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Ukraine-Krieg: Das sind die Folgen für Restrukturierer

Wer macht den nächsten Schachzug? So oder so trifft der Krieg auch Restrukturierungsfälle in Deutschland. Foto: Feydzhet Shabanov – stock.adobe.com
Wer macht den nächsten Schachzug? So oder so trifft der Krieg auch Restrukturierungsfälle in Deutschland. Foto: Feydzhet Shabanov – stock.adobe.com

Die Aussichten für die globale Konjunktur haben einen harten Rückschlag erfahren. Mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine tobt erstmals seit der Jahrtausendwende wieder ein heißer Krieg in Europa. Erwartungsgemäß hat sich die Stimmung in der deutschen Wirtschaft massiv verschlechtert.

Der weithin beachtete ifo-Geschäftsklimaindex für die gewerbliche Wirtschaft ist Ende März auf 90,8 Punkte abgerauscht – der niedrigste Wert seit Juli 2020 – und hat sich auch im April nicht substanziell von diesem Tief lösen können. Der Stimmungseinbruch zieht sich quer durch die gesamte Wirtschaft, besonders stark fällt er aber in der Industrie, im Bausektor und im Handel aus.

Der mit Ausbruch des Kriegs einhergehende Energiepreisschub erhöht massiv die Kosten für die Unternehmen und dämpft zugleich spürbar die verfügbaren Einkommen und damit die Perspektiven für den privaten Konsum. Dabei hatte die deutsche Wirtschaft schon vor dem Krieg mit hoher Inflation und den durch die Corona-Pandemie verursachten Problemen in den globalen Lieferketten zu kämpfen. Das Risiko einer technischen Rezession hat sich mit dem seit Ende Februar anhaltenden Krieg deutlich erhöht.

Diese Meinung vertritt auch die Mehrheit der aktuell von FINANCE in Zusammenarbeit mit dem Beratungshaus Struktur Management Partner (SMP) befragten Restrukturierungsexperten. Knapp zwei Drittel (63 Prozent) der Finanzierer rechnen infolge des Ukraine-Kriegs mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung über mindestens zwei Quartale. Lediglich 27 Prozent glauben das nicht, und einer von zehn Befragten war sich bei dieser Frage unschlüssig. Das ist ein Ergebnis des 20. Restrukturierungsbarometers, das jetzt verfügbar ist.

Der Faktor Krieg

Die vom Westen gegenüber Russland verhängten Sanktionen machen sich dagegen schon heute bei vielen Unternehmen bemerkbar. Etwa die Hälfte der Restrukturierungsexperten (46 Prozent) registriert starke bis sehr starke Auswirkungen bei den von ihnen betreuten Portfoliounternehmen. „Die meisten Befragten sehen die größten Herausforderungen in den gestörten Lieferketten – und im Inflationsmanagement“, kommentiert Georgiy Michailov von Struktur Management Partner die aktuelle Situation. Auch Ausfälle russischer Kunden würden etliche Portfoliounternehmen treffen.

„Die meisten Befragten sehen die größten Herausforderungen in den gestörten Lieferketten – und im Inflationsmanagement“

Georgiy Michailov, Struktur Management Partner

Zu einer noch größeren Bedrohung wachsen sich hingegen die zuletzt massiv gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten aus. Die Frage, ob das ein Faktor sei, der für die betreuten Portfoliounternehmen existenzbedrohend werden könnte, bejahen 48 Prozent der befragten Banker mit Blick auf die Energiekosten beziehungsweise 44 Prozent mit Blick auf die Rohstoffkosten. Weitere 38 Prozent (Energiekosten) beziehungsweise 33 Prozent (Rohstoffkosten) geben an, zwar keinen solchen Fall zu betreuen, aber Unternehmen zu kennen, für die die hohen Preise existenzgefährdend werden könnten.

Russland-Engagements kritisch

Die Russland-Engagements ihrer Portfoliounternehmen – seien es Tochtergesellschaften, Kapitalbeteiligungen oder Joint Ventures – sehen viele Workout-Banker kritisch. Die Mehrheit (54 Prozent) der Befragten geht mindestens von der Notwendigkeit einer Teilabschreibung aus. Lediglich 6 Prozent der Finanzierungsexperten verneinen das, während sich 40 Prozent zum jetzigen Zeitpunkt noch keine fundierte Meinung darüber bilden können.

Kein klares Bild ergibt sich hingegen bei der Frage, ob neue staatliche Hilfsprogramme notwendig sind, um die Folgen des Ukraine-Kriegs zu bewältigen. Anfang April hatte sich die Bundesregierung auf ein Hilfspaket geeinigt, das unter anderem einen Zuschuss zur Dämpfung der Energiekosten für besonders betroffene Unternehmen sowie ein über die Förderbank KfW aufgelegtes Kredit- und Bürgschaftsprogramm vorsieht. Ob es das braucht, ist bei den Restrukturierungsexperten allerdings umstritten: 45 Prozent der Befragten sagen Ja zu neuen staatlichen Hilfsprogrammen, 37 Prozent Nein, und 18 Prozent sind in diesem Punkt unentschlossen. Inzwischen sind die KfW-Hilfen aber angelaufen, einige Unternehmen fragen diese nach einer Umfrage von DerTreasurer unter führenden Banken nach.

Wie sich die Finanzierung von Restrukturierungsfällen derzeit darstellt, und wie sich Work-out-Abteilungen in Banken aufstellen: Das alles erfahren Sie in den ausführlichen Ergebnissen des 20. Restrukturierungsbarometers. Zu den vorhergehenden Umfragen geht es hier.

redaktion[at]finance-magazin.de

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