Der Kampf um die Macht bei Tele Columbus gewinnt an Schärfe. Obwohl das Unternehmen die Hauptversammlung von Mitte Juni auf Ende August verschoben hat, um Zeit für einen Einigung zu gewinnen, formiert sich Widerstand gegen den überraschenden Vorstoß von United Internet, eigene Kandidaten für jeden einzelnen Aufsichtsratssitz ins Rennen zu schicken. Will United-Chef Ralph Dommermuth damit etwa Tele Columbus über den Aufsichtsrat komplett auf die eigenen Interessen ausrichten? Im FINANCE-Interview erhebt Patrick McNeill, Partner des Finanzinvestors Alatus, schwere Anschuldigungen gegen United Internet.
Herr McNeill, im Kampf um die Macht bei Tele Columbus haben Sie Ihre Beteiligung auf annähernd 5 Prozent aufgestockt und stellen sich frontal gegen den größten Aktionär United Internet und die Kandidaten, die dieser für den Aufsichtsrat nominiert hat. Was stört Sie daran? Immerhin sind das sechs Fachleute.
Wir bei Alatus Capital sind alarmiert angesichts dieser Situation, die die Interessen aller Stakeholder von Tele Columbus gefährdet. United Internet verhält sich feindselig gegenüber dem Unternehmen, dem Management und seinen Mitaktionären. Das Unternehmen ist ein Wettbewerber von Tele Columbus, dessen Ziele in direktem Konflikt zu den Interessen der anderen Aktionäre stehen können.
Das sind schwere Vorwürfe. Könnten Sie das bitte präzisieren?
Es geht uns darum, eine angemessene Governance-Struktur bei Tele Columbus sicherzustellen. Der CEO von United Internet, Ralph Dommermuth, versucht, mit weniger als 30 Prozent der Anteile die Kontrolle über Tele Columbus zu übernehmen. Die Mitglieder des Aufsichtsrats sollten aus unserer Sicht nicht nur fachlich kompetent, sondern auch unabhängig von Einzelinteressen im Sinne aller Aktionäre und des Unternehmens agieren. Die Kandidatenvorschläge von Tele Columbus erfüllen diese Kriterien, die Kandidaten von United Internet tun dies nicht.
Alatus Capital
Warum nicht?
Zu den sechs von United Internet vorgeschlagenen Kandidaten zählen zwei Manager der Internet-Tochter des Konzerns, 1&1, die beim Festnetz-Internetzugang direkt mit Tele Columbus konkurriert. Ein weiterer Kandidat ist Vize-Aufsichtsratsvorsitzender von United Internet und Aufsichtsratschef von 1&1 Drillisch. Zwei Kandidaten waren zudem bereits im Aufsichtsrat, als Tele Columbus in operative Schwierigkeiten geriet, einer davon als Vertreter von United Internet. So sieht kein Aufsichtsrat aus, der die Interessen aller Aktionäre adäquat vertritt. Darüber hinaus gefährdet die durch United Internet verursachte Unruhe den immer noch fragilen Turnaround, den das neue Management-Team initiiert hat. Aus unserer Sicht muss die Umsetzung der Turnaround-Strategie jetzt oberste Priorität haben. United Internet hingegen mag als Wettbewerber von Tele Columbus andere Prioritäten haben.
„United könnte jede Transaktion blockieren“
Welche sollen das denn sein?
Ich kann nicht für United Internet sprechen, aber Tele Columbus verfügt über ein wertvolles Netzwerk von Glasfaser- und Kabel-Assets, die bei der Bereitstellung von Breitband-Internet-Dienstleistungen einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil ausmachen können. Wir glauben, dass United Internet künftige Diskussionen um diese Assets mitbestimmen will, insbesondere da das Unternehmen gerade selbst versucht, ein voll integrierter Teilnehmer im deutschen Telekommunikationsmarkt zu werden.
Wenn Sie Recht hätten, dürfte es United Internet überhaupt nicht gefallen, dass die Tele-Columbus-Führung gerade einen Teilverkauf des Netzes an externe Investoren prüft. Würden Sie einen solchen Deal unterstützen?
Unserer Ansicht nach muss sich das Management von Tele Columbus alle strategischen Optionen anschauen, um den Erfolg im laufenden Geschäft sicherzustellen und um den Shareholder Value zu maximieren. In der Tat hat das Management verkündet, dass es neue Wege prüft, um Wert aus ihrem Telekomnetzwerk zu heben. Noch sind dazu keine Details bekanntgegeben worden, aber ein solcher Prozess könnte potenziell erheblichen Wert freisetzen und die Bilanzsituation entspannen. Im Interesse aller Aktionäre sollte so etwas daher erwogen werden. Fraglich ist dagegen, ob eine solche Transaktion im Sinne von United Internets eigenem Geschäft wäre. Indem die Kontrolle des Aufsichtsrats von Tele Columbus übernommen wird, könnte United Internet jede Transaktion blockieren, die ihrem eigenen Geschäft schadet – selbst wenn sie im Interesse der anderen Aktionäre von Tele Columbus wäre.
Alatus wähnt Tele Columbus vor dem Turnaround
Das ist Ihre kritische Sicht auf die Vorgänge der vergangenen Wochen. Man kann aber auch andere Gründe für den Vorstoß von United Internet finden, allen voran den Absturz der operativen Performance und des Aktienkurses von Tele Columbus. Das hat United Internet Abschreibungen in dreistelliger Millionenhöhe eingebrockt.
Tele Columbus hat seit 2018 ein neues Management-Team, das von CEO Timm Degenhardt und CFO Eike Walters geführt wird. Sie haben gerade die Integration von Pepcom abgeschlossen und große Fortschritte bei Kundenzufriedenheit und Kundenwechselrate gemacht. Der Vorschlag von Tele Columbus für den Aufsichtsrat sieht vor, dass drei Gremiumsmitglieder durch starke neue Kandidaten ersetzt werden, einschließlich eines neuen Aufsichtsratsvorsitzenden. Wir sind überzeugt, dass der Veränderungsprozess bei Tele Columbus bereits im Gange ist und es keines aggressiven Vorstoßes durch United Internet bedurft hätte.
Tele Columbus hat sich stabilisiert. Eines so aggressiven Vorstoßes durch United Internet hätte es nicht bedurft.
United Internet hat aber ein gewichtiges Argument für seine Position, dass jetzt endlich etwas passieren muss. Bei einem Leverage von 6,2x Ebitda segelt Tele Columbus gerade gefährlich nah an der Grenze der Covenants.
Es stimmt, dass Tele Columbus hoch verschuldet ist. Aber das operative Geschäft hat sich stabilisiert, und wir erwarten in der zweiten Jahreshälfte eine Rückkehr auf den Wachstumskurs. Die große bestehende TV-Kundenbasis bietet signifikante Chancen für Umsatzwachstum durch Cross-Selling schneller Breitbandangebote. Gleichzeitig werden die aktuell hohen Investitionen in die Netzwerkinfrastruktur ebenso sinken wie die Cash-Abflüsse durch Einmaleffekte. Dadurch sollte mittelfristig der Free Cashflow steigen, und auch die Bilanzsituation wird sich verbessern. Es ist daher von größter Bedeutung für die Zukunft von Tele Columbus, dass das Management den eingeschlagenen Weg fortsetzen kann. Ein erster Schritt dazu muss darin bestehen, bei der Hauptversammlung, die in Folge der nicht abgestimmten Initiative von United Internet vor wenigen Tagen auf den 29. August verschoben wurde, die von Tele Columbus vorgeschlagenen Aufsichtsratskandidaten zu unterstützen.
Info
Alatus Capital mit Sitz in Genf ist ein Asset-Manager, der langfristig in europäische Unternehmen investiert und ein Vermögen in Höhe eines nicht näher benannten Milliardenbetrags verwaltet. Zu den Investoren von Alatus gehören eigenen Angaben zufolge Stiftungen, Universitäten, Family Offices und Pensionskassen. Alatus ist mehr als drei Jahren an Tele Columbus beteiligt und hat seinen Anteil vor wenigen Tagen auf nahezu 5 Prozent aufgestockt.