Die Zahlen sprechen für sich: Die Preiserwartungen des Münchner Ifo-Instituts haben einen neuen Rekordstand erreicht. Im April lagen sie auf dem höchsten Wert seit 1991. Immer mehr Unternehmen planen, ihre Preise in den kommenden drei Monaten zu erhöhen. Besonders hoch waren die Preiserwartungen im Großhandel, gefolgt vom Einzelhandel und der Industrie. In einer weiteren Umfrage des Instituts klagten 75 Prozent der Unternehmen über Engpässe und Probleme bei der Beschaffung von Vorprodukten und Rohstoffen. Das allgemeine Geschäftsklima ist laut Ifo-Institut entsprechend pessimistisch.
Preissteigerungen belasten Unternehmen
Die Verantwortlichen in den Betrieben sehen sich mit Rekordpreisen bei Rohmaterialen und Werkstoffen konfrontiert. Das gilt für Strom und Gas, aber auch für Rohstoffe wie Kunststoffe, Holz oder Magnesium. Dazu kommen sehr lange Lieferzeiten – falls die Rohstoffe überhaupt zum gewünschten Zeitraum verfügbar sind. Die Logistikkosten steigen derzeit ebenfalls drastisch. Der Containermangel sorgte zeitweise für Preissteigerungen, die fast über dem Achtfachen des Vor-Corona-Niveaus lagen. Auch wenn sich die Lage hier wieder etwas entspannt hat, sind die Frachtkosten auf einigen LKW-Landrouten immer noch sehr hoch.
Die Preissteigerungen können für Betriebe einschneidende Konsequenzen haben. Aufträge verzögern sich, eingeplante Umsätze verlagern sich in die Zukunft. Laufende Kosten und Investitionen fallen aber weiter an, diese können aktuell deutlich höher ausfallen als kalkuliert. Die Folgen können erhebliche Liquiditätsprobleme sein.
Unternehmen können sich mit Gleitpreisklauseln absichern
Ein Lösungsansatz im Umgang mit dem aktuellen Preisniveau ist die Vertragsgestaltung mit Bestands- und Neukunden; dazu gehört eine Neu-Kalkulation der Aufträge, angepasst an die neue Kosten situation. Es empfiehlt sich, in den Verträgen eine Gleitpreisklausel festzuhalten. Dabei handelt es sich um eine Klausel, die eine Preisanpassung zum Lieferzeitpunkt ermöglicht.
Diese ist dann sinnvoll, wenn der Vertrag zeitlich deutlich vor dem Erfüllungszeitpunkt abgeschlossen wird. Das ist beispielsweise bei Unternehmen aus dem Maschinenbau oder der Antriebstechnik ratsam, die für einen Kunden individuelle Lösungen herstellen. Aber auch Produzenten anderer höherwertiger und kostenintensiver Waren und Dienstleistungen profitieren von dieser Abmachung. Der Produzent sichert sich damit gegen stark verteuerte Rohstoffpreise ab. Ist diese Abmachung nicht vereinbart und die Kalkulation schon durchgeführt, muss der Betrieb die Preissteigerung des Rohstoffes tragen – der zuvor lukrative Auftrag kann damit schnell ein Verlustgeschäft werden.
Auch Teuerungszuschläge können Option sein
Auch Teuerungszuschläge können eine Reaktion auf steigende Kosten sein. Damit wird der Kaufpreis entsprechend der Preissteigerung und des kalkulierten Gewinns angepasst. Das kann, je nach Auftragslage und der wirtschaftlichen Situation, entscheidend zur stabilen Liquidität eines Unternehmens beitragen.
Die Zahlen des Ifo-Instituts zeigen, dass viele Unternehmen in den kommenden Monaten Preiserhöhungen planen. Eine Umsetzung ist aber nur möglich, wenn die Kunden solche Preisanpassungen auch akzeptieren. Das kann von Branche zu Branche verschieden sein; zudem ist zu berücksichtigen, welche Stellung das Unternehmen im Wettbewerb hat und wie die Kundenstruktur aussieht. Daher sollten Unternehmen, die ihre Preise erhöhen müssen, um rentabel zu wirtschaften, das Gespräch mit ihren wichtigsten Kunden suchen.
Zudem können Gespräche mit den Banken beziehungsweise Sicherungsgebern sinnvoll sein. Hierbei empfiehlt sich auf ausgebildete Experten zurückzugreifen, die bei rechtlichen Aspekten unterstützen, beispielsweise bei der Prüfung und Nachverhandlung von Kredit- oder Sicherungsverträgen.
Unternehmensplanung in Szenarien als „Stresstest“
Zur Liquiditätssicherung gibt es noch weitere Stellschrauben. Die Unternehmen müssen dabei mögliche Sanierungs- und Restrukturierungsmaßnahmen identifizieren. Die Verantwortlichen sollten frühzeitig aktualisierte Produktkalkulationen erstellen und die wichtigen Key-Performance-Indikatoren analysieren. Diese helfen dann für notwendige Entscheidungen bei Strukturanpassungen. Wichtig dabei ist die sorgfältige und umsichtige Planung, die in unsicheren Zeiten eher konservativ angelegt sein sollte. Hilfreich können auch Szenario-Rechnungen sein, um die Belastbarkeit der Unternehmensplanung zu testen, gewissermaßen als „Stresstest“ für Unternehmen.
Dr. Maximilian Pluta ist Geschäftsführer der PLUTA Rechtsanwalts GmbH und der PLUTA Management GmbH. Der Rechtsanwalt, Diplom-Kaufmann und Steuerberater ist Leiter des Geschäftsfeldes Sanierung und Restrukturierung.