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Coronavirus: Fünf Erfolgsfaktoren für Landesbürgschaften

Mit Landesbürgschaften können Unternehmen in einer Restrukturierung ihre Liquidität absichern.
AndreyPopov/iStock/Getty Images

Die Coronavirus-Pandemie hat in einer seit Jahrzehnten nicht dagewesen Art und Weise Spuren in der weltwirtschaftlichen Entwicklung hinterlassen. Noch lassen sich die mittelfristigen Auswirkungen auf viele Geschäftsmodelle kaum prognostizieren. Die mittel- und langfristige Finanzierungssicherung steht daher für CFOs und Treasurer mehr denn je im Fokus.

Obwohl es eine Vielzahl an Kreditprogrammen gibt, ist es für viele Unternehmen schwieriger als erwartet, eine geeignete Finanzierung zu erhalten. Dies gilt vor allem für Unternehmen, die sich bereits vor der Pandemie in einer Umbruchphase mit schwacher oder sogar negativer Ergebnisentwicklung befanden. Für sie sind Unterstützungsprogramme wie etwa das der KfW oft nicht zugänglich. 

Landesbürgschaft zur Finanzierung

Eine sinnvolle Alternative für eine Fremdkapitalfinanzierung kann eine Landesbürgschaft sein. Dabei werden die Geldgeber durch das jeweilige Bundesland vom Kreditrisiko freigestellt, diese Regelung kann bis zu 90 Prozent des Neukredits umfassen. Diese Art der Finanzierungslösung sicherte bereits in der Weltfinanzkrise 2008/2009 vielen Unternehmen das Überleben.

In den zurückliegenden Monaten rollte daher eine Welle von Finanzierungsanträgen auf die Hausbanken zu. Die Zeit eilte, daher wurden die Antragsvoraussetzungen und -prozesse teilweise erst im Verlauf der Prozesse konkretisiert. Inzwischen liegen die ersten Erfahrungen vor. Dabei zeigt sich, dass einige Faktoren regelmäßig zu einer erfolgreichen Beantragung beitragen. 

Erfolgsfaktor 1: Kommunikation

Eine transparente, partnerschaftliche Kommunikation ist elementar. Unternehmen sollten bereits vor dem Antrag neben ihren Hausbanken auch die Verantwortlichen der Bundesländer und die Politik einbeziehen und die Auswirkungen der Coronakrise, die Strategie zur Krisenbewältigung und den erwarteten Finanzierungsbedarf darlegen.

Häufig bewährt es sich, wenn Unternehmen sich zunächst mit ihren Hausbanken auf gangbare Optionen einigen und dann mit den Banken gemeinsam die Kommunikation mit weiteren Stakeholdern etwa im politischen Umfeld aufnehmen. Mit seinen Finanzierern kann das Unternehmen die verschiedenen Optionen der Kreditprogramme prüfen und besprechen, inwieweit etwa freie Sicherheiten, Gesellschafterbeiträge oder alternative Finanzierungsbausteine wie Factoring einbezogen werden könnten. Idealerweise wird im Rahmen von Finanzierer-Runden auch bereits eine „Second best“-Alternative erarbeitet.

Empfehlenswert sind informelle Einzelgespräche, in denen die Stakeholder ihre jeweilige Positionen darlegen können. Um Informations-Asymmetrien zu vermeiden, helfend ergänzende regelmäßige Abstimmungsrunden mit allen Mitgliedern des Finanziererkreises. Eine professionelle Vorbereitung mit im Vorfeld abgestimmter Agenda, einer Übersicht zum Status der aktuellen Aufgaben sowie einem anschließenden Protokoll mit allen offenen Punkten sorgt für einen zielführenden Austausch und erleichtert den Gesamtprozess. 

Erfolgsfaktor 2: professionelle Unterlagen

Die Entscheidungsgremien stützen sich auf die Antragsunterlagen. Bei diesen zählt daher neben den Inhalten auch eine ansprechende Gestaltung, eine stringente Storyline sowie eine übersichtliche, nachvollziehbare Darstellung. Unerlässlich ist eine transparente Dokumentation, die herleitet, warum durch die Covid-19-Pandemie ein Finanzierungsbedarf entstanden ist. Die Unterlage sollte neben der historischen und wirtschaftlichen Entwicklung auch eine aktuelle Markteinschätzung sowie die künftig erwarteten Auftragseingänge und Absatzzahlen enthalten. Auf Basis dieser Informationen sollte das Management seine geplanten Liquiditätsmaßnahmen definieren und in konkrete Szenarien überführen. 

Mit einer vollständigen und schlüssigen Unterlage zeigen Unternehmenslenker, dass sie ein Konzept haben, wie sie die Coronakrise bewältigen wollen. Dabei gilt es, einen Schritt vorauszudenken: Welche Problemstellungen könnten mit Blick auf Branchenentwicklung, Geschäftsmodell oder Refinanzierbarkeit diskutiert werden? Wo könnten Rückfragen kommen? Mögliche Einwände sollte das Management vorab identifizieren und Gegenargumente bereithalten. 

Erfolgsfaktor 3: Geschäftsmodell

Ein Unternehmen muss auch über die gesicherte Finanzierung hinaus auf zukünftige Anforderungen vorbereitet sein. Die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells muss das Management nachvollziehbar vermitteln. Konkret sollten Unternehmensverantwortliche die folgenden fünf Punkte aufzeigen können:

  1. Wertpositionierung: Welches sind die besonderen Stärken des Unternehmens? Wodurch schafft es einen neuen oder besseren Kundennutzen? 
  2. Wertangebot: Welche profitablen Produkte und Dienstleistungen sollen als Kernsortiment angeboten werden? Womit konkret kann das Unternehmen Kundenbedürfnisse besser befriedigen als der Wettbewerb?
  3. Wertschöpfung: In welcher Kombination werden interne und externe Ressourcen benötigt, um das Angebot profitabel herstellen, vertreiben und vermarkten zu können?
  4. Wertabschöpfung: Welches Angebots- und Preiskonzept ergibt sich, und wie lässt sich die maximale Zahlungsbereitschaft der Kunden abzuschöpfen?
  5. Wertdisziplin: Mit welchen Steuerungsinstrumenten wird sichergestellt, dass die strategischen und operativen Vorgaben konsequent umgesetzt und – wo erforderlich – neu justiert werden? Dazu zählt auch, die passende Finanzierungsstruktur sowie nachhaltige Profitabilität im Blick zu behalten.

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Erfolgsfaktor 4: Regionale Bedeutung

Bei Anträgen auf Landesbürgschaften ist es oft hilfreich, die regionale Bedeutung des Unternehmens hervorzuheben. Dazu zählen zunächst einmal naheliegende Faktoren wie Arbeitsplätze und Steuerzahlungen. Doch die Bedeutung geht oftmals darüber hinaus: Weitere Faktoren sind etwa die Einbindung des Unternehmens in Wertschöpfungsketten, eine Systemrelevanz in der Branche sowie gesellschaftliche Beiträge – von der Ausbildung über soziale Veranstaltungen bis hin zu Sponsoring und Spenden. Ein guter Kontakt zu regionalen Politikern ist hilfreich, um von dieser Seite Unterstützung zu erhalten. 

Erfolgsfaktor 5: Kapitaldienstfähigkeit

Externe Kapitalgeber brauchen eine Perspektive, wann und wie die benötigte Finanzierung wieder zurückgeführt werden kann. Dazu müssen Unternehmen das kurzfristige Covid-19-Szenario um eine Mittelfristplanung ergänzen. Diese sollte aufzeigen, dass die Rückführung der Corona-Finanzierung über einen Zeitraum von maximal sechs Jahren (bei 90-prozentiger Bürgschaft) beziehungsweise zehn Jahren (bei 80-prozentiger Bürgschaft) sichergestellt ist. 

Neben dem Kapitaldienst ist die Verschuldungskapazität ein relevantes Kriterium für die Struktur der Finanzierung und deren maximale Höhe. Die Verschuldungskapazität berechnet die Grenze der vorrangigen Verschuldung, die ein Unternehmen über sieben bis zehn Jahre (je nach Branche und Art der Finanzverschuldung) zurückführen und somit auch maximal aufnehmen kann.

Da der weitere Krisenverlauf noch nicht absehbar ist, sollten Unternehmen dazu mit verschiedenen Szenarien arbeiten. Dabei kann ein „Financing Szenario“ eine konservative Erwartungshaltung an eine wirtschaftliche Erholung darstellen. Ein alternatives „Stress Szenario“ kann definieren, was passieren würde, wenn die Erholung deutlich langsamer käme als im „Financing Szenario“ unterstellt. Das „Stress Szenario“  sollte auch aufzeigen, bei welchen Entwicklungen weitere Restrukturierungsmaßnahmen erforderlich würden. Über dieses „Stress Szenario“ können Unternehmen auch den finanziellen Headroom ableiten, den sie benötigen, um Unwägbarkeiten abdecken zu können.

Wer diese fünf Erfolgsfaktoren beachtet, kann die Chancen auf eine erfolgreiche Bewilligung von Anträgen deutlich steigern. Entscheidend sind detaillierte Vorbereitung und die Professionalität aller Beteiligten. Damit kommen Unternehmen auch durch die schwierige Covid-19-Zeit.

Info

Jessica Hirsch ist Partnerin bei Struktur Management Partner, Georgiy Michailov ist Managing Partner bei Struktur Management Partner