FINANCE-Studie

Nachhaltigkeit und Green Finance

Weichen stellen für die Zukunft

Nachhaltigkeit ist für Unternehmen längst zu einem entscheidenden Hebel in puncto Wettbewerbsfähigkeit, Risikomanagement und Investor Relations geworden. Die meisten Unternehmen haben diese Denkweise verinnerlicht, wie die sechste Auflage der Studie von FINANCE und LBBW zeigt. Zu einem starken Wachstum am Green-Finance-Markt führt das aktuell allerdings nicht: Die aktive Nutzung nachhaltiger Instrumente bleibt hinter den Erwartungen zurück und stagniert im Vergleich zu 2024 weitgehend. Wie Unternehmens- und Finanzentscheider auf nachhaltige Finanzierungen blicken und welche Perspektiven sie für die Zukunft sehen, beantwortet die Studie „Green Finance“. Die ausführliche Fassung können Sie über den folgenden Button herunterladen.

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Quelle: cameris – stock.adobe.com

Wettbewerbsfähigkeit und Effizienz im Fokus

Die deutsche Wirtschaft kämpft mit anhaltenden Schwierigkeiten: 2024 verzeichnete das BIP einen Rückgang von 0,2 Prozent und schrumpfte damit zum zweiten Mal in Folge. Vor diesem Hintergrund sind für die befragten Unternehmensentscheider aktuell drei Themenfelder am wichtigsten: die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, Kostenoptimierung und Effizienzsteigerung sowie die konjunkturelle Lage. 57 Prozent stellen die Wettbewerbsfähigkeit in den Vordergrund. Das entspricht einem Anstieg um 12 Prozentpunkte im Vergleich zum Jahr 2024. Die internationale Konkurrenz sorgt hier für Dynamik. Das Thema, Effizienz zu steigern und Kosten zu reduzieren, bleibt mit 57 Prozent etwa auf dem Vorjahresniveau. Bei den Unternehmen mit einem Umsatz von mindestens 500 Millionen Euro sind es sogar 68 Prozent. Zudem hat eine Mehrheit der Unternehmensentscheider die konjunkturelle Lage weit oben auf der Firmenagenda.

Was sind für Sie derzeit wichtige Themenfelder?1;
in Prozent der befragten Unternehmensentscheider;
n = 135

1Mehrfachnennungen möglich; Darstellung der Top-5-Antworten

Quellen: FINANCE/F.A.Z. Business Media | research, LBBW

74%

der Unternehmensentscheider erwarten, dass die Vernachlässigung von Nachhaltigkeit den langfristigen wirtschaftlichen Erfolg schmälert.

52%

der Finanzentscheider bewerten die wirtschaftliche Lage der eigenen Branche als stabil.

Die gegenwärtig angespannte Wirtschaftslage lässt andere Themen in den Vordergrund rücken, doch die Unternehmen haben Nachhaltigkeit weiter auf dem Radar. Nur 7 Prozent der Unternehmensentscheider und 13 Prozent der Finanzentscheider sagen, die nachhaltige Transformation spiele für sie „(noch) keine Rolle“. Diese Minderheit dürfte in den nächsten Jahren noch kleiner werden: Etwa drei Viertel der Unternehmensentscheider erwarten, dass Unternehmen, die das Thema Nachhaltigkeit hintanstellen, auf lange Sicht wirtschaftlich schlechter performen werden. Nachhaltigkeit ist längst zu einem Wettbewerbsvorteil geworden.

Trotz der gegenwärtigen Unsicherheiten meldet gut die Hälfte der Finanzentscheider zum Zeitpunkt der Befragung im Herbst 2024 eine stabile Wirtschaftslage in ihrer Branche. Für die andere Hälfte zeigt sich ein gemischtes Bild: Je ein Viertel verortet die eigene Branche in einem Auf- beziehungsweise Abwärtstrend. Im Krisenmodus befinden sich nur die wenigsten (7 Prozent). Allerdings sind große Sparten, wie Automotive, zuletzt stark unter Druck geraten – eine Situation, die auf andere Bereiche übergreifen könnte.

Welche Hindernisse begegnen Ihrem Unternehmen aktuell bei der Transformation zu mehr Nachhaltigkeit?1

42%

fehlende personelle Ressourcen

37%

hohe Initialkosten für Nachhaltigkeit

33%

wenig Nachfrage von Kunden

1Darstellung der Top-3-Antworten; Mehrfachnennungen möglich; befragte Finanzentscheider

Quellen: FINANCE/F.A.Z. Business Media | research, LBBW

Nachhaltige Finanzierung als Anreiz zur Transformation

Die Beschäftigung mit nachhaltiger Kapitalbeschaffung ist längst Usus bei Unternehmen: 65 Prozent der befragten Finanzentscheider haben sich bereits mit nachhaltigen Finanzierungen auseinandergesetzt. Zudem haben weitere 11 Prozent der Befragten vor, sich damit zu beschäftigen. Mit der Umsatzhöhe steigt die Erfahrung bei diesem Thema und erreicht 93 Prozent bei Befragten aus Unternehmen, die 500 Millionen Euro oder mehr umsetzen. 

Für mehr als zwei von fünf befragten Finanzentscheidern (41 Prozent) sind nachhaltige Finanzierungsinstrumente ein Anreiz, um eine entsprechende Transformation des Unternehmens anzutreiben; ein weiteres Drittel bestätigt dies „teilweise“. Diese Finanzierungen zeigen sich damit als wichtiger Baustein im Zusammenspiel von Politik, Finanz- und Realwirtschaft, wenn es um die Umgestaltung des Wirtschaftens geht.

Haben Sie sich in Ihrem Unternehmen bereits mit dem Thema „nachhaltige Finanzierungen“ auseinandergesetzt?;
in Prozent der befragten Finanzentscheider; n = 145

Quellen: FINANCE/F.A.Z. Business Media | research, LBBW

91%

der Finanzentscheider würden wieder nachhaltige Instrumente nutzen.

Wer den Schritt zu nachhaltigen Finanzierungen geht, macht laut den Befragten meist positive Erfahrungen: Gut neun von zehn derjenigen Finanzentscheider, die bereits mit solchen Instrumenten Erfahrung gesammelt haben, würden diese wieder nutzen. Unabhängig von der eigenen Nutzung sehen die Finanzentscheider vor allem die gesteigerte Reputation (66 Prozent), die verbreiterte Investorenbasis (42 Prozent) und den positiven PR-/Marketingeffekt (42 Prozent) als attraktive Aspekte dieser Finanzierungsform.

Noch ist die Nutzung eher selten

Die häufigste Art, wie Unternehmen ihre Investitionen in Nachhaltigkeit finanzieren, sind wie in den Vorjahren Förderkredite. Ein Drittel der Finanzentscheider hat diese bereits genutzt, und nur für ein Fünftel ist es grundsätzlich nicht denkbar, dieses Instrument zu verwenden.

Am zweithäufigsten werden ESG-linked Loans eingesetzt. Der Anteil der Finanzentscheider, die bereits an die Nachhaltigkeitsperformance gebundene Kredite aufgenommen haben, steigt seit Jahren kontinuierlich und erreicht 2025 einen Höchststand mit 22 Prozent – ein Anstieg um 5 Prozentpunkte verglichen mit 2024. Am dritthäufigsten nutzen die Befragten Green Loans (13 Prozent), deren Verbreitung sich seit 2020 fast verdoppelt hat. Stabil bis leicht steigend zeigen sich die verschiedenen Arten von nachhaltigen Schuldscheindarlehen, wobei die an grüne Projekte gebundene Form (9 Prozent) leicht vor der ESG-linked Variante (7 Prozent) liegt.

Unter den nachhaltigen Anleihen sind Green Bonds am beliebtesten (11 Prozent). Aufgrund des Aufwands beim Emittieren nutzen vor allem größere Unternehmen diese Art der Kapitalbeschaffung. Danach folgen Sustainable Bonds (7 Prozent) und Social Bonds (5 Prozent). Spezialisierte Finanzierungsinstrumente wie Sustainable-Supply-Chain-Finanzierungen (8 Prozent) oder ESG-linked Leasing (2 Prozent) spielen aktuell eher eine Nebenrolle am Markt.

Mit Blick auf die Zukunft des Marktes für nachhaltige Finanzierungen erwarten 64 Prozent der Finanzentscheider, dass die Nachfrage in den kommenden fünf Jahren deutlich steigen wird. Die Transformation zu mehr Nachhaltigkeit erfordert entsprechende Investitionen bei den Unternehmen.

Welche nachhaltigen Finanzierungsinstrumente kommen für Ihr Unternehmen grundsätzlich in Frage, welche haben Sie schon genutzt?1; „bereits genutzt“ in Prozent der befragten Finanzentscheider;

n 2025 = 134; n 2023 = 120; n 2021 = 127

1Mehrfachnennungen möglich; Darstellung ausgewählter Antworten

Quellen: FINANCE/F.A.Z. Business Media | research, LBBW

Was hindert Unternehmen aus Ihrer Sicht daran, nachhaltige Finanzierungen zu nutzen?1

63%

Aufwand für Erfassung und Reporting

60%

zu geringer finanzieller Vorteil

47%

(Nachhaltigkeits-)Daten nicht vorhanden

Darstellung der Top-3-Antworten; Mehrfachnennungen möglich; befragte Finanzentscheider

Quellen: FINANCE/F.A.Z. Business Media | research, LBBW

ESG zentrales Thema, Gesundheitsschutz wird wichtiger

Neun von zehn Unternehmensentscheidern geben an, sich in ihrem Unternehmen bereits mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigt zu haben. 7 Prozent haben dies noch nicht getan, wollen es aber nachholen; und 3 Prozent haben sich weder bisher mit Nachhaltigkeit befasst noch haben sie es in Zukunft vor. Dies betrifft vor allem kleinere Unternehmen: 20 Prozent der Unternehmen mit weniger als 25 Millionen Euro Umsatz geben an, das Thema bislang nicht angegangen zu sein. Und nur die Hälfte davon hat Nachhaltigkeit zumindest auf die Agenda gesetzt.

Das E in ESG, also ökologische Aspekte, war lange der wichtigste Nachhaltigkeitsbereich für viele Unternehmen. Schon 2024 zeigte die „Green Finance“-Studie, dass soziale und Governance-Themen wichtiger wurden. Dieser Trend setzt sich in der aktuellen Befragung fort, Maßnahmen aus beiden Bereichen nehmen an Bedeutung zu. Bei den sozialen Themen ist aktuell der Gesundheitsschutz der Mitarbeitenden das wichtigste Thema, gefolgt von Bildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Eine detaillierte Betrachtung der Maßnahmen in den ESG-Bereichen finden Sie im kostenfreien Studien-PDF.

90%

der Unternehmensentscheider haben sich mit Nachhaltigkeit beschäftigt.

71%

der Unternehmen stellen den Gesundheitsschutz ihrer Beschäftigten in den Mittelpunkt. 2024 waren es nur 53 Prozent.

Zwei Drittel haben den Überblick

Welche Schritte hat Ihr Unternehmen im Nachhaltigkeitsmanagement bereits getätigt?; in Prozent der befragten Finanzentscheider; n = 129

Quellen: FINANCE/F.A.Z. Business Media | research, LBBW

Die Finanzentscheider wurden gefragt, welche Schritte des Nachhaltigkeitsmanagements ihr Unternehmen bereits getätigt hat. Grundlage hierfür waren die von der LBBW entwickelten zehn Schritte zum Nachhaltigkeitsmanagement. Am häufigsten haben die Unternehmen bisher Be-standsaufnahmen durchgeführt – ein absolut wesentlicher Schritt: Sie ermöglichen es, die Ausgangssituation zu analysieren und Potentiale für Verbesserungen zu identifizieren. Damit bilden sie die Grundlage für eine fundierte Strategieentwicklung. Das Gros der Unternehmen hat dies inzwischen erkannt.

Je größer das Unternehmen, desto eher wurden die Schritte implementiert. Viele kleinere Unternehmen stehen derweil in puncto Nachhaltigkeitsmanagement noch ganz am Anfang: Fast vier von zehn Finanzentscheidern aus Unternehmen mit Jahresumsätzen unter 100 Millionen Euro geben an, ihr Unternehmen habe noch keinen der zehn Schritte ergriffen (39 Prozent). Bei denjenigen mit mindestens 500 Millionen Euro Umsatz gibt kein einziger Befragter diese Antwort.

Vorsichtiges Selbstbewusstsein erkennbar

61 Prozent der Unternehmensentscheider fühlen sich vollumfänglich oder eher gut vorbereitet auf die neue Regulatorik hinsichtlich nicht-finanzieller Berichterstattung. Lediglich 32 Prozent halten ihr Unternehmen für eher oder gar nicht vorbereitet. Vorsichtiges Selbstbewusstsein überwiegt, wenngleich dieser Befund nur mit Einschränkungen getroffen werden kann: Von den kleineren Unternehmen hält sich nur eine Minderheit für gut vorbereitet (38 Prozent), 48 Prozent fühlen sich (eher) schlecht vorbereitet. Bei den Unternehmen ab 500 Millionen Euro Umsatz fühlen sich derweil 85 Prozent (eher) gut vorbereitet – schließlich sind sie früher von den regulatorischen Neuerungen betroffen und mussten beziehungsweise müssen entsprechend schneller handeln.

Mein Unternehmen ist auf die neue Regulatorik in Sachen nicht-finanzieller Berichterstattung (z.B. die CSRD oder das LkSG) gut vorbereitet.; in Prozent der befragten Unternehmensentscheider;

unter 25 Millionen Euro Jahresumsatz: n = 29; 25 bis unter 500 Millionen Euro: n = 46; 500 Millionen Euro oder mehr: n = 34

Quellen: FINANCE/F.A.Z. Business Media | research, LBBW

89%

der Unternehmensentscheider sagen, dass der Regulator mehr
Klarheit und Stabilität bei den gesetzlichen Rahmenbedingungen
für Nachhaltigkeit schaffen muss.

64%

der Unternehmensentscheider geben an, dass die Umsetzung der CSRD
derart viele Kapazitäten bindet, dass Unternehmen kaum die Ressourcen
für die tatsächliche Umsetzung nachhaltiger Maßnahmen haben.

Quellen: FINANCE/F.A.Z. Business Media | research, LBBW