Welche Unternehmen haben ein Insolvenzverfahren eröffnet, welche haben es beendet, und welche Berater mischen wo gerade mit? Einen Überblick über die aktuellen Restrukturierungen, Sanierungen und Insolvenzverfahren in Deutschland bekommen Sie ab sofort in unserem neuen FINANCE-Restrukturierungsticker.
Insolvenzantrag für Schlemmer-Gesellschaften
Der Automobilzulieferer Schlemmer Group hat für mehrere Kerngesellschaften Insolvenzanträge gestellt. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellte das Amtsgericht Hubert Ampferl, Partner der Kanzlei Dr. Beck & Partner. Das Unternehmen gehört seit 2016 dem Finanzinvestor 3i. Bereits im Oktober des vergangenen Jahres hatte die Schlemmer-Tochter Hoppe eine Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt. Kündigungen sollen bei der Schlemmer Group derzeit nicht geplant sein, auch der Geschäftsbetrieb laufe weiter. Über einen strukturierten Investorenprozess sollen nun neue Geldgeber gefunden werden.
Eigenverwaltung bei MSR Technologies
Der Laupheimer Automobilzulieferer MSR Technologies durchläuft eine Insolvenz in Eigenverwaltung. Zum vorläufigen Sachwalter wurde Holger Leichtle von der Kanzlei Schultze & Braun bestellt, Rechtsanwalt Christian Plail von SGP Schneider Geiwitz berät das Unternehmen in Fragen des Insolvenzrechts. Das Unternehmen produziert unter anderem Teile für Benzin- und Dieseleinspritzungen und musste in diesem Bereich zuletzt erhebliche Umsatzeinbußen hinnehmen. Man arbeite jedoch „bereits seit einigen Jahren an Technologien für den Hybrid- und Elektroantrieb“, erklärte Geschäftsführer Peter Rieser. Die Bezahlung der Gehälter ist vorerst durch das Insolvenzgeld bis Ende Februar 2020 gesichert.
Bader-Gruppe bündelt Verfahren
Bei der Bader-Gruppe läuft ein Investorenprozess für die im Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung befindlichen Gesellschaften. Als Generalbevollmächtigter begleitet Matthias Krämer von der Sozietät Wellensiek die Eigenverwaltung, vorläufiger Sachwalter ist Martin Hörmann (Anchor Rechtsanwälte). Die Sanierung in Eigenverwaltung für die ungarische Tochter HB-Kapcsolószekrénygyártó Kft. mit rund 500 Beschäftigten läuft wie die zuvor genehmigte Eigenverwaltung der deutschen Gesellschaften der Gruppe über das Amtsgericht Neu-Ulm. „Nach unserem Kenntnisstand ist es erstmalig, dass eine Unternehmensgruppe aus Deutschland für eine ausländische Tochtergesellschaft den Antrag auf eine Eigenverwaltung bei einem deutschen Gericht beantragt und genehmigt bekommen hat“, sagt Generalbevollmächtigter Krämer. Das vereinfache die Restrukturierung, weil sie in allen Gesellschaften mit denselben Ansprechpartnern und demselben vorläufigen Sachwalter ablaufe.
Weitere Verfahren und Investorenprozesse
Das Unternehmen Mibag Schadenservice hat wegen drohender Zahlungsunfähigkeit einen Antrag auf ein gerichtliches Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung gestellt. Das Unternehmen mit fünf Standorten ist eine Tochter der österreichischen Mibag-Gruppe. Weitere Töchter sind von dem Verfahren nicht betroffen. Rechtsanwalt Lars Hinkel (Anchor Rechtsanwälte) wurde zum vorläufigen Sachwalter bestellt. Der Geschäftsbetrieb läuft weiter, die Geschäftsführung bleibt in der vorläufigen Eigenverwaltung im Amt. Unterstützt wird sie durch Roman-Knut Seger von BDO Restructuring.
Die insolventen Gußwerke Leipzig suchen einen Käufer. Über das Unternehmen wurde zum Jahreswechsel das Insolvenzverfahren eröffnet, Insolvenzverwalter ist Rüdiger Bauch von der Kanzlei Schultze & Braun. Der Geschäftsbetrieb laufe seit dem im Oktober gestellten Insolvenzantrag des Automobilzulieferers ohne Einschränkungen weiter, betonte Bauch. PwC spreche derzeit weltweit potentielle Kaufinteressenten für den Hersteller von Großgussteilen an.
Für das Lichtwerbeunternehmen Westiform, über das zum Jahreswechsel das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, läuft die Investorensuche. Insolvenzverwalter Dirk Pehl (Kanzlei Schultze & Braun) zufolge gibt es Kontakt zu Strategen sowie zu Private-Equity-Investoren, die „potentielles Interesse an einem Einstieg“ bei Westiform bekundet hätten. Die Beratungsfirma Saxenhammer unterstützt die Investorensuche. Das Unternehmen hatte Ende Oktober Insolvenzantrag gestellt.
„Wir stehen in Kontakt mit zahlreichen Investoren.“
Das Amtsgericht Cottbus hat das Insolvenzverfahren über die Ortrander Eisenhütte eröffnet. Insolvenzverwalter Olaf Seidel (seit Jahresanfang bei der Kanzlei Andres Partner) sucht nach Investoren, die in die Eisenhütte investieren wollen – dies könne „gegebenenfalls auch unter Einbeziehung der bisherigen Gesellschafter“ geschehen, heißt es in einer Mitteilung. Erste Ergebnisse des Investorenprozesses sollen Ende Januar vorliegen. Das Unternehmen hatte Ende Oktober den Insolvenzantrag gestellt.
Der vom Amtsgericht Münster bestellte vorläufige Insolvenzverwalter Stephan Michels (Kanzlei Michels Vorast) führt den Geschäftsbetrieb der Metall-Design-Manufaktur Polenz fort. In den kommenden Wochen soll ein Investor gefunden werden, der das Unternehmen übernimmt und weiterführt.
Der Automobilzulieferer Vielmetter hat in Berlin einen Insolvenzantrag für die Vielmetter Metallverarbeitung und die Vielmetter Engineering gestellt. Als vorläufiger Insolvenzverwalter ist Rechtsanwalt Stefan Ludwig (Schultze & Braun) bestellt. Nun läuft die Suche nach Investoren, die den Zulieferer übernehmen und frisches Geld einbringen. Ursache für die Unternehmenskrise sei der starke Einbruch der Nachfrage nach Nutzfahrzeugen auf dem asiatischen Markt.
Deutsche Distressed-Assets-Konferenz
Das Branchentreffen für Käufer und Verkäufer von Distressed Assets
Der Austausch über den Kauf und Verkauf von Non-Performing Loans und Unternehmen steht im Mittelpunkt der Distressed-Assets-Konferenz. Die Veranstaltung bringt Banken, Manager von Distressed Fonds und weitere Restrukturierungsspezialisten zusammen. Fachvorträge und aktuelle Case Studies laden zu Diskussionen ein. Das anschließende Get-together ermöglicht Networking und vertiefende Gespräche über den Handel mit Distressed Assets.
Distressed M&A-Deals
Der Fachdiscounter Matratzen Concord gehört jetzt der auf Restrukturierungen spezialisierten asiatischen Private-Equity-Gesellschaft Magical Honour. Sie übernahm das Unternehmen von der niederländischen Beter Bed Holding. Finanzielle Details der Transaktion wurden nicht bekannt. Jedoch wird Magical Honour Matratzen Concord nach dem Erwerb mit zusätzlichem Kapital ausstatten, heißt es in einer Transaktionsmitteilung. Der Fachdiscounter erzielte demnach in den zurückliegenden Jahren negative Jahresergebnisse. M&A-Berater von Oaklins in China und den Niederlanden haben den Verkaufsprozess begleitet.
Lenzner-Gläubiger können auf fast vollständige Befriedigung hoffen.
Das Unternehmen für Spritzgusswerkzeugbau Martin Lenzner hat sieben Monate nach Beginn eines Sanierungsverfahrens in Eigenverwaltung einen neue Perspektive. Die Gläubiger haben einstimmig dem Insolvenzplan zugestimmt, den Sanierungsgeschäftsführer Jean-Olivier Boghossian (Dornbach Restrukturierung) und Sachwalter Andreas Liebaug (Schultze & Braun) vorgelegt hatten.
Demnach werden zwei Investoren bei dem Unternehmen einsteigen, den M&A-Prozess hatte die Beratung Mentor begleitet. Die anerkannten Gläubigerforderungen können einer Mitteilung zufolge „nahezu vollständig“ befriedigt werden. Das Sanierungsverfahren soll im Februar formal beendet werden.
Die Guala Closures Group hat im Rahmen eines Distressed Asset Deals den deutschen Geschäftsbetrieb von Closurelogic, einem Anbieter von Aluminium-Getränkeverschlüssen, übernommen. Über die Höhe des Kaufpreises, der auch die Betriebsimmobilie umfasst, wurde Stillschweigen vereinbart. Closurelogic mit Sitz in Worms hatte am 18. September Insolvenzantrag gestellt. Sachwalter wurde Johannes Hancke von der Kanzlei Lieser Rechtsanwälte. Guala Closures hatte sich in einem strukturierten Bieterverfahren gegen mehrere Wettbewerber durchgesetzt, heißt es in einer Mitteilung. Die Transaktion soll in der ersten Jahreshälfte abgeschlossen werden. DLA Piper hat Guala Closures bei der Übernahme beraten.
Der schwäbische Textilhersteller Mattes & Ammann führt als neuer Eigentümer den Geschäftsbetrieb des Aalener Textilverarbeiters Lindenfarb fort. Sanierungsgeschäftsführer Detlef Specovius (Schultze & Braun) hatte Lindenfarb in den zurückliegenden Monaten durch ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung geführt. Das Verfahren wurde Ende November vom Amtsgericht Aalen aufgehoben.
Beendete Insolvenz- und Sanierungsverfahren
Gerry Weber hat zum Jahreswechsel das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung, das Anfang April 2019 eröffnet worden war, verlassen. Der Insolvenzplan ließ den Gläubigern die Wahl zwischen verschiedenen Optionen, je nach gewählter Variante können Gläubiger einer Mitteilung des Unternehmens zufolge mit Befriedigungsquoten zwischen 32 und mehr als 50 Prozent auf ihre Forderungen rechnen. Während des Prozesses war Stefan Meyer (Pluta) als Sachwalter eingesetzt, Generalbevollmächtigter war Christian Gerloff (Gerloff Liebler Rechtsanwälte).
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Die Gläubiger der insolventen Friseurkette Klinck dem von Insolvenzverwalter Jens-Sören Schröder (Sozietät Johlke Niethammer) vorgelegten Insolvenzplan einstimmig zugestimmt. Das Unternehmen bleibt in dritter Generation in Händen der Familie Klinck, die die Sanierung einer Mitteilung zufolge mit einem „namhaften Gesellschafterbeitrag“, der jedoch nicht näher beziffert wurde, unterstützt habe. Nach dem im Februar 2019 eröffneten Insolvenzverfahren hatte Interimsmanager Dieter Bonk das Unternehmen bei der operativen Sanierung unterstützt. Die Gläubiger können den Verantwortlichen zufolge auf eine Quote von mehr als 50 Prozent auf ihre ausstehenden Forderungen hoffen.
Das Amtsgericht Dessau hat das Eigenverwaltungsverfahren des Fahrzeugbauers Meier-Ratio aus Dessau-Roßlau aufgehoben. Die Umstrukturierung hatte das Beratungsunternehmen Buchalik Brömmekamp mit Rechtsanwalt Tim Langstädtler als Projektleiter begleitet. Als Sachwalter fungierte Stephan Thiemann (Kanzlei Pluta).
Der Spezialpapierhersteller Feldmuehle hat das Ende 2018 begonnene Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung abgeschlossen. Durch ein „umfangreiches Finanzierungspaket“ sei die langfristige Finanzierung des Geschäftsbetriebes gesichert, teilte das Unternehmen mit, ohne finanzielle Details zu nennen. Als Sachwalter des Verfahrens war Dietmar Penzlin (Kanzlei Schmidt-Jortzig Petersen Penzlin) eingesetzt.
Die neuesten Restrukturierer-Personalien
Florian Kawohl ist neuer Managing Director der HIG-Tochter Bayside Capital. Kawohl, der von Strategic Value Partners wechselt, wird vom Hamburg und London aus für die auf Distressed-Debt-Investitionen spezialisierte Gesellschaft arbeiten.
Florian Frankbleibt für ein weiteres Jahr CRO des frisch aus dem Insolvenzverfahren entlassenen westfälischen Modekonzerns Gerry Weber. Sein Vertrag als Restrukturierungsvorstand läuft nun bis zum Jahresende 2020. Frank war im Oktober 2018 von der Unternehmensberatung Dr. Wieselhuber & Partner als CFO und CRO zu Gerry Weber gekommen, um das Modeunternehmen aus der Krise zu führen.
Markus Glaser ist als Director Dispute Resolution zu dem Prozessfinanzierer Foris gewechselt. Er war zuvor für den Münchener Wettbewerber Legial tätig. Glaser wird weiterhin von München aus arbeiten, die in Bonn ansässige Foris eröffnet dort einen weiteren Standort. Glaser soll bei Foris sowohl in der operativen Kundenbetreuung als auch in der Produktentwicklung in den Geschäftsbereichen Insolvenzrecht, Restrukturierung und Monetarisierung tätig sein.
Jens von Loos soll für die Restrukturierungsberatung Falkenstegden Bereich Debt Advisory aufbauen. Mit ihm wird Mathias Famulla an dieser Aufgabe arbeiten. Beide waren zuvor für KPMG im Debt Advisory tätig.
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Die Insolvenz- und Sanierungskanzlei Andres Partner hat Olaf Seidel und Ralf Hage als Partner aufgenommen. Zudem wechseln eine Rechtsanwältin und fünf weitere Mitarbeiter mit zu Andres Partner. Sie werden von Dresden und Leipzig aus tätig sein. Seidel ist derzeit als Insolvenzverwalter der Ortrander Eisenhütte eingesetzt, er wechselt von der Kanzlei Wolff Rapp Rechtsanwälte. Hage ist derzeit unter anderem Insolvenzverwalter des Unternehmens Stahl- und Brückenbau Niesky. Er war zuletzt Partner bei Voigt Salus und leitete dort den Standort Dresden.
Der Insolvenzrechtler Bruno M. Kübler ist künftig mit seiner neuen Kanzlei Kübler Restrukturierung Insolvenzverwaltung Steuerberatung am Markt aktiv. Die Kanzlei wird von Dresden und Köln aus bundesweit tätig sein. Nach dem Auseinanderbrechen der Insolvenzkanzlei Kübler hat auch die ehemalige Partnerin Bettina Breitenbücher eine neue Kanzlei unter eigenem Namen gegründet. Sie will mit dem Beratungshaus Baker Tilly kooperieren.
Der Verein Forum 270 – Qualität und Verantwortung in der Eigenverwaltung hat Thomas Klöckner (Lecon Restrukturierung), Christoph Morgen (Brinkmann & Partner), Jan Markus Plathner (Brinkmann & Partner) und Detlef Specovius (Schultze & Braun) als neue Mitglieder aufgenommen und wächst damit auf 17 Restrukturierungspraktiker an. Der Verein hatte sich im Frühjahr 2017 gegründet, um zum nachhaltigen Erfolg der Eigenverwaltung beizutragen.
Der Blick in den Markt
Der deutsche Maschinenbau bleibt auch 2020 im Krisenmodus – das ist das Ergebnis einer vierteljährlichen Panelbefragung unter Führungskräften des deutschen Maschinen- und Anlagenbaus durch PwC. Für ihre Branche erwarten die Befragten einen Umsatzrückgang von 4,2 Prozent, das ist der schlechteste Wert der seit 2014 laufenden Befragung. Erstmals erwarten die Manager auch für ihr eigenes Unternehmen einen Umsatzrückgang, die Prognose liegt bei 1,2 Prozent weniger Umsatz als im Vorjahr. Die Unsicherheit durch Brexit, Handelskonflikte, Wirtschaftssanktionen und die Krise der deutschen Automobilindustrie habe bereits zu einem Auftragsrückgang geführt. Nur rund ein Drittel der Unternehmen arbeite noch in Vollauslastung.
Der Kreditversicherer Euler Hermes rechnet für 2020 erneut mit einer steigenden Anzahl an weltweiten Insolvenzen. Erwartet werden weltweit 6 Prozent mehr Insolvenzen als im Vorjahr. Zwar war der Anstieg 2019 mit 9 Prozent deutlicher, allerdings dürften dem Kreditversicherer zufolge in diesem Jahr vier von fünf Ländern auf der Welt von steigenden Insolvenzzahlen betroffen sein. In Westeuropa und auch in Deutschland steigen die Insolvenzen 2020 um voraussichtlich 3 Prozent an. Insbesondere bei Unternehmen mit einem Umsatz oberhalb der 50-Millionen-Euro-Grenze gab es laut Euler Hermes in den ersten neun Monaten 2019 ein Plus von 42 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.
Info
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Weitere Informationen über aktuelle Krisenfälle finden Sie auf unserer Themenseite Restrukturierung.
Persönlich austauschen können Sie sich mit Sanierungsexperten sowie Käufern und Verkäufern von Distressed Assets am 25. März auf der Deutschen Distressed Assets Konferenz in der Villa Kennedy in Frankfurt.