Ehemalige Reno-Mutter HR Group ist insolvent
Nach der Insolvenz von Reno ist nun auch die ehemalige Mutter der Schuhhandelskette insolvent. Die HR Group hat vergangene Woche Insolvenz für sieben deutsche Gesellschaften eingereicht. Die Auslandstöchter sind laut Unternehmensangaben nicht betroffen. Grund für die Zahlungsunfähigkeit sei auch die Insolvenz der ehemaligen Tochter Reno, die die HR Group im vergangenen Oktober an einen Investor verkauft hatte. Zudem belasteten die Gruppe die Folgen der Coronapandemie und der Energiekrise sowie Preissteigerungen und Forderungsrückstände.
Die HR Group ist weiterhin als Dienstleister für die Logistik und die IT von Reno tätig. Für das Systemgeschäft und den Logistikstandort im rheinland-pfälzischen Thaleischweiler-Fröschen hatte die Schuhhandelskette einen Interessenten gesucht, diese Suche sei aber erfolglos verlaufen. Die Reno-Insolvenz im März habe deshalb auch die HR Group negativ beeinflusst.
Zudem hatte die „Wirtschaftswoche“ berichtet, dass Reno offene Forderungen über mehrere Millionen Euro aus erfolgten Warenlieferungen der einstiegen Mutter noch nicht beglichen habe. Betroffen von der Insolvenz sind 750 Beschäftigte. Als vorläufiger Insolvenzverwalter ist Christian Gerloff (Gerloff Liebler) bestellt.
Hedgefonds übernehmen Modehändler Takko
Die Modehandelskette Takko wird von Hedgefonds übernommen. Die Mehrheit an dem Modehändler geht an die Investoren Silverpoint Capital, Napier Park Global Capital und Albacore. Die Besitzverhältnisse ändern sich durch einen Debt-Equity-Swap, auf den sich die Anleihegläubiger mit dem bisherigen Gesellschafter Apax geeinigt haben.
Mit dem Credit-Default-Swap wurden vorrangig besicherte Anleihen über 510 Millionen Euro sowie eine Covid-Fazilität von 40 Millionen Euro in bis 2026 laufende Darlehen in Höhe von 300 Millionen Euro umgewandelt. Der Schritt reduziert die Verbindlichkeiten von Takko um 250 Millionen Euro, die Kreditlaufzeiten werden bis 2026 verlängert, teilte das Unternehmen mit. Das bisherige Management bleibt an Bord.
Im Januar hatte die Ratingagentur Moody’s Takko auf Caa3 herabgestuft – dies entspricht einem sehr hohen Ausfallrisiko. Der Modehändler befindet sich seit der Coronapandemie in einer Unternehmenskrise, bereits 2020 hatte das damalige Management versucht, die Anleihegläubiger loszuwerden.
BKS: „NPLs derzeit kein Risiko für die Bankenstabilität“
Aktuelle Zahlen zeigen, dass notleidende Kredite derzeit kein Risiko für die Bankenstabilität sind. Das teilte die Bundesvereinigung Kreditankauf und Servicing (BKS) Anfang April mit. „Seit 2015 wurde das Volumen der NPLs (Non-performing Loans) in Europa von 1,2 Billionen Euro auf noch 357,4 Milliarden Euro im Dezember 2022 abgebaut“, sagte BKS-Präsident Jürgen Sonder. Damit reiche allein die Größenordnung nicht mehr aus, um ein Systemrisiko darzustellen.
Der Abbau der NPLs in den Bankbilanzen sei vor allem in Südeuropa und Griechenland zu einem guten Teil über Verkäufe am Sekundärmarkt erfolgt. Die Banken hätten ihre Risiken reduziert und würden heute deutlich stabiler dastehen als vor zehn Jahren.
Zudem ist die NPL-Quote in den vergangenen laut BKS europaweit deutlich gesunken, von 6,5 auf 1,8 Prozent. Dabei gibt es aber starke Unterschiede zwischen den Ländern. In Schweden liegt der NPL-Anteil lediglich bei 0,2 Prozent, während er in Polen und Griechenland bei über 4 Prozent rangiert. Deutsche Banken weisen eine im europäischen Vergleich unterdurchschnittliche NPL-Quote von 1 Prozent aus.
Flughafen Frankfurt-Hahn findet schlussendlich Käufer
Das Verkaufsdrama um den insolventen Flughafen Frankfurt-Hahn hat ein Ende: Das Trierer Unternehmen Triwo übernimmt den Flughafen, wie aus einer Mitteilung des Insolvenzverwalters von Anfang April hervorgeht. Triwo entwickelt Projekte und hält bundesweit einen Bestand an Gewerbe-, Industrie- und Sonderimmobilien. Das Unternehmen betreibt bereits in mehreren Bundesländern Flugplätze, darunter in Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz.
Triwo habe laut Insolvenzverwalter Jan Markus Plathner (Brinkmann & Partner) den höchsten Kaufpreis gezahlt. Was nun mit den bereits abgeschlossenen Kaufverträgen geschieht – sowohl die russische NR Holding als auch die Mainzer Familiengruppe Richter hatten jeweils bereits ihren Kaufpreis auf ein Treuhandkonto überwiesen –, teilte der Insolvenzverwalter auf Nachfrage von FINANCE nicht mit.
Mit der Triwo-Übernahme sollen alle rund 400 Angestellten übernommen werden. Zudem könne der Airport mittlerweile ohne Verluste betrieben werden, so Insolvenzverwalter Plathner.
Weitere Insolvenz- und Sanierungsverfahren
Die börsennotierte Gesellschaft Biohacks Functional Food hat für ihr Tochterunternehmen Biohacks Insolvenz angemeldet. Deshalb werde die für den 8. Mai geplante Hauptversammlung des Unternehmens verschoben, sie soll nun bis spätestens am 31. Mai stattfinden. Biohacks, das mit veganen und Bio-Lebensmitteln handelt, hatte Anfang 2021 eine börsennotierte Anleihe über 999.000 Euro platziert. Als vorläufiger Insolvenzverwalter agiert Georg Kreplin (Kreplin & Partner).
Das Medizintechnikunternehmen Pentracor ist insolvent. Das Unternehmen hatte 2020 eine Anleihe im Volumen von bis zu 15 Millionen Euro emittiert, die Versammlung der Anleihegläubiger soll am 28. April stattfinden. Für den 30. Juni ist die Gläubigerversammlung (Berichts- und Prüfungstermin) geplant, in der über das weitere Insolvenzverfahren entschieden wird. Als vorläufiger Insolvenzverwalter ist Sebastian Laboga (Pluta) bestellt.
Der Online-Shopping-Club Brands4Friends ist pleite. Hintergrund sind Umsatzeinbrüche in den vergangenen Jahren. 2018 hatte das Unternehmen noch einen dreistelligen Umsatz verzeichnet, 2021 fiel dieser jedoch auf 63 Millionen Euro. Laut einem Bericht des „Focus“ hätten mehrere interne Umstrukturierungen dazu geführt, dass Hersteller zu anderen Shopping-Anbietern gewechselt sind. Für Kunden seien so immer weniger Marken verfügbar gewesen. Der Geschäftsbetrieb des Unternehmens wird Ende Juni beendet, Mitgliedschaften der Kunden werden zu diesem Zeitpunkt gekündigt.
Der Schuhersteller und -händler EOD befindet sich seit Ende März in einem vorläufigen Insolvenzverfahren. Ursache der wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind nach Unternehmensangaben die Folgen der Coronapandemie mit teilweise geschlossenen Geschäften sowie die wirtschaftlichen Folgen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine. Zudem hätten Kunden aufgrund der Inflation zurückhaltender konsumiert, sodass EOD die Umsatzverluste aus der Zeit der Pandemie nicht habe ausgleichen können. Die Stores des Unternehmens sollen aber vorerst geöffnet bleiben, der Onlineshop der Marke Groundies in Kürze wieder erreichbar sein. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter ist Dirk Pehl (Schultze & Braun) bestellt.
Der Immobilienverwalter GNO Grundstücksverwaltung ist insolvent. Bei dem Unternehmen handelt es sich um die Objektgesellschaft der Rathaus Galerie Hagen, ein Einkaufszentrum in der nordrhein-westfälischen Großstadt. Das Einkaufszentrum musste 2021 aufgrund der Flutkatstrophe in Nordrhein-Westfalen schließen und konnte erst im vergangenen Monat wieder eröffnen. Allerdings wurde die Liquidität der Verwaltungsgesellschaft GNO Grundstücksverwaltung durch die unerwartet lange Dauer der Schließung sowie die hohen Schadens- und Sanierungskosten stark beansprucht, sodass sich daraus ein erhöhter Finanzierungsbedarf für den Verwalter ergab, den dieser nun laut eigner Aussage nicht mehr aus eigener Kraft bedienen kann. Daher stellte die GNO einen Insolvenzantrag. Der Geschäftsbetrieb der Rathaus Galerie werde aber fortgeführt. Als vorläufiger Insolvenzverwalter ist Miguel Grosser (Jaffé) bestellt.
Die Sanierung des Marien Hospital Papenburg Aschendorf (MHP) schreitet voran. Das Krankenhaus befindet sich seit Februar dieses Jahres in Eigenverwaltung. Nun hat die Mehrheit der Gläubiger dem Insolvenzplan zugestimmt, zudem wurde das Sanierungskonzept vom Amtsgericht Meppen bestätigt. Das MHP erwirtschaftete in den vergangenen Jahren einen Umsatz von 70 Millionen Euro und beschäftigt 1.000 Angestellte. Beraten wurde das Unternehmen in der Sanierung von der Kanzlei BBR Buchalik Brömmekamp und der Unternehmensberatung Plenovia. Als Sachwalterin agiert Anna Kuleba (Schoofspartner).
Distressed-M&A-Deals
Der insolvente Automobilzulieferer Galvanoform hat einen Käufer gefunden. Der Unternehmer Hans-Günter Bayer und Co-Investoren übernehmen den Präzisionswerkzeugbauer zum 1. April, das Unternehmen firmiert künftig unter dem Namen Galvanoform Innovative Technologies. Die Kanzlei Pluta hatte den M&A-Prozess begleitet, als Insolvenzverwalter war Marc-Philippe Hornung (SZA Schilling, Zutt & Anschütz) tätig.
Lediglich eine teilweise Übernahmelösung konnte derweil für das insolvente Aluminium- und Kunststoffbauunternehmen Metallbau Korsche gefunden worden. Alusysteme Metallbau Bellmann übernimmt den Standort im sächsischen Zschopau mit 15 Mitarbeitern. Für den Korsche-Hauptsitz in Weiden und dessen rund 85 Beschäftigte gab es jedoch keinen Interessenten, der Betrieb wird eingestellt. Als Insolvenzverwalter war Volker Böhm (Schultze & Braun) eingesetzt.
Beendete Insolvenz- und Sanierungsverfahren
Der Verkauf des insolventen Automobilzulieferers Borgers an den Schweizer Mitbewerber Autoneum ist abgeschlossen, die aufschiebenden Bedingungen sind nun erfüllt. Den Kaufvertrag hatte Autoneum Anfang dieses Jahres unterzeichnet. In Deutschland übernimmt Autoneum die Borgers-Standorte Berlin, Bocholt, Ellzee und Krumbach. Übernommen werden auch die Tochtergesellschaften des Zulieferers im Ausland mit insgesamt knapp 2.700 Beschäftigten. Als Insolvenzverwalter war Frank Kebekus (Kebekus & Zimmermann) tätig.
Die Sanierung des Textilherstellers Aurich Textilien ist erfolgreich abgeschlossen, das Insolvenzverfahren der Gebrüder Aurich GmbH und der Avi GmbH wurde aufgehoben. In dem Verfahren wurde die Gruppe umstrukturiert und ehemals fünf operative Gesellschaften auf zwei operative Gesellschaften verschmolzen. Im Rahmen eines Asset Deals wurden dazu die zwei Gesellschaften Awitex Aurich und Texra auf die Gebrüder Aurich GmbH übertragen. Die von den Gläubigern angenommenen Insolvenzpläne sehen laut Insolvenzverwalter Jens M. Schmidt (Runkel Rechtsanwälte) eine überdurchschnittliche Insolvenzquote vor, zur deren genauer Höhe äußerte sich Schmidt allerdings nicht. Aurich Textilien hatte im November Insolvenz in Eigenverwaltung angemeldet, insolvenzrechtlich begleitet wurde das Unternehmen von Bartosz Zdanowicz (Hoffmann Liebs).
Weitere Restrukturierungen und Branchennews
Die Zahl der Insolvenzen in Deutschland ist gestiegen. Im März habe die Zahl der insolventen Unternehmen bei 959 gelegen, teilte das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (IWH) mit. Das seien rund 15 Prozent mehr als im Februar und 24 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Damit liege die Zahl inzwischen knapp unter dem Niveau der Jahre vor Ausbruch der Coronapandemie, so das IWH.
Die neuesten Restrukturierer-Personalien
Die Restrukturierungsberater Christoph Konow und Christian Heilmann wechseln vom Big-Four-Haus PwC zu Ebner Stolz. Konow war in der Restrukturierungsabteilung von PwC für die Bereiche Shipping, Transport & Logistik, Maschinen- und Anlagenbau zuständig. Er ist seit April Partner bei Ebner Stolz. Christian Heilmann war zuletzt als Senior Manager für PwC tätig und ist nun als Principal bei Ebner Stolz aktiv.
Das Next-Seven-Haus Mazars gewinnt die beiden Partner Renate Müller und Michael Tierhoff von der Kanzlei Andersen. Beide bringen ihr sechsköpfiges Team mit. Müller wird Partnerin im Restrukturierungsbereich von Mazars, Tierhoff stößt als Of Counsel zu dem Beratungshaus. Müller und Tierhoff hatten 2004 gemeinsam die Sozietät Thierhoff Müller & Partner gegründet, die 2018 in der Leipziger Kanzlei Andersen aufging.
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Paul Siethoff ist Redakteur bei Finance und schreibt vorrangig über Transformations-Themen. Er hat Kommunikationswissenschaften und Journalismus in Erfurt und in Mainz studiert. Vor seiner Zeit bei FINANCE schrieb Paul Siethoff frei für die Frankfurter Rundschau für die Ressorts Wirtschaft und Politik.