Unternehmen und ihren Finanzchefs fällt es immer schwerer, den Überblick über ihre Reporting-Systeme zu behalten. Wie eine Befragung der Unternehmensberatung EY unter gut 1.000 CFOs ergeben hat, stieg die Zahl der Finanzberichte im vergangenen Jahr bei sechs von zehn Unternehmen.
Die Landschaft der Reporting-Systeme ist zudem komplex: Mehr als die Hälfte der Antwortgeber gab an, mindestens elf Reporting-Standards oder -systeme im Einsatz haben. Das bleibt nicht ohne Folgen: 71 Prozent der Unternehmen gehen laut Studie davon aus, dass die zunehmende Komplexität zu Lasten der Effektivität in der Berichterstattung geht.
Datenschutz bereitet CFOs Kopfzerbrechen
Außerdem bereiten den CFOs die immer komplexeren Datenschutzvorgaben Kopfzerbrechen. 35 Prozent betrachten das Erfüllen von Compliance-Vorgaben und Sicherheitsstandards rund um den Datenschutz als größtes Problem im Reporting.
CFOs haben das Problem erkannt und steuern gegen: Neun von zehn Finanzchefs wollen in den kommenden zwei Jahren in die Reporting-Systeme investieren. Karsten Füser, bei der Unternehmensberatung EY für den Bereich Financial Accounting Services zuständig, sagt, worauf CFOs bei solchen Projekten achten sollten.
Herr Füser, wieso plagen sich CFOs mit so vielen Reporting-Systemen herum?
Das ist meistens historisch bedingt. Konzerne haben teilweise mehr als 100 Tochtergesellschaften. Überdies bringen Zukäufe oder Zusammenschlüsse eigene Herausforderungen mit sich, da es heterogene Systeme und zum Teil abweichende Reporting-Standards – beispielsweise US oder Japanese Gaap – zu integrieren gilt. Es ist offensichtlich, dass eine einheitliche Struktur in der Berichterstattung da nicht einfach ist. Wenn die Strukturen nicht flexibel genug aufgebaut sind und der Vorstand nicht auf die Integration achtet, sind schnell verschiedene Enterprise-Resource-Planning-Systeme, kurz ERP-Systeme, im Einsatz.
Wie können CFOs den Einsatz von zu vielen Systemen am besten vermeiden?
Das fängt mit der Datengrundlage an. Besonders deutsche Unternehmen sind technologisch oft noch nicht weit genug – oder achten schlicht nicht ausreichend darauf. Viele arbeiten zum Beispiel in ausländischen oder kleineren nationalen Tochtergesellschaften noch mit Excel, was die Vereinheitlichung sehr schwierig macht. Das Ziel muss aber eine integrierte Systemlandschaft sein, wo der CFO tagesaktuell Reports generieren lassen kann. Die Digitalisierung bietet über Robotics und Data Analytics gute Möglichkeiten, um den vielfältigen Herausforderungen effektiv begegnen zu können.
Inwiefern?
Das Auswerten und Analysieren von Daten kann teilweise sogar schon mit Maschinen gemacht werden, denken Sie an die Modelle und Methoden der künstlichen Intelligenz. CFOs können sich dann detaillierte Berichte und Analysen geben lassen, die viel fokussierter sind und wichtige Informationen rascher aufnehmen, ohne dass viel eigene Arbeitszeit in die Analyse fließt.
Text-Mining kann bei IFRS 16 helfen
Das klingt immer noch recht vage. Können Sie ein Beispiel nennen?
Bei Leasing-Standards wie IFRS 16 können Unternehmen viel automatisieren, da die Verträge sehr einheitlich sind. Mittels Text-Mining kann künstliche Intelligenz die wichtigsten Inhalte extrahieren und bündeln. Für Finanzmitarbeiter ist das eine zeitraubende und eintönige Arbeit.
Viele Finanzchefs trauen solchen Systemen aber nicht.
Ja, aber man kann diese Prozesse tatsächlich gut automatisieren. Entscheidend ist, dass Kontrollen gesetzt werden und dass die Datengrundlage in sich konsistent ist.
Der klassische Finanzexperte wird künftig sicher anderes Know-how brauchen. Ihre Studie belegt das: CFOs bemängelten die Fähigkeiten ihres Teams in Bezug auf Datenanalyse.
CFOs und ihre Mitarbeiter haben tatsächlich nicht die Brille eines Entwicklers auf. IT-Experten kennen sich aber umgekehrt meistens auch nicht in der Buchhaltung aus. Die Finanzbuchhaltung etwa ist komplex. Diese kann man zudem interpretieren, die Regeln ändern sich oft. Das ist für Entwickler schwierig, in Software zu gießen. Deshalb ist es besonders wichtig, bei IT- und Reporting-Projekten viel zu kommunizieren und die richtigen Kompetenzen zusammenzuführen. So eignen sich die Mitarbeiter das nötige Wissen fast automatisch an, um wechselseitig die Sprache des Anderen zu verstehen.
Jakob Eich ist Redakteur der Fachzeitungen FINANCE und DerTreasurer des Fachverlags F.A.Z Business Media, bei dem er auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Durch seine Zwischenstation bei der Schwesterpublikation „Der Neue Kämmerer“ ist der 1988 geborene Journalist auch versiert beim Thema Kommunalfinanzen. Erste journalistische Erfahrungen hat der gebürtige Schleswig-Holsteiner in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost gesammelt.