Aufbruchstimmung nach dem Corona-Kater bei Adler: Der Modehändler will mit einer strategischen Neuausrichtung wieder deutlich wachsen und spätestens 2023 das alte Ertragsniveau wieder erreichen. Mit Hilfe des Projekts mit dem Namen „New Adler“ soll der Konzern bis 2023 wieder auf einen „nachhaltig profitablen Wachstumskurs zurückkehren“, teilte das börsennotierte Unternehmen am heutigen Mittwoch mit.
Der Plan von Adler-Chef Thomas Freude und CFOCarsten Odemann hat mehrere Stoßrichtungen: Mehr Online-Geschäfte, strafferes Working Capital Management, mehr Einsatz von Datentechnologie und sogar ein Ausbau des Filialnetzes. 2023 soll der Konzernumsatz 560 Millionen Euro erreichen. Dabei sollen 500 Millionen Euro aus dem stationären Handel und mindestens 60 Millionen aus dem Online-Geschäft kommen.
Schaut man auf die Zahlen aus der Vor-Corona-Zeit, sieht man, wie herausfordernd die neue Zielvorgabe ist: So setzte Adler 2019 rund 485 Millionen Euro stationär um und gerade einmal rund 10 Millionen Euro im Online-Handel. Die Online-Erlöse sollen sich also versechsfachen. Im laufenden Jahr verzeichnet Adler bislang ein Wachstum von 20 Prozent. Die stationären Umsätze will Adler klassisch durch die Eröffnung zusätzlicher Filialen ausbauen. Bei den Mietkonditionen und Standorten hofft das Management, von dem Ausscheiden zahlreicher Wettbewerber zu profitieren. Die bestehenden 170 Filialen sollen um 15 anwachsen – nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Schweiz.
Corona setzte Adler zu
Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) soll nach dem Willen der Unternehmensführung im Jahr 2023 wieder mindestens auf dem Vorkrisenniveau von 70 Millionen Euro liegen. Allerdings geht das Management nicht davon aus, dass das Online-Geschäft bis dahin schon profitabel ist. Trotzdem soll der Free Cashflow schon bald wieder „nachhaltig positiv“ sein. 2019 wies die Modekette hier 57,4 Millionen Euro und eine Liquidität von mehr als 70 Millionen Euro aus.
Doch auch Adler traf die Coronavirus-Pandemie hart. Im ersten Halbjahr 2020 fiel der Umsatz mehr als 40 Prozent auf 138 Millionen Euro. Das Ebitda fiel von 25 auf minus 20 Millionen Euro. Die Finanzlage hatte Odemann stabilisiert, indem er Adler im Mai neue Finanzierungszusagen über insgesamt 69 Millionen Euro gesichert hatte.
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Big Data und KI sollen Adler helfen
Die stärkere Nutzung von Big Data und Künstlicher Intelligenz (KI) zur Auswertung der Kundendaten soll nicht nur das Wachstum ankurbeln, sondern das Unternehmen auch effizienter machen.
So soll durch die Digitalisierung die gesamte Wertschöpfungskette verbessert werden. Profitieren soll vor allem der Einkauf, weil Adler mit Hilfe der Daten die Sortimente und die Warenströme effizienter steuern will. Dies soll auch das Working Capital straffen.
Zusätzlich plant Adler, die Lieferantenzahl zu reduzieren. Auch bei den Personalkosten in der Zentrale in Haibach bei Aschaffenburg sieht die Führung Einsparpotenziale von rund 3 Millionen Euro. Insgesamt soll die Personalkostenquote bis 2023 um 2 Prozentpunkte sinken.
An der Börse kamen die neuen Pläne sehr gut an: Die Aktien verteuerten sich am Mittwochnachmittag um knapp 7 Prozent auf 2,50 Euro. Ins Jahr gestartet war das Papier bei knapp 4 Euro. Die Wette, dass Adler als einer der wenigen Textilhändler gestärkt aus der Jahrhundertkrise hervorgehen könnte, scheinen die Investoren noch nicht vehement eingehen zu wollen.
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