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Doppelseitige Treuhand: Vertrauen ist alles

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Die doppelseitige Treuhand kann in der Krise eine Vertrauensbasis schaffen. Eine gute Vorbereitung ist die Basis dafür, dass dies gelingt.
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Stellen Sie sich beispielhaft folgendes Szenario vor: Eine GmbH gerät in eine Produkt- oder Absatzkrise, die zu Streit zwischen den Gesellschaftern über die künftige Geschäftsstrategie führt. Gleichzeitig wird die Liquidität knapp. Dies sorgt für Unruhe – bei den Banken, aber auch bei den übrigen Finanzierern, insbesondere den Kreditversicherern.

Für eine Sanierung braucht es einen Überbrückungskredit, auf den sich die Beteiligten jedoch nicht einigen können. Die Folge: Anstatt eines gemeinsamen Miteinanders herrscht allenthalben Misstrauen zwischen den Stakeholdern. Die Produkt- oder Absatzkrise weitet sich dadurch rasch zu einer Finanzierungskrise aus. Welche Optionen bleiben?

Treuhänder kann Vertrauen schaffen

Einen Ausweg aus einem solchen Dilemma kann die doppelseitige Treuhand bieten. Dabei wird eine Person – der Treuhänder – eingesetzt, um sicherzustellen, dass die Risiken zwischen Finanzierern (Treunehmer) und Unternehmen beziehungsweise Gesellschaftern (Treugeber) ausbalanciert sind. Häufig werden beispielsweise Gesellschaftsanteile an dem Unternehmen als Sicherheiten für eine Finanzierung herangezogen – diese Anteile kann der doppelseitige Treuhänder als Treugut verwalten.

Im Kern geht es bei der doppelseitigen Treuhand insbesondere um drei Anliegen: Sie soll zum einen Interessensausgleich zwischen den Beteiligten schaffen. Zweitens kann eine doppelseitige Treuhand dazu beitragen, eine Situation zu versachlichen: weg von Emotionen und Schuldzuweisungen, hin zu einer konstruktiven Zusammenarbeit. Das dritte Ziel ist, mithilfe des Instruments eine Vertrauensbasis für alle Beteiligten zu schaffen. 

Treuhand: Aller guten Dinge sind drei

Diese drei Kernanliegen machen die doppelseitige Treuhand zu einem gern genutzten Instrument, um beispielsweise Sanierungen, Refinanzierungen oder M&A-Transaktionen umzusetzen und zu begleiten. Häufig bestehen Finanzierer auf das Instrument: Aufgrund der Befriedungs-, Restrukturierungs- und Sicherungsfunktion sehen sie eine doppelseitige Treuhand oft als Voraussetzung für eine weitere Begleitung des Kreditengagements.

Gleichwohl ist die doppelseitige Treuhand keine Zauberformel, die alle Herausforderungen von allein verschwinden lässt. Vielmehr müssen alle Beteiligten von Anfang an mögliche Stolpersteine im Auge behalten – insbesondere in rechtlicher und steuerrechtlicher Hinsicht: So gibt es zahlreiche Formvorschriften, die eingehalten werden müssen. 

Doppelseitige Treuhand erfordert Planung

Klären sollten Betroffene bestimmte gesellschaftsrechtliche Themen. Dazu gehören die Abtretbarkeit von Gesellschaftsanteilen (Vinkulierung) sowie der Umgang mit etwaigen Vorkaufsrechten der Gesellschafter. Ertrags- und Grundsteuern können beispielsweise beim Erwerb von Anteilen einer Gesellschaft mit Grundvermögen eine Rolle spielen.

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All diese Punkte lassen sich in der Regel bei vorausschauender Planung und entsprechender Expertise des Treuhänders mit verhältnismäßig wenig Aufwand erfolgreich regeln. Im zu Beginn skizzierten Beispiel der GmbH wäre die doppelseitige Treuhand das Instrument der Wahl, um die Beziehung zwischen den Beteiligten wieder auf eine stabile Vertrauensbasis zu stellen, das Unternehmen gemeinsam zu restrukturieren und letztlich aus einer insolvenznahen Krise eine Win-Win-Situation zu machen. 

Erfolgsfaktoren für die doppelseitige Treuhand

Der Erfolg der doppelseitigen Treuhand hängt in der Praxis von einer Reihe von Faktoren ab: So ist es aus Sicht der Finanzierer enorm wichtig, dass der Sicherungsfall sauber definiert ist. Zudem müssen klare Regelungen für Laufzeit- und Rückübertragungsoptionen getroffen werden. Der Treuhänder sollte qualifizierte Anteils- und Stimmenmehrheiten übertragen bekommen. Bei Konzernen ist es wichtig, dabei auch die Tochtergesellschaften in die Treuhand miteinzubeziehen. 

„Ein umfassend verhandelter Treuhandvertrag ist ein ‚must have‘.“

Klar definieren müssen die Beteiligten auch das Treugut, das auf den Treuhänder übertragen werden soll. Dies können zum Beispiel Anlagevermögen, Umlaufvermögen oder auch Gesellschaftsanteile sein. Zudem sollten sich alle auf die Informationspflichten des Treuhänders sowie die Einbindung des Treuhänders in das Sanierungskonzept verständigen.

In der Praxis zeigt sich immer wieder: Ein umfassend verhandelter und ausgearbeiteter Treuhandvertrag ist nicht lediglich „nice to have“, sondern er ist ein „must have“. Und nicht zuletzt braucht es für eine erfolgreiche doppelseitige Treuhand einen unabhängigen, vertrauenswürdigen und moderierend auftretenden Treuhänder. 

BGH-Entscheidung schafft Rechtssicherheit

Die Finanzierer spielen bei der Frage, ob eine doppelseitige Treuhand zustande kommt, eine wichtige Rolle. Einen Punkt hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit einer Entscheidung vom Juni 2020 weiter gestärkt: In dieser Entscheidung haben die Karlsruher Richter klargestellt, dass die Finanzierer bei einer doppelseitigen Treuhand in der Regel keine Gesellschafter des Unternehmens werden.

Damit sorgt der BGH für Rechtssicherheit, nachdem Unternehmen und Gesellschafter in der Vergangenheit immer mal wieder versucht hatten, die Einrichtung einer Treuhand zu verhindern. 

Als „Totschlagargument“ diente dabei immer der nun ausgeräumte Einwand, die doppelseitige Treuhand würde Finanzierer und Gesellschafter gleichstellen. Darüber hinaus hat der BGH in dieser Entscheidung auch klargestellt, dass es den Finanzierern unbenommen ist, den Treuhänder selbst auszuwählen. Die Entscheidung ist aus juristischer Sicht ein weiterer Meilenstein bei der Etablierung der doppelseitigen Treuhand in der Praxis. 

Bei einer Restrukturierung kann es helfen, wenn sich alle Beteiligten mit dem Instrument schon einmal grundlegend auseinandergesetzt haben. Sowohl für Unternehmen als auch Finanzierer ist es in der Regel sinnvoll und wichtig, eine doppelseitige Treuhand im Krisenfall so früh wie möglich anzugehen – das heißt zu einem Zeitpunkt, in dem noch möglichst viel strategischer Verhandlungs- und Entscheidungsspielraum besteht.

Dr. Roland Fendel und Dr. Andreas Beck sind Rechtsanwälte bei der Kanzlei Schultze & Braun. Sie sind spezialisiert auf die doppelseitige Treuhand, Sicherheitenmanagement, Banken- und Lieferantenpools sowie Restrukturierung