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Quartalsverlust treibt Leoni-Verschuldung nach oben

Der Automobilzulieferer Leoni hat im ersten Quartal einen deutlichen Verlust zu verzeichnen.
Leoni AG

Der Druck auf den Automobilzulieferer Leoni wächst: Im ersten Quartal schreibt das Unternehmen einen Verlust von 132 Millionen Euro. Als Hauptgrund führt das SDax-Unternehmen, das sich seit Monaten in unruhigem Fahrwasser befindet, eine Belastung durch Sondereffekte in Höhe von 102 Millionen Euro in der Bordnetzsparte an. Der Konzernumsatz ging wegen der schwächeren Nachfrage aus der Autobranche um 5 Prozent auf 1,26 Milliarden Euro zurück.

Der Kapitalmarkt reagierte heftig auf die schlechten Zahlen: Die Aktie von Leoni verlor am heutigen Mittwoch zwischenzeitlich 10 Prozent an Wert und notiert derzeit bei 15,40 Euro. Mehr als 10 Prozent der Leoni-Aktien liegen inzwischen im Besitz von Leerverkäufern.

Verschuldung von Leoni steigt

Der Quartalsverlust belastet auch die finanzielle Lage von Leoni: Die Nürnberger verbrannten in den ersten drei Monaten 313 Millionen Euro Cash,  weshalb Leoni stärker auf Kredite zurückzugreifen musste: Die Nettofinanzverschuldung stieg im ersten Quartal auf über 1 Milliarde Euro, Ende 2018 waren es lediglich 613 Millionen Euro. Ein Teil des Anstiegs war dabei auf die erstmalige Anwendung von IFRS 16 zurückzuführen, teilt das Unternehmen mit.

Wichtige Bilanzkennzahlen geraten damit unter Druck: In Relation zum operativen Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) aus 2018 liegt der Verschuldungsgrad von Leoni nun bei 3,3x. Für das angelaufene Geschäftsjahr 2019 traut sich das Unternehmen um CEO Aldo Kamper, der seit dem Ausscheiden von CFO Karl Gadesmann im März auch als interimistischer Finanzvorstand fungiert, noch keine Prognose zu.

Analysten bringen Kapitalerhöhung ins Spiel

Vor diesem Hintergrund lässt die Aussage aufhorchen, das Unternehmen prüfe „alle Optionen, um seine langfristige Finanzierungsbasis zu sichern“. Wie FINANCE auf Nachfrage erfuhr, will Leoni frühzeitig die Refinanzierung einer Schuldscheintranche angehen, die im kommenden März fällig werden wird. Marc-René Tonn, Analyst von Warburg Research, interpretiert die Aussage zur Prüfung aller Optionen so, dass nun auch eine Kapitalerhöhung nicht mehr ausgeschlossen werden kann. Die Eigenkapitalquote sank von 31,2 Prozent zum Ende 2018 auf 25,2 Prozent.

Auch der Cash-Puffer des Konzerns schrumpft: Insgesamt hat der Konzern verfügbare Liquidität über 740 Millionen Euro – das sind über 250 Millionen Euro weniger als Ende 2018. Davon entfallen 620 Millionen Euro auf freie Kreditlinien, von denen über dreiviertel fest zugesagt seien – alle ohne Financial Covenants, wie Leoni betont. 120 Millionen Euro stehen als Barmittel zur Verfügung.

Leoni rechnet mit Cashflow-Stabilisierung in diesem Jahr

Doch CEO Kamper zufolge ist Besserung in Sicht: Der SDax-Konzern erwartet, dass sich das Ergebnis und insbesondere der Cash-Verbrauch des Unternehmens im Jahresverlauf „spürbar“ verbessern werden. Vor einer konkreten Voraussage scheut sich der Konzern. Leoni teilt lediglich mit, dass man 2020 vor dem im März angekündigten Sparprogramm einen „ausgeglichenen Free Cashflow im Konzern sowie einen positiven Beitrag zum Konzernergebnis aus der Bordnetzsparte“ anstrebe.

Dieses Segment bereitet dem Unternehmen seit längerem Sorgen. Probleme in einem Werk in Mexiko sowie die Schwäche der Automobilbranche hatten im März zu einer Gewinnwarnung geführt. Es herrsche eine „signifikante Intransparenz hinsichtlich Kostenentwicklungen und künftiger Auftragslage“, hieß es damals. Die Gemengelage führte zum Abgang von CFO Karl Gadesmann. Zugleich kündigte Leoni ein umfangreiches Sparprogramm und Stellenstreichungen an.

Kurs der Leoni-Aktie seit März 2019

Leoni bewertet Lage in Bordnetzsparte neu

Eine neue Voraussage traut sich Leoni noch immer nicht zu. Allerdings hat das Unternehmen das Auftragsportfolio in der Bordnetzsparte und die Marktperspektive neu eingeschätzt, was nun zu den erwähnten Sondereffekten führt. 67 Millionen Euro schreibt Leoni ab, weitere 35 Millionen Euro stellt der Konzern für erwartete Verluste aus bestehenden vertraglichen Verpflichtungen zurück, die in den nächsten Jahren anfallen könnten.

Auch die Probleme am mexikanischen Standort der Bordnetzsparte sind noch nicht ausgeräumt. Die dortigen Schwierigkeiten belasteten das Quartalsergebnis mit 37 Millionen Euro, weitere 20 Millionen Euro werden im zweiten Quartal erwartet. Insgesamt belief sich das Ergebnis von Wiring Systems im ersten Quartal auf minus 139 Millionen Euro, 2018 gab es noch ein Plus von 42 Millionen Euro.

Im Geschäftsbereich Wiring & Cable Solutions verlief das erste Quartal deutlich weniger dramatisch, aber dennoch negativ. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) fiel in den ersten drei Monaten um 8 auf 14 Millionen Euro.

Neuer Leoni-CFO startet im Oktober

Eine gute Nachricht kann der Automobilzulieferer bei Verkündung der schlechten Quartalszahlen aber zumindest schon andeuten. Spätestens ab dem 1. Oktober soll ein neuer CFO bei Leoni das Finanzressort übernehmen. Um wen es sich genau handelt, ist nicht bekannt. Derzeit hat Leoni-CEO Aldo Kamper das Ressort übernommen. FINANCE-Informationen zufolge hat der Konzern zudem einen Interims-Finanzchef unterhalb des Vorstands verpflichtet.

antonia.koegler[at]finance-magazin.de