Finanzabteilungen, die bereits mit einer Blockchain arbeiten oder arbeiten wollen, könnten bald von einer neuen, derzeit noch in der Entwicklungsphase steckenden Kryptowährung profitieren: IOTA. Die Währung, die schon im Namen ihren Anwendungsbereich IOT – Internet of Things – trägt, ist besonders für CFOs aus der Handels- und Industriebranche interessant.
Sie soll als schnelles und günstiges Zahlungs- und Kommunikationsprotokoll dienen und wird als Forschungsprojekt eines internationalen Unternehmerkonsortiums konsequent für diesen Anwendungsbereich entwickelt. Mit an Bord der sogenannten IOTA-Foundation sind globale Handels- und Vernetzungspartner wie Cisco, Samsung, Microsoft, Fujitsu oder Huawei. Auch deutsche Produzenten mit langen Lieferketten und Technologieanbieter wie Bosch, Telekom, VW und Audi unterstützen die Entwicklung dieses digitalen Bezahlsystems.
Konzerne und Regierungen treiben die Blockchain an
Der Grund, warum so viele Konzerne an der Entwicklung einer Technologie wie IOTA mitarbeiten, ist einfach: Potential, Zahlungsprozesse zu automatisieren, besteht überall dort, wo im globalen Handel Daten verarbeitet oder Transaktionen getätigt werden – und vor allem an jenen Stellen, an denen menschliche Interaktion nur noch dazu da ist, Zahlungen auszuführen oder Daten zu übertragen beziehungsweise zu überwachen – händische Prozesse ohne großen Mehrwert, die theoretisch auch von Maschinen erbracht werden könnten.
Aus einer ähnlichen Logik heraus entstand bereits die Blockchain, die im zunehmenden Maße auch von globalen IT- und Handelskonzernen wie IBM, Intel oder Amazon und Alibaba unterstützt wird. Auch Regierungen, etwa in den USA, China, aber auch in Deutschland stellen die Weichen in Richtung Blockchain. Vor wenigen Wochen stellte die Bundesregierung eine nationale Blockchain-Strategie vor. Doch noch gibt es für Unternehmen technische Hürden bei der Implementierung – die IOTA helfen soll zu überwinden.
Was IOTA besser als die Blockchain kann
Doch was kann IOTA tatsächlich besser als die Blockchain, die bislang noch als der Standard gilt, um die Datenverarbeitung der internationalen Handelsbranche weiter zu automatisieren? Der Aufbau der Blockchain ist ausgelegt auf maximales Vertrauen zwischen Transaktionspartnern und somit auch in die Blockchain selbst. Sie speichert, wie ihr Name bereits verrät, jede einzelne neue Information Block für Block sequenziell an eine Kette in das Hauptbuch, den sogenannten Distributed Ledger. Und erst nach aufwändiger Verifizierung wird das nächste neue Glied der Kette hinzugefügt. Die Konsequenz: Die Blockchain wird auf Dauer langsam und teuer.
Hier setzt IOTA an. Neben der sequenziellen Speicherung werden zusätzlich sogenannte Tangles (aus dem Englischen: Gewirr, Durcheinander) verwendet. Diese erlauben unendliche Skalierungen der Transaktionen innerhalb eines Blocks. Erst das endgültige Resultat erzeugt einen neuen Block. Damit kann IOTA umso größere Geschwindigkeitsvorteile entfalten, je mehr Transaktionen durchgeführt werden. Ein weiterer Vorteil: Einzelne Transaktionen verursachen niedrigere Energiekosten, denn sie werden nicht mehr über Mining-Farmen verifiziert, und neue Informationen müssen nicht mehr auf allen im Netzwerk beteiligten Geräten synchron gespeichert werden.
So funktionieren IOTAs
Am Beispiel einer Schiffsladung wird das Leistungsvermögen von IOTAs anschaulich. Alle Beteiligten eines Schiffstransports, die Daten zu Waren und Ladungen auf ihrem Weg einsehen oder verwalten – zum Beispiel Absender, Zollbeamte oder Hafenbetreiber – können je nach Zugriffsrechten alles, was im Hauptbuch der Kryptowährung zu diesem Schiff oder Container gespeichert ist, abrufen, verwalten oder neu beschreiben.
So kann nur der Absender neue Daten einer Schiffsladung, eines einzelnen Containers oder der jeweiligen Produkte hinzufügen und diese mit den notwendigen Dokumenten wie Lieferscheinen oder Frachtbriefen und dem Kryptogeld versehen. Diese „Wallet“, also die Geldbörse mit den IOTAs, ist dabei in Echtzeit in das Cash-Management-System des jeweiligen Handelsunternehmens eingebunden. So werden zu entweder vordefinierten Events automatisierte oder aber in Echtzeit durchgeführte Zahlungen ermöglicht.
Weiterer Vorteil, insbesondere für Treasurer: IOTAs werden im Gegensatz zu klassischen Währungen ohne Umweg über Intermediäre oder Zwischenhändler von oder auf das Unternehmenskonto gebucht und können zudem eindeutig Containern oder einzelnen Waren zugeordnet werden. IOTA macht sämtliche Einheiten wie Maschinen, Schiffe, Container oder Produkte zu eigenständigen Identitäten, die – selbstständig oder steuerbar – jederzeit transparent untereinander Zahlungen empfangen und auslösen können.
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Stellt zu einem späteren Zeitpunkt ein Hafenbetreiber oder Zollbeamter eine Datenanfrage, so stellt das digitale Bezahlsystem diese zugriffsgesteuert bereit und löst zuvor definierte Aktionen wie Datenaustausch, Zahlungen oder Verifizierungen aus. Zeitgleich meldet die Ladung dem Handelsunternehmen und allen anderen Beteiligten in Echtzeit, wenn sie für den Export freigegeben ist oder das Gate überschritten hat, aber auch, wenn die Hafengebühr bezahlt oder die Ware auf ein anderes Schiff geladen wurde und den Hafen wieder verlassen hat. Im Hauptbuch, dem Tangle, wird jeder einzelne Vorgang gespeichert. Zumindest in der Theorie reduziert dies bei internationalen Warensendungen das Risiko unnachvollziehbarer oder unvollständiger Informationen erheblich.
Supply-Chain der Zukunft: Mehr als nur Ketten?
IOTA könnte somit die erste Anwendung sein, die eine Krypto-Technologie zum Durchbruch führt, aber ohne Blockchain auskommt. Noch ist nicht absehbar, ob sich IOTA als Währung der Industrie und Maschinen tatsächlich durchsetzt. Derzeit versuchen Forscher einige Probleme zu beheben. So haben die Tangles, in denen die vielen Minitransaktionen stattfinden, geringere Integritäts- und Sicherheitsanforderungen.
Auch der niedrige IOTA-Kurs zeigt das frühe Entwicklungsstadium. Und hier liegt auch die vermutlich größte Hürde auf dem Weg, die IOTAs zu etablieren: Spekulative Kursschwankungen wie beim Bitcoin würden die Alltagstauglichkeit in Frage stellen, besonders für Warensendungen mit längeren Transportzeiträumen. Für Treasurer wären große Wertschwankungen während der „Reise“ der eigenen Waren vermutlich nicht akzeptabel.
Trotzdem sollten CFOs die Entwicklung IOTAs nicht außer Acht lassen. Gelingt es ihren Entwicklern, die IOTA-Technologie zur Reife zu führen, könnte eine auf Automatisierung ausgelegte Handelstechnologie den Welthandel und den Zahlungsverkehr merklich verändern. Mit der IOTA könnten zudem neue skalierbare Geschäftsmodelle entstehen. Tatsächlich besteht sogar die Chance, dass IOTA dank der inhärenten Geschwindigkeits- und Kostenvorteile auf lange Sicht zum State-of-the-Art einer vollautomatisierten und hochskalierbaren Supply-Chain werden könnte.