Ebit oder Ebitda – welche Kennzahl entscheidet den Deal?

Bei der Bewertung mittelständischer Unternehmen stellt sich regelmäßig die Frage: Soll die Bewertung auf Basis des Ebit (Ergebnis vor Zinsen und Steuern) oder des Ebitda (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) erfolgen? Beide Kennzahlen zeigen die operative Ertragskraft eines Unternehmens – jedoch mit unterschiedlichem Tiefgang. Die Entscheidung darüber beeinflusst nicht nur die rechnerische Bewertungsspanne, sondern auch die Argumentation im Verkaufsprozess. Unterschiedliche Perspektiven auf denselben Betrieb Das Ebitda ist der Standard für erste Marktansprachen, etwa bei indikativem Pricing oder der Erstellung eines Teasers. Es zeigt, was das Unternehmen heute operativ verdient – ohne Rücksicht auf Finanzierung, Besteuerung oder Reinvestitionen. Dadurch ist es international anschlussfähig und besonders geeignet für kapitalarme Geschäftsmodelle oder Cashflow-orientierte Investoren. Das Ebit geht einen Schritt weiter. Es bezieht den planmäßigen Substanzverzehr – also Abschreibungen – mit ein und eignet sich vor allem bei substanzintensiven Unternehmen, etwa in der Produktion oder im Maschinenbau. Es zeigt, was langfristig erwirtschaftet wird – nach dem Erhalt der betrieblichen Substanz. Dennoch kann das EBIT durch bilanzpolitische Spielräume, degressive Abschreibungen oder Sonderabschreibungen verzerrt sein. Solche Effekte gilt es zu erkennen und zu bereinigen. Bewertungskorridor statt Einheitswert Ebit-Multiples sind in der Praxis naturgemäß höher als Ebitda-Multiples. Es ergibt sich aus beiden Ansätzen ein Bewertungskorridor: Die Ebitda-Methode bildet in der Regel die obere, die Ebit-Methode die untere Grenze der Bandbreite. Innerhalb dieses Korridors erfolgt die Präzisierung des Unternehmenswerts, basierend auf: dem Zustand und der Ausstattung des Anlagevermögens (Investitionsstau vs. Modernität), der Finanzierungsform (Eigenmittel, klassische Finanzierung, operatives Leasing), sowie bilanzpolitischen und steuerlichen Besonderheiten, wie z. B. degressiver Abschreibung oder temporären steuerlichen Investitionsanreizen. Zur Einordnung des Unternehmens innerhalb des Bewertungskorridors können ergänzende Methoden wie das DCF-Verfahren, die Substanzwertmethode oder das Ertragswertverfahren herangezogen werden. Sie dienen der Plausibilisierung – insbesondere bei breiten Bewertungsspannen oder Sondersituationen. Vom Unternehmenswert zum Kaufpreis Sowohl Ebit- als auch Ebitda-basierte Multiples beziehen sich auf den Enterprise Value, also den Gesamtunternehmenswert vor Berücksichtigung von Finanzverbindlichkeiten oder überschüssiger Liquidität. Der Übergang zum finalen Kaufpreis erfolgt über eine stichtagsbezogene Equity Bridge, in der Bilanzpositionen wie Nettofinanzverschuldung oder Working Capital berücksichtigt werden. Der Markt bestimmt den Preis Trotz aller rechnerischen Präzision: Der finale Preis entsteht nicht im Bewertungsmodell, sondern im Markt. Er ist abhängig von: der Marktdynamik (Zinsniveau, Konjunktur, Investorenverhalten), dem strategischen Fit (Synergiepotenziale, Marktzugang, Skaleneffekte), und der Qualität des Transaktionsprozesses. Ein professionell geführter Verkaufsprozess, der echtes Käuferinteresse weckt und strukturierten Wettbewerb erzeugt, kann den erzielbaren Kaufpreis signifikant steigern. Hier liegt ein wesentlicher Hebel in der Arbeit des M&A-Beraters. „Das Ebitda zeigt, was heute möglich ist. Ebit zeigt, ob das morgen noch trägt“, erklärt Patrick Seip, Geschäftsführer der M&A-Beratung Syntra. „Eine realistische Unternehmensbewertung berücksichtigt beides. Sie identifiziert die Bewertungsspanne, präzisiert sie entlang wirtschaftlicher sowie bilanzieller Realitäten und plausibilisiert das Ergebnis durch zusätzliche Bewertungsansätze.“ Doch erst im Zusammenspiel mit Marktmechanik, Käuferstruktur und Transaktionsführung wird daraus ein tragfähiger Kaufpreis. Autor Patrick Seip Geschäftsführer und Partner Syntra Corporate Finance

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