Mister Minit: Deal gescheitert
Der Distressed M&A Deal zur Rettung von Mister Minit ist auf der Zielgeraden gescheitert: Der Käufer ist vom Kaufvertrag zurückgetreten. Die auf Schuh- und Schlüsseldienste spezialisierte Kette hatte im vergangenen Jahr eine Insolvenz in Eigenverwaltung eingeleitet. Seitdem schloss das Management unprofitable Shops und verhandelte Mietverträge neu. Anfang November wurde ein Kaufvertrag unterzeichnet, dem zufolge das restrukturierte Geschäft der Minit Service GmbH mit 116 Shops und 250 Mitarbeitern spätestens zum 1. März vom Käufer übernommen werden sollte. Doch dazu kam es nicht.
Einer Mitteilung der Kanzlei Brinkmann & Partner zufolge, deren Mitglied Christoph Enkler im Zuge der Eigenverwaltung in das Management berufen worden war, soll der für das restrukturierte Deutschland-Geschäft vorgesehene Käufer zur Minit-Gruppe gehören. Er habe den Kaufvertrag „überraschend nicht vollzogen“ und verweigere die Übernahme des Geschäftsbetriebs. Gründe hierfür nannte die Kanzlei nicht. Eigenverwaltung und Sachwalter prüfen nun rechtliche Schritte gegen den namentlich nicht genannten Käufer. Till Buschmann von der Kanzlei Bryan Cave Leighton Paisner hat das Verfahren als Generalbevollmächtigter begleitet, Sachwalter ist Gregor Bräuer (Kanzlei hww).
Der Geschäftsbetrieb wird in diesen Tagen eingestellt. Weitere Investoren sind einer Mitteilung zufolge nicht in Sicht. Staatliche Hilfen stehen der insolventen Gesellschaft nicht zu.
Ahlers erhält mittelfristige Finanzierung
Ahlers hat eine neue Mittelfristfinanzierung erhalten. Basis dafür ist ein Sanierungsgutachten, das dem Modeunternehmen zufolge „die Durchfinanzierung sowie die Wettbewerbs- und Renditefähigkeit des Unternehmens“ bestätigt. Das Gutachten sei „in Anlehnung an IDW S6“ erstellt worden.
Eine Finanzierungserweiterung der Partnerbanken wird durch eine Landesbürgschaft von Nordrhein-Westfalen unterlegt. Die Zusage habe der Ausschuss des Wirtschaftsministeriums bereits erteilt. Finanzielle Details wurden zunächst nicht bekannt.
Bei Ahlers läuft derzeit das Restrukturierungsprogramm „New Tomorrow“. Damit sollen unter anderem der Vertrieb und die Beschaffungsstrukturen neu ausgerichtet und Verwaltungsprozesse verbessert werden. Im Geschäftsjahr 2019/20 sank der Konzernumsatz von Ahlers gegenüber dem Vorjahr um fast 27 Prozent auf 151,6 Millionen Euro, das Konzernergebnis vor Steuern lag mit gut 17 Millionen Euro im Minus. Die detaillierten Geschäftszahlen und die Prognose für das laufende Geschäftsjahr legt Ahlers in der kommenden Woche am 17. März vor.
Condor braucht erneut Finanzhilfen
Condor
Die angeschlagene Ferienfluggesellschaft Condor bemüht sich erneut um finanzielle Unterstützung. Eine Sprecherin bestätigte dem „Handelsblatt“, dass das Unternehmen sich „mit den Möglichkeiten zu einer finanziellen Unterstützung für Condor“ auseinandersetze und dazu „konstruktive Sondierungsgespräche“ führe. Nach Informationen der Zeitung soll es um einen Betrag von rund 150 Millionen Euro gehen.
Es wäre nicht das erste Mal, dass die Airline Unterstützung in Anspruch nimmt. Condor war 2019 im Zuge der Insolvenz der früheren Muttergesellschaft Thomas Cook in Schieflage geraten und durchlief anschießend ein Schutzschirmverfahren. Ein geplanter Verkauf der Fluglinie an die polnische Fluggesellschaft LOT scheiterte im vergangenen Frühjahr. Condor erhielt damals bereits Hilfskredite über mehr als eine halbe Milliarde Euro.
Käthe Wohlfahrt: Insolvenzquote von 37 Prozent
Im Schutzschirmverfahren über den Hersteller von Weihnachtsdekoration Käthe Wohlfahrt haben die Gläubiger dem Insolvenzplan zugestimmt. Die ungesicherten Gläubiger erhalten dem Plan zufolge eine Insolvenzquote von insgesamt 37 Prozent. Den Geschäftsbetrieb führt weiterhin die Familie Wohlfahrt, die nach wie vor sämtliche Anteile der Gesellschaft hält. Das gerichtliche Verfahren soll spätestens Anfang April aufgehoben werden.
Das Unternehmen mit derzeit noch 280 Mitarbeitern war eigenen Angaben zufolge durch die Shutdowns und die aufgrund der Coronavirus-Pandemie ausgefallene Weihnachtsmarktsaison in Schieflage geraten. Im Zuge der Restrukturierung sollen sechs der 22 Ladengeschäfte in Deutschland schließen, darunter fünf Souvenirgeschäfte. Zudem wollen die Verantwortlichen das Sortiment straffen, wirtschaftlichere Prozesse etablieren und den E-Commerce-Umsatz steigern. 20 Mitarbeiter verlieren ihre Stelle.
Sachwalter des Verfahrens ist Volker Böhm von Schultze & Braun, Berater des Unternehmens und verantwortlich für die Gesamtsteuerung des Schutzschirmverfahrens war Matthias Kühne (Kanzlei Nickert). Das Sanierungskonzept wurde mit Struktur Management Partner (Leitung Georgiy Michailov) erarbeitet, den Prozess begleitete der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Bernhard Herrmann (Kanzlei Herrmann & Schwenker).
Weitere Insolvenz- und Sanierungsverfahren
Die Papierfabrik Zanders Paper ist erneut insolvent. Das Geschäft des Unternehmens war Anfang 2019 nach einer ersten Insolvenz an einen skandinavischen Verkäufer übergegangen. Die Eigentümer sollen weiterhin „eine aktive Rolle im Restrukturierungsprozess einnehmen“, teilte Zanders mit. Das Unternehmen geht davon aus, dass das Insolvenzverfahren in zwei bis drei Monaten eröffnet sein wird. Löhne und Gehälter sind zunächst über das Insolvenzgeld gesichert.
Über den Beschichtungsspezialisten Klaus Stahl Industrielackierungen (KSI) ist das im Dezember beantragte Schutzschirmverfahren eröffnet worden. Sachwalter ist Thomas Oberle (SZA Schilling, Zutt & Anschütz). Generalbevollmächtigter ist Steffen Rauschenbusch (Ernestus Rechtsanwälte). Mit Unterstützung der Unternehmensberatung Bachert & Partner wurde in den zurückliegenden Wochen ein Sanierungsplan ausgearbeitet, der eine Fortführung des Unternehmens in allen Geschäftsbereichen vorsieht. Das Verfahren soll im ersten Halbjahr 2021 abgeschlossen werden, eine Gläubigerversammlung findet Ende Mai statt. KSI beschäftig 170 Mitarbeiter.
FINANCE-Themenseite
Das auf Aluminiumveredelung spezialisierte Unternehmen HAI Kurtscheid hat wegen drohender Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzantrag gestellt. Vorläufiger Insolvenzverwalter ist Alexander Jüchser (Lieser Rechtsanwälte). Das Unternehmen soll über eine übertragende Sanierung an einen neuen Investor verkauft werden.
Geschäftsführer Stefan Frank übernimmt gemeinsam mit den Investoren Hans-Joachim und Gisa Sander Teile des insolventen Schuhherstellers Peter Kaiser Gruppe, darunter die Marke, Lagerware sowie eine Immobilie am Standort Pirmasens. Von der Serienproduktion in Deutschland will Peter Kaiser sich verabschieden, künftig sollen Prototypen entwickelt werden. Das Werk in Pirmasens mit fast 200 Mitarbeitern muss schließen. Die sechs Stores und der Onlineshop wollen die neuen Eigentümer dagegen weiterbetreiben. Als Generalbevollmächtigter begleitete Martin Mucha (Grub Brugger) die Restrukturierung der Peter Kaiser Gruppe, Sachwalter war Günter Staab (Staab & Kollegen). Die Investorensuche begleitete die Beratungsgesellschaft Bachert & Partner. Das Investorenpaar Sander wurde von Leonhardt Rattunde beraten. Die Familie Sander zählte auch zu den Aktionären von Vapiano, das im vergangenen April Insolvenz angemeldet hat.
Distressed M&A-Deals
Das insolvente Nürnberger Sicherheitsunternehmen Engelhardt wird an den Wettbewerber Power Personen-Objekt-Werkschutz übertragen. Durch den Verkauf bleiben rund 270 Arbeitsplätze erhalten. Insolvenzverwalterin war Elske Fehl-Weileder (Schultze & Braun). Den M&A-Prozess begleitete Concentro Management. Der Käufer setzte sich in einem Bieterprozess mit mehr als einem Dutzend Interessenten durch, juristisch wurde er von Jörg Steinheimer (Kanzlei Lieb Rechtsanwälte) beraten. Die Power-Gruppe beschäftigt insgesamt rund 1.500 Mitarbeiter.
Die chinesische Unternehmerin Wenhong Yu übernimmt Unternehmen für Beleuchtungstechnik Ludwig Leuchten, das derzeit ein Eigenverwaltungsverfahren durchläuft. Die Übernahme soll etwa 50 Arbeitsplätze sichern. Matthias Nierhaus (Kanzlei Wellensiek) trat während des Verfahrens als Generalbevollmächtigter in die Geschäftsleitung ein, Sachwalter war Paul Abel (Anchor).
Für die MAN-Betriebsstätte Plauen gibt es eine neue Perspektive: MAN hat sich mit dem Sonderfahrzeughersteller Binz „in Grundzügen“ auf einen Verkauf der Betriebsstätte geeinigt, teilte der Konzern mit. Im vergangenen September hatte MAN die Schließung des Werks angekündigt. Binz will neben Liegenschaften und Fertigungsanlagen auch die Mitarbeiter des Standorts übernehmen. Der Betriebsübergang soll zum 1. April erfolgen.
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Der insolvente Werkzeughersteller Joh. Friedrich Behrens hat nach eigenen Angaben ein konkretes Kaufangebot eines ausländischen Investors vorliegen. Den Namen des Interessenten nannte das Unternehmen nicht. Es handle sich um ein bindendes Angebot, das mit dem Sachwalter und dem Gläubigerausschuss weiterverfolgt werde. Der Geschäftsbetrieb von Behrens soll bis Anfang Mai an den potentiellen Käufer übergehen.
Der Immobilien-Investmentmanager Invesco Real Estate hat für ein deutsches Hotelportfolio eine neue Betreibergesellschaft gefunden. Die Westmont Hospitality Group wird künftig zehn Hotels der Marken Holiday Inn, Holiday Inn Express und Crowne Plaza in Deutschland managen und betreiben. Der vorherige Betreiber Tidal Operations Germany (TOG) hatte im Juni zunächst ein vorläufiges Eigenverwaltungsverfahren und von September an ein Insolvenzverfahren durchlaufen. Insolvenzverwalter war Michael Bremen (Pluta). Übergangsweise hatte nach der Insolvenz der Markengeber der Hotels, die InterContinental Hotels Group (IHG), das Management der Häuser übernommen. Durch den Übergang an den neuen Betreiber können knapp 300 Arbeitsplätze gerettet werden. Ein Team von GvW Graf von Westphalen (Federführung Christian Zerr und Wolfram Desch) hat Invesco beraten. DLA Piper (Federführung Mike Danielewsky und Florian Bruder) hat IHG begleitet.
Beendete Insolvenz- und Sanierungsverfahren
Das Industrieunternehmen IBG Monforts ist über ein Insolvenzplanverfahren saniert worden. Das Insolvenzverfahren war am 1. Dezember 2020 eröffnet worden, Insolvenzverwalter war Biner Bähr (White & Case). Anfang Februar hatten die Gläubiger dem Insolvenzplan mehrheitlich zugestimmt, das Verfahren wurde inzwischen aufgehoben. Rechtlich wurde IBG Monforts von Robert Fliegner (Runkel Rechtsanwälte) beraten, betriebswirtschaftlich begleitete die Unternehmensberatung Hahn Consultants das Unternehmen.
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Die Gläubiger von Tadano Demag und Tadano Faun haben den Sanierungsplänen für beide Unternehmen zugestimmt. Das Amtsgericht Zweibrücken hatte die Schutzschirmverfahren für die zwei Firmen im Januar 2021 eröffnet. Generalbevollmächtigter beider Unternehmen ist Martin Mucha (Grub Brugger), Sachwalter ist Arndt Geiwitz (SGP Schneider Geiwitz). Die Kranhersteller wollen die Verfahren spätestens zum Ende des ersten Quartals verlassen. Im Rahmen des Sanierungsplans wollen die Unternehmen unter anderem die Abläufe zwischen den Standorte Zweibrücken und Lauf verbessern sowie Produktionsprozesse standardisieren. Zudem gab es an beiden Standorten einen Personalabbau. Dem SR zufolge sind 392 Mitarbeiter in Zweibrücken und 114 im bayrischen Lauf betroffen, für die zum 1. Februar in eine Transfergesellschaft eingerichtet wurde.
Das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Druck- und Verlagshauses Frankfurt am Main ist abgeschlossen worden. Laut Insolvenzverwalter Frank Schmitt (Schultze & Braun) erhalten die knapp 1.000 Gläubiger von Druckerei und Verlag eine Insolvenzquote von rund 25 Prozent. Die im Verlag erscheinende Tageszeitung „Frankfurter Rundschau“ war 2013 zunächst an die F.A.Z. und 2018 an den Medienkonzern Ippen weiterverkauft worden. Mitte dieses Jahres soll auch die vierte und letzte Tranche des mit 4 Millionen Euro dotierten Sozialplans ausgezahlt werden.
Weitere Restrukturierungen und Branchennews
Takko
Der Bekleidungsdiscounter Takko erhält keine finanzielle Unterstützung vom Land Nordrhein-Westfalen. Die Gespräche über eine Landesbürgschaft für einen kurzfristigen Überbrückungskredit seien „de facto gescheitert“, teilte das Unternehmen in dieser Woche mit. Der erneute Lockdown kostet Takko nach eigenen Angaben wöchentlich 10 Millionen Euro, allein im zweiten Lockdown habe der Discounter fast 130 Millionen Euro liquider Mittel verloren. Den Bürgschaftsantrag hatten die Wirtschaftsprüfer von PwC geprüft, die Bedingungen für die Bürgschaft waren Takko zufolge „nach intensiven Verhandlungen mit Banken, Investoren und Partnern“ nicht erfüllbar. Die Landesregierung wiederum teilte mit, Takko habe ein Bürgschaftsangebot „nicht angenommen“. FINANCE-Informationen zufolge planen nun die Gläubiger, dem Modekonzern finanziell unter die Arme zu greifen. Über einen Brückenkredit wollen sie dem Unternehmen 50 Millionen Euro zur Verfügung stellen.
Siemens will Ende 2023 den niederbayerischen Standort Ruhstorf schließen, an dem der Konzern unter anderem Antriebe für die Öl- und Gasindustrie fertigt. Die Produktion solle bis Herbst 2023 auslaufen, berichtet das „Handelsblatt“ unter Berufung auf einen Siemens-Sprecher. Das Unternehmen will die Produktion künftig in Nürnberg konzentrieren. Von den 330 Arbeitsplätzen soll ein Teil dorthin verlagert werden, etwa 120 Stellen fallen voraussichtlich weg.
Die neuesten Restrukturierer-Personalien
Josef Schultheis hat den Posten als CRO der Swiss Steel Group abgegeben. Schultheis habe seine Position „wie vorgesehen“ Ende Februar verlassen, teilte der Stahlkonzern mit. Schultheis war seit August 2020 Mitglied der Konzernleitung und hat unter anderem die finanzielle Restrukturierung inklusive Kapitalerhöhung vorangetrieben.
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