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OECD: Kritik an deutscher Wettbewerbsfähigkeit ist Unsinn

Pier Carlo Padoan, der Chefvolkswirt der OECD, bricht in Paris eine Lanze für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft.
Thinkstock / Getty Images

Mit rund 200 Milliarden Euro hat Deutschland im vergangenen Jahr den höchsten Exportüberschuss seiner Geschichte erzielt, er entspricht rund 7,3 Prozent des BIP und liegt damit absolut betrachtet höher als in jedem anderen Land der Welt. Das sorgt aber nicht nur für Freude. Deutschland muss sich in jüngster Zeit immer häufiger den Vorwurf gefallen lassen, es erblühe auf Kosten seiner europäischen Nachbarn. Auch wenn detailliertere Statistiken zeigen, dass die Überschüsse vor allem außerhalb Europas erzielt werden, bleibt unterm Strich der Vorwurf stehen, Deutschlands übertriebene Wettbewerbsfähigkeit verhindere die Erholung in anderen Ländern der Eurozone.

Dieser Logik hat Pier Carlo Padoan, Chefvolkswirt der OECD, jetzt ausgerechnet in Paris öffentlich einen Riegel vorgeschoben: „Es gibt keine zu hohe Wettbewerbsfähigkeit. Zu sagen, Wettbewerbsfähigkeit sei ein Problem, ist schlicht und ergreifend Quatsch“, sagte Padoan heute bei der jährlichen Risikokonferenz des Kreditversicherers Coface im Pariser Bankenviertel La Defense. Padoan nimmt damit Bezug auf die Äußerungen über exzessive Ungleichgewichte, die immer häufiger aus anderen europäischen Hauptstädten, aus Brüssel, aber auch aus Washington und vom Internationalen Währungsfonds zu hören sind.

Pier Carlo Padoan: „Unsichere Aussichten hemmen Investitionen“

Wenn überhaupt, so Padoan, dann seien geringe Investitionen eine Frage, die adressiert werden könne. Mit diesem Hinweis ist er auf einer Linie mit verschiedenen deutschen Kommentatoren, die im Außenhandelsüberschuss vor allem einen bedenklichen Export von Kapital auf Kosten der langfristigen Produktionskapazitäten in Deutschland sehen. Um Investitionen anzukurbeln, so Padoan, seien jedoch stabile makroökonomische Aussichten das richtige Heilmittel, nicht eine vorsätzliche Reduzierung der Wettbewerbsfähigkeit. Unter unsicheren Wachstumsaussichten hielten Unternehmen sich zurück, selbst wenn sich Investitionschancen ergäben.

Um die Wachstumsaussichten und damit auch Investitionsneigung von Unternehmen zu erhöhen, brauche Europa strukturelle Reformen sowohl auf Arbeits- wie auf Produktmärkten, Reformen des Finanzsektors, um europaweit die Kreditvergabe anzukurbeln, und fiskalische Konsolidierung, so der OECD-Ökonom. Dabei sei wichtig, genau hinzuschauen. „In Italien sehen wir“, sagte der Italiener, „dass auf dem Papier in letzter Zeit sehr viel angegangen wurde, in der Realität aber sehr wenig davon ankommt."

Trichet verteidigt Kurs der Zentralbanken

Zuvor hatte Jean-Claude Trichet, der frühere Präsident der Europäischen Zentralbank, den Kurs der Zentralbanken in der Krise verteidigt. Bis 2007 habe man den Ausbruch einer schweren Wirtschaftskrise in den entwickelten Volkswirtschaften für undenkbar gehalten. Die außergewöhnliche Schwere der Krise habe dann außergewöhnliche Maßnahmen verlangt, die bis heute andauerten.

Allerdings würden die Aussichten für die Weltwirtschaft 2014 und darüber hinaus zusehends positiv eingeschätzt. Die USA seien auf einem robusten Wachstumspfad, Großbritannien ebenfalls, und das deutsche Wirtschaftswachstum stehe „auf zwei Füßen: privater Konsum und Export“, sagte Yves Zlotowski, Chefvolkswirt bei Coface.

armin.haeberle[at]finance-magazin.de