Beim Stahl- und Industriekonzern ThyssenKrupp steht offenbar erneut ein weitreichender Konzernumbau bevor: Laut einem Bericht des „Handelsblatts“ sollen die Sparten Komponentenfertigung („Components“) und Anlagenbau („Industrial Solutions“) aufgelöst und die Holding drastisch zusammengestrichen werden. Demnach sollen bis auf wenige Töchter die Aktivitäten verkauft werden, dazu seien bereits erste Gespräche geführt worden.
Im ersten Schritt könnten zunächst Partnerschaften mit Mitbewerbern gegründet werden, Ziel sei dann aber der Verkauf, zitiert das Blatt einen Manager. So würden im Bereich Anlagenbau für die Unterbereiche „Zement“, „Chemie“ und „Mining“ bereits Partner gesucht.
Mit diesem Schritt soll der Konzern effizienter und schneller aufgestellt werden. Beide Sparten sollen im Branchenvergleich unter unterdurchschnittlichen Margen leiden. Im Anlagenbau konnte der Konzern den Vorsteuerverlust im Neun-Monats-Zeitraum nur leicht von 131 Millionen Euro auf 124 Millionen Euro reduzieren. Im Bereich Komponentenfertigung ist der Vorsteuergewinn im selben Zeitraum von 231 Millionen Euro auf rund 158 Millionen Euro geschrumpft.
ThyssenKrupp kürzt bei der Verwaltung
Dem Bericht zufolge soll Neu-CEO Martina Merz dieses Konzept am heutigen Dienstag dem Top-Management vorstellen. Die Pläne sollen noch vom Vorstand um Vorgänger Guido Kerkhoff ausgearbeitet worden sein, dessen Nachfolge Merz vor einer Woche angetreten hat. Das überrascht, immerhin war Kerkhoff dafür kritisiert worden, den Umbau nicht vehement genug angegangen zu sein.
Mit dem radikalen Schritt könnten aber auch noch weitere Veräußerungen einher gehen. So sei der Umbau der „Einstieg in den Ausstieg“ zitiert die Wirtschaftszeitung einen nicht genannten hochrangigen Manager des Konzerns. Auch die weltweit 160.000 Mitarbeiter des Traditionskonzern werden nicht von den Umbauplänen verschont, hier soll jede dritte Stelle betroffen sein.
Wie die „Bild-Zeitung“ erfahren hat, soll in einem ersten Schritt vor allem die Führungs- und Verwaltungsstruktur verschlankt werden. Die Verwaltungskosten sollen von 380 auf unter 200 Millionen Euro fast halbiert werden. Eine Konzernsprecherin wollte sich auf FINANCE-Anfrage nicht zu den Medienberichten äußern.
ThyssenKrupp muss immense Schulden abbauen
Mit einem solchen Umbau würde sich der Konzern auf das Stahlgeschäft fokussieren. Der Gewinnbringer war allerdings zuletzt in die roten Zahlen gerutscht: Hatte die Sparte im Vorjahreszeitraum zwischen Oktober und Juni noch ein Ebit von 597 Millionen Euro erwirtschaftet, steht für das laufende Geschäftsjahr bisher ein Verlust von 75 Millionen Euro im Raum.
Vorstandschefin Merz steht daher unter enormem Zeitdruck, den schwachen Cashflow zu erhöhen. So hatte Vorgänger Kerkhoff noch mittelfristig vorgesehen, den Free Cashflow (FCF) vor Zu- und Verkäufen in den nächsten zwei Jahren auf mindestens 1 Milliarde Euro zu steigern. Dieser dürfte laut Prognosen in diesem Geschäftsjahr noch bei unter minus 1 Milliarde Euro liegen.
Zudem lasten auf dem Essener Konzern Gesamtverbindlichkeiten in Höhe von 30,6 Milliarden Euro, davon unter anderem 5,1 Milliarden Euro Nettofinanzverbindlichkeiten und 7,9 Milliarden Euro für Pensionsrückstellungen.
Diese Schulden könnten mit dem geplanten Verkauf der hochprofitablen Aufzugssparte, deren Wert auf bis zu 18 Milliarden Euro geschätzt wird, ordentlich reduziert werden. Mit Blick auf die Fokussierung auf das neue, alte Kerngeschäft Stahl sind aber auch Investitionen in diesem Bereich nötig.