Schwächelnde Beteiligungen, Abgang eines wichtigen Managers, neuer Finanzchef: Bei der Holding der deutschen Milliardärsfamilie Reimann scheint derzeit kein Stein auf dem anderen zu bleiben. Der Niederländer Bart Becht wird die Schaltzentrale der Familie überraschend verlassen und nach 40 Jahren im Laufe des Jahres in den Ruhestand gehen, wie die JAB Holding mitteilte. Wann der 62-Jährige die Holding verlässt, blieb unklar.
Becht galt als einer der drei Strategen, der für die zuletzt aggressive M&A-Strategie der Reimanns verantwortlich war. Zusammen mit dem Franzosen Olivier Goudet und dem Deutschen Peter Harf bildete er den Partnerkreis der JAB Holding und saß in den Aufsichtsräten und Vorständen mehrerer Reimann-Beteiligungen.
Gemeinsam hält das Partner-Trio einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zufolge 10 Prozent der Holding, was rechnerisch rund 500 Millionen Euro entspräche. Mit Bechts Rückzug schrumpft der Partnerkreis auf zwei Köpfe: Harf und Goudet sollen laut Informationen der FAZ künftig die Investmentstrategie überwachen.
JAB Holding bekommt einen neuen CFO
Parallel dazu ernannte JAB den Franzosen Fabien Simon zum neuen Finanzchef der Holding. Er leitete für die Reimanns vier Jahre lang die Integration der Kaffeegeschäfte und arbeitete davor 14 Jahre lang bei dem Nahrungsmittelkonzern Mars.
Hinzu kommen zwei weitere Personalien: Der Pole Jacek Szarzynski soll das Kaffeehausgeschäft voranbringen. Er kommt ebenfalls von Mars. Ricardo Rittes soll sich von Brasilien aus um die Expansion in Schwellenländern kümmern und für JAB ein Büro in Sao Paulo eröffnen. Der Finanzexperte, der zunächst für den Private-Equity-Investor Advent arbeitete, war 14 Jahre bei AB Inbev, wo er als Treasury-Chef Finanzierungen im Volumen von 75 Milliarden US-Dollar verantwortete.
Unglückliches Coty-Investment belastet Becht
Zu den Gründen für die personellen Wechsel schweigt die Reimann-Familie. Die FAZ bringt Bechts Rückzug mit dem schwächelnden Geschäft einer Beteiligungen an dem börsennotierten US-Kosmetikonzern Coty in Verbindung. Dieser hatte 2015 ein Markenportfolio im Wert von 12,5 Milliarden Euro von dem Konsumgüterkonzern Procter & Gamble übernommen. Das Geschäft hat sich für die Deutschen bislang nicht ausgezahlt, denn die Coty-Aktie ist erheblich unter Druck.
Für die Coty-Aktie ging es seit dem Reimann-Einstieg stark bergab
Reimann-Familie stemmte mehrere Milliardendeals
Coty ist nicht die einzige Milliarden-Übernahme, die die Reimanns gestemmt haben. Vor einem Jahr übernahm die Familie zusammen mit anderen Investoren für 18,7 Milliarden Dollar den US-Getränkehersteller Dr Pepper Snapple und legten diesen mit dem Kaffeeröster Keurig zusammen. Dessen Übernahme ließ sich die Familie zuvor 14 Milliarden Dollar kosten.
Auch an den börsennotierten Haushaltswarenhersteller Reckitt Benckiser, der Keimzelle der Familienholding, halten die Reimanns eine Beteiligung. Hinzu kommen weitere nicht börsennotierte Unternehmen.