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CFOs stehen vor Daten-Frühjahrsputz

In vielen Unternehmen sind die Daten veraltet. CFOs müssen in den kommenden Monaten ordentlich entrümpeln.
nattaphol – stock.adobe.com

Seit Jahren hören CFOs, dass die Digitalisierung ihre Arbeit revolutionieren wird. Es gibt viele oftmals beratergetriebene Buzzwords wie Künstliche Intelligenz, Robotics oder Machine Learning. Die Versprechungen: Vollautomatsierte Prozesse, Monatsberichte auf Knopfdruck. Doch die Realität sieht in vielen Unternehmen deutlich trister aus.

Deshalb hat FINANCE mit Beratern und CFOs gesprochen, um herauszufinden, was Finanzchefs und ihre Mitarbeiter im Jahr 2021 in Bezug auf die Digitalisierung tatsächlich angehen sollten – und viele von ihnen auch werden. Der Start in das laufende Jahr war deutlich von der Coronakrise geprägt. Entsprechend ist die Liquiditätsplanung deutlich in den Fokus gerückt.

Echtzeitdaten: CFOs fehlt der Überblick

Das Problem: Viele Unternehmen haben weder gute Daten noch die Prozesse, um tagesaktuell ihre Cash-Ströme anzeigen zu können. Speziell aus Tochtergesellschaften aus dem Ausland erhalten Zentralen oft nur einmal im Monat aktuelle Zahlen. Auf einer solchen Basis lässt sich kaum eine gute Geschäftsentscheidung fällen.

Vielerorts fehlt schlicht noch das Vertrauen in die neuen Technologien. So gaben in einer Umfrage des Softwarespezialisten Blackline 50 Prozent der deutschen C-Level-Executives an, kein volles Vertrauen in ihre Finanzdaten zu haben. Als Grund nannten 38 Prozent der Befragten aus Deutschland unflexible Tabellenkalkulationen und veraltete Prozesse.

KPMG-CFO Peisger: „Wollen automatisieren“

Aus diesem Grund müssten sich Unternehmen vor allem um eine exzellente Datenqualität kümmern, sagt Justus Marquardt von KPMG. „Alles, was mit KI und Automatisierung zu tun hat, ist nur so gut wie das, was ich reinfüttere.“ Der Berater bekommt laut eigener Aussage noch häufig sehr rudimentäre Anfragen von CFOs, wie man sich generell für die Zukunft aufstellen müsse.

„Sie müssen quasi das Rückgrat des Unternehmens neu aufstellen, das ist keinesfalls trivial und erfordert ein klares Zielbild“, sagt Marquardt. Er beschreibt die Digitalisierung und damit einhergehende Automatisierung als „viele kleine Schritte, die gut orchestriert sein müssen“.

Bei KPMG selbst befindet man sich gerade in einer Phase der Prüfung der neuen Technologien, erzählt Finanzchefin Michaela Peisger: Sie schaut, welche Aufgaben sich noch weiter automatisieren lassen. „Wir wollen Robotics speziell bei Umbuchungen ausweiten, oder bei der Stammdatenprüfung und -pflege einsetzen.“

Es gehe dabei nicht um eine komplexe Künstliche Intelligenz, sondern um einfache Dinge, sagt auch sie. Dabei hat KPMG Deutschland bereits auf das neue SAP-Produkt S/4 Hana umgestellt und dürfte damit vielen deutschen Finanzabteilungen bei der Digitalisierung ein Stück voraus sein.

FINANCE-Köpfe

Michaela Peisger, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Michaela Peisger ist ein Eigengewächs von KPMG: Sie beginnt ihre Karriere bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft im Jahr 1998 als Wirtschaftsprüfungsassistentin. Anschließend klettert Peisger die Karriereleiter bei KPMG nach oben, bis sie 2008 zur Partnerin befördert wird.

2011 zieht es die Wirtschaftsprüferin ins Ausland: Drei Jahre lang leitet sie als National Leader die US German Practice Audit von KPMG in New York. 2014 kehrt Peisger schließlich nach Deutschland zurück und übernimmt die Leitung des Finanzbereichs von KPMG Deutschland. Im Oktober 2017 wird sie zum CFO berufen.

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Data Scientists sind rare Spezies

„KI ist nur so gut, wie das, was ich reinfüttere.“ 

Justus Marquardt, KPMG

Neben einer soliden technischen Grundlage brauchen CFOs aber auch Mitarbeiter, die den neuen Anforderungen gerecht werden. Hier drückt der Schuh 2021 weiterhin gewaltig. „Speziell Data Scientists mit Erfahrung sind rar“, erklärt Jörg Stäglich von dem Beratungsunternehmen Oliver Wyman. Er rät Finanzchefs dazu, Datenspezialisten, wenn man denn welche gefunden hat, ein vielfältiges Aufgabenspektrum anzuvertrauen. „Standardanalysen interessieren diese Mitarbeiter eher nicht. Sie müssen ständig herausgefordert werden, damit sie sich nicht nach neuen Jobs umschauen.“

Alternativ müssen Unternehmen ihre eigene Mannschaft weiterbilden. Hier müssen CFOs Vorbehalte abbauen, da viele Mitarbeiter Angst haben, durch neue Technologien ersetzt zu werden. KPMG-CFO Peisger setzt in ihrer Finanzabteilung auf Weiterbildungen und damit einhergehende spannendere Aufgaben: „Kaum ein Finanzexperte will die manuellen Transaktionen erfassen, das kann in Zukunft dann ein Bot übernehmen“, sagt sie. „Der Mitarbeiter kann dann interessanteren Aufgaben nachgehen.

jakob.eich[at]finance-magazin.de

Info

Sie wollen mehr über die KPMG-CFO wissen? Dann schauen Sie auf das FINANCE-Köpfe-Profil von Michaela Peisger.

Dieser Artikel ist Teil einer Serie, die die Top-Digitalisierungsthemen für CFOs 2021 beleuchtet. Neben dem Daten-Management folgen in den kommenden Wochen noch Predictive Analytics und Cybercrime.

Jakob Eich ist Redakteur der Fachzeitungen FINANCE und DerTreasurer des Fachverlags F.A.Z Business Media, bei dem er auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Durch seine Zwischenstation bei der Schwesterpublikation „Der Neue Kämmerer“ ist der 1988 geborene Journalist auch versiert beim Thema Kommunalfinanzen. Erste journalistische Erfahrungen hat der gebürtige Schleswig-Holsteiner in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost gesammelt.