Paris, London, New York City: CFOs sehen bei Roadshows die Metropolen dieser Welt. Der persönliche Austausch mit Investoren gilt als außerordentlich wichtig, schafft dieser doch Vertrauen zwischen Management und Geldgebern. Doch in den dicht getakteten Arbeitsalltag von Finanzchefs passen die zeitintensiven Trips nur noch selten.
Das ist der Grund, warum Unternehmen bei Anleihe- oder Schuldscheinemissionen auf die klassische Roadshow verzichten – und stattdessen Investoren-Calls aufsetzen. Knorr-Bremse etwa hat bei der jüngsten Anleihe-Platzierung über 750 Millionen Euro die Investoren nicht mehr vor Ort besucht.
Blue-Chips müssen nicht immer auf Roadshow
Das Besondere: Die Bond-Platzierung war die Debüt-Emission des CFOs Ralph Heuwing und des neuen Treasury-Chefs Kai Gloystein. Beide sind zwar bekannte und verdiente Finanzexperten, für viele Investoren war es aber der erste Kontakt mit den beiden Managern bei Knorr-Bremse.
Müssen CFOs überhaupt noch auf Roadshows gehen, wenn sogar die Debüt-Transaktion eines Managements über ein Telefonat abgewickelt werden kann? „Physische Meetings sind weiterhin sehr sinnvoll. Investoren sehen hier das Management und können intensiv Fragen zur Strategie von Unternehmen stellen“, sagt Marc Müller, Co-Head Financing Solutions Group für den deutschsprachigen Raum bei der Deutschen Bank. Er schränkt aber ein: „Der tatsächliche physische Kontakt verliert zunehmend an Bedeutung. Ein CFO muss sein Unternehmen schlicht gut präsentieren – egal ob in physischer oder digitaler Form.“
FINANCE-Köpfe
„Elektronische Medien sind ein sehr effizienter Weg, Kontakt herzustellen.“
Müller zufolge bieten sich Investoren-Calls vor allem für börsennotierte Unternehmen an, die regelmäßig den Kapitalmarkt anzapfen. „Diese Konzerne müssen ihre Kennzahlen sowieso regelmäßig aktualisieren und haben eine professionelle Investor-Relations-Abteilung.“ Sie verfügen zudem über eigene Tools, um virtuelle Konferenzen aufzusetzen.
Erst-Emittenten sollten weiter auf Roadshow
Auch für nicht-gelistete Unternehmen können digitale Roadshow-Anbieter eine Möglichkeit sein, eine breitere Investorenschaft zu finden. „Credit und Money Funds sowie Versorgungswerke sind sehr attraktive Investoren, die man so erreichen kann“, erklärt Müller. „Elektronische Medien sind ein sehr effizienter Weg, Kontakt herzustellen.“ Allerdings dürften die Investoren bei weniger bekannten Unternehmen deutlich zurückhaltender reagieren als bei Blue Chips, die eine anerkannte Erfolgsgeschichte bei Finanzierungen vorweisen können.
CFOs, die auf die klassische Roadshow verzichten wollen, sollten daher schon bekannte Gesichter sein. Knorr-Bremse, das derzeit am Börsengang arbeitet, hatte etwa im Dezember 2016 erstmals nach 14 Jahren den Anleihemarkt angezapft und ist dadurch auch als nicht-börsennotiertes Unternehmen ein bekannter Name unter Investoren. Erst-Emittenten rät Müller aber weiterhin, die einzelnen Investoren persönlich zu besuchen: „Das ist dann doch nach wie vor gewünscht.“
„Credit und Money Funds kann man gut über digitale Roadshows erreichen.“
Videokonferenzen sind im Kommen
Der Deutsch-Banker Müller sieht allerdings einen klaren Trend zu Videokonferenzen. Diese seien bei IR-Präsentationen schon gang und gäbe, haben sich seiner Einschätzung nach bei Fremdkapitalemissionen jedoch bislang noch nicht durchgesetzt. Das dürfte sich ändern: „Videokonferenzen sind eine effiziente Form, um Einzelmeetings zu ersetzen, weil auch sie viel Reisezeit herausnehmen“, findet der Experte. Der Austausch sei dabei noch einmal persönlicher als über die Telefonleitung.
CFOs, deren Unternehmen am Kapitalmarkt bereits gut verankert ist, sollten sich nicht scheuen, auch bei Debt-Emissionen Neues auszuprobieren. Investoren danken solchen Initiativen in vielen Fällen bereits: „Auch Investoren haben viel zu tun und wollen schlank informiert werden. Webcasts sind da eine gute Möglichkeit“, sagt Experte Müller.
Jakob Eich ist Redakteur der Fachzeitungen FINANCE und DerTreasurer des Fachverlags F.A.Z Business Media, bei dem er auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Durch seine Zwischenstation bei der Schwesterpublikation „Der Neue Kämmerer“ ist der 1988 geborene Journalist auch versiert beim Thema Kommunalfinanzen. Erste journalistische Erfahrungen hat der gebürtige Schleswig-Holsteiner in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost gesammelt.