Warum Warburg Pincus ein so hohes Multiple für PSI zahlt

Vor wenigen Tagen bekam der Private-Equity-Investor Warburg Pincus grünes Licht für den Kauf von PSI Software. Der Preis, den der Finanzinvestor dafür zahlen will, ist beträchtlich. Schon der Aufschlag für die Aktionäre wirkt üppig: Warburg Pincus bietet eine Prämie von 84 Prozent auf den Schlusskurs der PSI-Aktie vom 8. Oktober. Ziel ist es, mindestens 50 Prozent der Anteile plus eine Aktie zu erwerben, während E.on als PSI-Kunde mit 17,7 Prozent weiterhin als bedeutender Aktionär vertreten bleibt. Zahlt Warburg Pincus das 140fache des Ebit? Betrachtet man den operativen Gewinn (Ebit) von PSI, wird der Kaufpreis umso erstaunlicher. Für 2025 erwartet der Software-Anbieter einen Umsatz von rund 300 Millionen Euro und ein bereinigtes Ebit (vor Transformationskosten) von etwa 12 Millionen Euro. Warburg Pincus bewertet PSI inklusive der Nettofinanzschulden mit rund 750 Millionen Euro, was zu einem Ebit-Multiple von 62,5x führt. Wenn man hingegen das unbereinigte, erwartete Ebit von 5,4 Millionen Euro heranzieht, liegt der Kaufpreis sogar bei fast dem 140fachen des operativen Gewinns für 2025. Info Über PSI Software Der PSI-Konzern entwickelt und integriert mit eigenen Softwareprodukten Lösungen für die Optimierung des Energie- und Materialflusses bei Versorgern und in der Industrie. Ein Großkunde ist E.on, der auch gleichzeitig Aktionär bei PSI ist. Mit dem Strategieprogramm „PSI Reloaded“ wollen die Berliner den Weg in die Cloud schaffen. Die Pläne gelten als ambitioniert.PSI erwartet für 2025 einen Umsatz von rund 300 Millionen Euro bei einer Ebit-Marge von etwa 4 Prozent. Bis 2027 sollen der Umsatz auf etwa 350 Millionen Euro und die Marge auf 9 Prozent anwachsen. Zur Einordnung: Laut FINANCE Multiples liegt das übliche Ebit-Multiple im Large-Cap-Bereich zwischen 8,4x und 10,3x. Selbst im Mid-Cap-Segment wäre ein Wert von 11x das Maximum. Warum ist Warburg Pincus bereit, für das Asset so viel Geld auf den Tisch zu legen? Umsatz-Multiple bei PSI wichtiger Zunächst ist für die Softwarebranche, wie Julian Riedlbauer betont, gerade im Software-as-a-Service-Bereich (SaaS-Bereich) das Umsatz-Multiple entscheidend. „In dieser Branche setzt man weniger auf das Ebit-Multiple“, erklärt der Partner im Bereich M&A und Growth Equity Fundraising Advisory der global tätigen Investmentbank Drake Star. Der Grund: „Firmen im SaaS-Bereich optimieren typischerweise eher auf Wachstum und nicht auf Profitabilität. Sie zeigen also ihr maximales Profit-Potential noch nicht.“ Zudem sei meist die Kundenbindung sehr hoch. „Da ist eine Bewertung auf Ebitda-Multiple-Basis nicht angemessen, sondern der Markt bewertet auf Umsatz- oder Annual Recurring Revenue-Multiple Basis.“ Und tatsächlich: Warburg Pincus liegt beim Umsatz-Multiple bei ziemlich genau dem 2,5fachen des erwarteten PSI-Umsatzes. Das Maximum bei Large Caps im Bereich Software lag die vergangenen Monate laut FINANCE Multiples bei etwa 2,7x Umsatz. Im September gab es sogar einen Sprung auf 4,1x Umsatz, wobei das ein statistischer Ausreißer sein kann. So oder so: Der Kaufpreis von PSI durch Warburg Pincus sieht so schon deutlich moderater aus. „PSI ist ein erfolgreiches Unternehmen, das die Transformation hin zur Cloud und zu SaaS noch ein großes Stück weit vor sich hat.“ Julian Riedlbauer, Drake Star Zudem leuchtet Marktteilnehmern die Logik hinter dem PSI-Deal ein. Und für einen sinnvollen Deal ist Private Equity meist bereit, mehr zu bezahlen. „PSI ist ein erfolgreiches Unternehmen, das die Transformation hin zur Cloud und zu SaaS noch ein großes Stück weit vor sich hat“, erklärt Riedlbauer, der vor allem in der Software- und Tech-Industrie berät. Derzeit generiert PSI weniger als die Hälfte seiner Erlöse aus diesen zukunftsträchtigen Bereichen. „Wenn die Transformation gelingt, könnte das Umsatz-Multiple von PSI schnell auf das Sechs- oder sogar Zehnfache ansteigen.“ Auch Warburg Pincus hat Erfahrung im Softwarebereich und dürfte hier hoffen, seine Stärken ausspielen zu können. Kurzfristige Belastungen durch Transformation Kurzfristig allerdings leidet PSI unter der Transformation, was sich in den niedrigen Margen und dem aktuellen Ebit widerspiegelt. Im vergangenen Jahr war das Unternehmen zudem Ziel einer Cyberattacke, was zu einem operativen Verlust von 15,3 Millionen Euro führte. Langfristig wird jedoch ein deutlicher Anstieg des Ebit erwartet. Das Researchhaus Dr. Kalliwoda prognostiziert für 2028 einen operativen Gewinn von fast 40 Millionen Euro. Auch die Analysten der DZ Bank sehen PSI bis dahin in dieser Größenordnung. „Faire“ Bewertung trotz hohem Preis Die Kaufpreisermittlung von Warburg Pincus ist nicht zuletzt deshalb so hoch, weil es ein Bieterrennen um PSI Software gab. Neben Warburg Pincus sollen auch die softwarefokussierten Finanzinvestoren Thoma Bravo und Hg Capital Interesse an PSI gezeigt haben. Externer Inhalt von Datawrapper Um externe Inhalte anzuzeigen, ist Ihre widerrufliche Zustimmung nötig. Dabei können personenbezogene Daten von Drittplattformen (ggf. USA) verarbeitet werden. Weitere Informationen. Immer entsperren Einmalig entsperren Thoma Bravo besitzt unter anderem den US-Softwarekonzern Coupa, der vor fünf Jahren den deutschen Treasury-Systemanbieter Bellin übernommen hat. Hg Capital hält die Mehrheit an dem Softwareanbieter Serrala und musste kürzlich 175 Millionen Euro abschreiben, wie die FINANCE-Schwesterpublikation DerTreasurer berichtete. Trotz des doch recht hohen Multiples bezeichnet Berater Riedlbauer die Bewertung von PSI durch Warburg Pincus als „fair“, vor allem „wenn es dem Unternehmen gelingt, die Transformation hin zu Cloud und SaaS erfolgreich umzusetzen“. Enterprise Software stehe bei Finanzinvestoren hoch im Kurs. „In Deutschland gibt es jedoch nicht viele attraktive Ziele, wenn man viel Kapital einsetzen möchte“, so Riedlbauer.

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