Eine gute Business-Intelligence-Einheit ist für das Controlling ein Traum. Unternehmen können durch sie weltweit tagesaktuell Unternehmensdaten für das Reporting sammeln und auswerten. Das ermöglicht dann punktgenaue Szenario-Analysen und kann so auch die CFOs glücklich machen. Doch der deutsche Mittelstand hinkt im internationalen Vergleich wie bei vielen Digitalisierungsentwicklungen hinterher. „Das Forecasting, wie es in vielen Unternehmen jetzt gemacht wird, muss in Frage gestellt werden“, sagte jüngst auch Christian Campagna von der Unternehmensberatung Accenture im Gespräch mit FINANCE-TV.
Finanzchefs fürchten vor allem die hohen Kosten solcher Vorhaben. Die Ängste sind zum Teil berechtigt: Erst vor wenigen Wochen musste die Deutsche Post satte 345 Millionen Euro aufgrund eines schief gegangenen IT-Projekts abschreiben.
Business Intelligence macht viele Controller-Aufgaben überflüssig
Die Themen Digitalisierung und Big Data sind aber allgegenwärtig und werden nicht verschwinden. Besonders betroffen von der Entwicklung ist das Berufsbild des Controllers: Musste er früher noch Daten häufig manuell sammeln und Analysen durchführen, entfällt durch Business Intelligence diese ursprüngliche Aufgabe weitestgehend. „Dadurch wird die intelligente Auswertung der gesammelten Daten für das Controlling immer wertvoller“, sagt Andreas Ries, Partner bei der Unternehmensberatung KPMG. Denn nur so werden viele Controller auch in Zukunft eine Daseinsberechtigung haben. Grundlage für eine funktionierende BI-Unit ist eine moderne IT und damit einhergehende ERP-Systeme.
„CFOs müssen bei einem BI-Projekt das ganze Controlling abholen“
Doch wie können Finanzchefs ihr Controlling auf den Aufbau einer BI-Einheit vorbereiten? Einem CFO, der die Business Intelligence für sein Unternehmen verbessern will, empfiehlt Controlling-Experte Andreas Ries in kleinen Schritten vorzugehen: „Mein Tipp: Nehmen sie sich für die erste Entwicklungsstufe nicht zu viel vor. Diesem komplexen Thema nähert man sich am besten schrittweise“, rät er.
Damit am Ende valide Daten herauskommen, müssen die Grundlagen stimmen. Dafür sollten Mittelständler, die die IT-Weiterentwicklung oft vernachlässigen, auch die Unternehmenskultur verändern. Denn die Mitarbeiter müssen sich an die neuen Analyse-Instrumente oft erst gewöhnen. „CFOs müssen bei einem BI-Projekt die gesamte Controlling-Organisation abholen und befähigen“, sagt Ries.
Zunächst sollten Finanzchefs laut Ries das Controlling auf Vordermann bringen. Das bedeutet eine stabile integrierte Unternehmensplanung, verlässliche Profitabilitätsanalysen sowie einen akkuraten Cash-Flow-Forecast. Erst wenn diese Schritte erfolgreich abgeschlossen wurden, sollten sich Unternehmen zum Beispiel intelligentere Analysen vornehmen. Aus Markt-, Kunden- oder Prozess-Daten lassen sich dann kurzfristige Impulse in der Geschäftssteuerung sowie notwendige Anpassungen im Geschäftsmodell ableiten.
Mit Business Intelligence können Controller dem CFO besser zuarbeiten
Durch eine gut ausgestattete BI-Einheit und die damit einhergehende schnelle und umfassende Datenverarbeitung können Controller dem Management die Entscheidungsfindung deutlich erleichtern und beschleunigen: „Die Reaktionsfähigkeit kann bei einem Krisenfall durch gute Business Intelligence massiv gesteigert werden“, sagt KPMG-Experte Ries.
Wichtig ist es aber auch, den Controllern beizubringen, wie sie die neugewonnen Daten an ihren CFO weitergeben. Denn dessen Entscheidungen beruhen letztlich darauf. „Die Zeiten, in denen Controller ihrem CFO nur rückblickend Kennzahlen mitteilen, sind längst vorbei“, sagt Ries. Der Controller müsse die gewonnenen Informationen vor allem bewerten und in konkrete Steuerungsimpulse umsetzen können.
Controller müssen durch den Aufbau einer BI-Einheit aber nicht zu IT-Experten werden: „Der Weg des Controllers führt hin zum Berater, Analysten oder zum Managementcoach“. Laut Ries brauchen die Kontrolleure daher eher ein „Fahrtraining“, als dass sie die neuen Systeme bis ins letzte Detail verstehen und im Notfall selbst bauen müssen.
Das kostet Business Intelligence
„Die Kosten für den Aufbau eines guten BI-Systems schwanken je nach Vorausstattung und Zielzustand des Unternehmens sehr stark“, sagt Andreas Ries von KPMG. Kleinere Standard-Lösung können Unternehmen bereits ab 20.000 Euro erwerben. „Wenn CFOs für das Controlling größerer Unternehmen umfassendere Tools benötigen oder gar ein Daten-Center aufbauen wollen, dann belaufen sich die Investitionen schnell auf Summen im mittleren bis hohen sechsstelligen Bereich“, schätzt KPMG-Experte Ries.
Von der Planung bis zur Umsetzung dauere es bei kleineren Unternehmen in etwa drei Monate und binde zwei Mitarbeiter, sagt Ries. Bei größeren Projekten sollten Finanzchefs aus seiner Sicht von der Konzeption bis zur Einführung bis zu einem Jahr einplanen und sechs bis acht Personen – gemischt aus externen und internen Mitarbeitern – abstellen. „Wie groß der Bedarf letztlich ist, hängt von der konkreten Aufgabenstellung ab“, sagt Ries.
Digitalisierung: CFOs dürfen den Datenschutz nicht vergessen
Business Intelligence hat aber auch Nachteile: Unternehmen, die täglich wichtige Daten digital austauschen, machen sich verwundbar für Hacker: „Cyberkriminalität ist definitiv ein Thema“, sagt auch KPMG-Experte Andreas Ries. Aus seiner Sicht ist der Vorteil durch Business Intelligence aber schlicht zu groß, als dass der deutsche Mittelstand dieses Thema ignorieren kann. „Diese Erkenntnis ist bei den hiesigen Unternehmen aber oft noch nicht angekommen“, bemängelt Ries.
Beim Aufbau einer BI-Einheit müssen CFOs dennoch aufpassen. „Daten sind in Zeiten der Digitalisierung eine Währung und deren Auswertung in wettbewerbsintensiven Branchen zukünftig entscheidend für den Erfolg eines Unternehmens“, sagt KPMG-Experte Ries.
jakob.eich[at]finance-magazin.de
Info
Was sind die größten Bilanzierungsfehler? Wie sollten CFOs ERP-Systeme harmonisieren? Was gibt es bei Wandelanleihen zu bedenken? Tipps zu diesen Themen und vielen mehr finden Sie in den FINANCE-Ratgebern.
Jakob Eich ist Redakteur der Fachzeitungen FINANCE und DerTreasurer des Fachverlags F.A.Z Business Media, bei dem er auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Durch seine Zwischenstation bei der Schwesterpublikation „Der Neue Kämmerer“ ist der 1988 geborene Journalist auch versiert beim Thema Kommunalfinanzen. Erste journalistische Erfahrungen hat der gebürtige Schleswig-Holsteiner in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost gesammelt.