Die Vorstände von großen Konzernen sind normalerweise nicht bekannt dafür, in aller Öffentlichkeit ausgelassen zu feiern. Doch bei Opel war gestern alles anders: Opel Chef Karl-Thomas Neumann und sein Finanzvorstand Michael Lohscheller präsentierten auf einer Mitarbeiterversammlung nicht nur die ersten schwarzen Zahlen seit fünf Jahren, sondern zeigten sich auch breit grinsend mit nagelneuen T-Shirts.
Es waren nicht irgendwelche T-Shirts, sondern speziell für diesen Tag angefertigte Oberteile mit der Aufschrift „We made it!“, umgeben von einem Opel-Logo und Smileys. Die Fotos dazu verbreitete Opel auf Twitter. Sie lassen ahnen, wie ausgelassen die Stimmung in der Opelzentrale gestern gewesen sein muss.
Kein Wunder, immerhin hat die General-Motors-Tochter gute Neuigkeiten verkündet: Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) belief sich im zweiten Quartal auf 137 Millionen Dollar (etwa 124 Millionen Euro) – das erste positive Quartals-Ebit von Opel seit dem Jahr 2011. Und auch im ersten Halbjahr hat Opel mit einem Gewinn mit umgerechnet 119 Millionen Euro wieder schwarze Zahlen geschrieben. „Das Comeback der Marke Opel ist gelungen“, twitterte Opel-Chef Karl-Thomas Neumann.
Auch andere Unternehmen haben die Präsentation ihrer Geschäftszahlen schon mit einer ausgelassenen Feier verbunden – die Telekom-Tochter T-Mobile USA veranstaltete kürzlich eine feucht-fröhliche Analystenkonferenz, bei der das Management die Analysten dazu animierte, bei jeder Phrase einen Schluck zu sich zu nehmen. Der Vorstand kam in T-Shirts und lustigen Hüten, der Chef trug sogar eine Lederjacke darüber.
Brexit und Dieselgate sorgen für Gegenwind bei Opel
Doch die demonstrative gute Laune bei Opel könnte bald schon wieder verfliegen, denn über dem zweiten Halbjahr brauen sich für Opel dunkle Wolken zusammen. „In unserem größten Markt, dem Vereinigten Königreich, haben wir gerade starken Gegenwind“, sagt Neumann mit Blick auf das Brexit-Votum und die Pfund-Schwäche.
Wenn die Briten die EU verlassen, könnte das Opel empfindlich treffen. Opel hat in Großbritannien zwei Standorte und verkaufte im vergangenen Jahr dort rund 311.600 Fahrzeuge – das ist sogar mehr als in Deutschland.
Neumann bezifferte die Finanzrisiken in Zusammenhang mit dem Brexit auf bis zu 363 Millionen Euro. Außerdem ist Opel mit seiner großen Flotte an Dieselfahrzeugen auch in die Abgaskrise verstrickt – nach VW steht Opel wegen angeblich verdächtiger Messwerte derzeit am stärksten unter Beschuss. Womöglich müssen CEO Neumann und CFO Lohscheller ihre T-Shirts zumindest zeitweise bald wieder in den Schrank packen.
julia.schmitt[at]finance-magazin.de
Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.