiedliche Grade an Relevanz – je höher die Bedeutung ist, umso intensiver sollten die Schutzmaßnahmen sein.

„Geschäftsgeheimnisse dezentral speichern“

An welche Schutzmaßnahmen denken Sie dabei genau?
Das kommt natürlich auf den Einzelfall an. Generell sollten Unternehmen nicht alle Geschäftsgeheimnisse an einem Ort, sondern dezentral speichern. Begrenzte Zugriffsrechte für vertrauliche Informationen sind ein wichtiger Bestandteil des Geheimnisschutzes, ebenso präzise formulierte Geheimhaltungsvereinbarungen mit Mitarbeitern und Geschäftspartnern.

Ein Punkt über den man derzeit wenig liest, ist das Thema Reverse Engineering. Dabei gibt es ja gerade in diesem Bereich eine Neuerung.
Ja, dieser Punkt ist für Unternehmen ebenfalls relevant. In Deutschland war es bisher nicht erlaubt, durch ein „Auseinandernehmen“ eines Produkts seine Zusammensetzung zu entschlüsseln und dieses Wissen dann weiterzuverwenden, wenn dieses „Auseinanderbauen“ mit erheblichen Mühen und Kosten verbunden war. Dieses Vorgehen ist nun erlaubt, solange das Wissen nicht durch spezielle Schutzrechte wie Patente oder Urheberrechte geschützt ist. Ein Reverse Engineering kann aber vertraglich verboten werden. Unternehmen müssen also in diesem Bereich noch stärker ein Auge darauf haben, wie sie ihr Know-how schützen können.

Wesentlich breiter diskutiert wird, ob das neue Gesetz denn Whistleblower ausreichend schützt. Nur Hinweisgeber, die mit der Weitergabe der Informationen der Öffentlichkeit dienen wollen, sollen dem Gesetzentwurf nach geschützt werden. Wie sehen Sie diese Einschränkung?
Kritiker befürchten, dass es deshalb zu einer Art Gewissensprüfung bei den Informanten kommen könnte. Sie befürchten, dass mit dem deutschen Gesetzentwurf der Schutz der Informanten deutlich beschränkter sein wird, als ihn die EU-Richtlinie eigentlich vorsieht. Ich sehe hier allerdings keine Abweichung, weil auch die Richtlinie fordert, dass der Whistleblower in der Absicht gehandelt hat, das allgemeine öffentliche Interesse zu schützen. Ein Whistleblower darf also auch nach der Richtlinie nicht allein aus egoistischen Motiven handeln.

antonia.koegler[at]finance-magazin.de

Info

Anna Glinke ist Rechtsanwältin bei Hogan Lovells in Düsseldorf. Sie ist auf gewerblichen Rechtsschutz spezialisiert.

Antonia Kögler ist Redakteurin bei FINANCE und Chefin vom Dienst bei DerTreasurer. Sie hat einen Magisterabschluss in Amerikanistik, Publizistik und Politik und absolvierte während ihres Studiums Auslandssemester in Madrid und Washington DC. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit Finanzierungsthemen und verfolgt alle Entwicklungen rund um Green Finance und Nachhaltigkeit in der Finanzabteilung.