Dr. Florian Harig, Autor bei FINANCE https://www.finance-magazin.de/ueber-uns/gastautor/dr-florian-harig/?mab_v3=161516 für kluge Finanzentscheidungen Thu, 24 Aug 2023 09:26:25 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.8.3 Umgang mit der Rückzahlung von Überbrückungshilfen https://www.finance-magazin.de/expertenbeitraege/umgang-mit-der-rueckzahlung-von-ueberbrueckungshilfen-161516/ Wed, 23 Aug 2023 13:09:06 +0000 https://www.finance-magazin.de/?p=161516 Die Rückzahlung der Überbrückungshilfen fängt bald an. Foto: Andrii Yalanskyi - stock.adobe.com

Unternehmen müssen bald die Schlussrechnung für die Überbrückungshilfen I und II stellen. Das ist dabei zu beachten.

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Die Rückzahlung der Überbrückungshilfen fängt bald an. Foto: Andrii Yalanskyi - stock.adobe.com

Unternehmen müssen bald die Schlussrechnung für die Überbrückungshilfen I und II stellen. Das ist dabei zu beachten.

Die Pandemie und die damit verbundenen Maßnahmen, insbesondere die Lockdowns, brachten viele Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Als Ausgleich gewährten Bund und Länder unter anderem die Hilfsgelder im Wege der Überbrückungshilfe. Antragsberechtigt waren Unternehmen, die in den Monaten der Pandemie-Maßnahmen erhebliche Umsatzeinbrüche im Vergleich zum Vorjahresmonat zu verzeichnen hatten.

Die durch die Covid19-Pandemie und die Maßnahmen zur Eindämmung verursachten Umsatzverluste trafen die Unternehmen, insbesondere im Einzelhandel und Dienstleistungssektor, ohne eigenes Verschulden. Durch KfW-Darlehen und Überbrückungs- beziehungsweise Soforthilfen wurde dem entgegengewirkt. KfW-Darlehen führten dabei zur weiteren Verschuldung der Unternehmen, während Überbrückungshilfen lediglich im Fall zu viel gewährter Mittel zu weiteren Verbindlichkeiten führen.

Schlussabrechnung für Überbrückungshilfen 2023 fällig

Zum 31.08.2023 ist die Schlussabrechnung für die Überbrückungshilfen I und II fällig. Die Unternehmen können zudem eine Fristverlängerung bis zum 31.12.2023 beantragen. Die Schlussrechnung ist durch einen sogenannten „prüfenden Dritten“ zu erstellen und online einzureichen. Die Schlussabrechnung muss für alle in einem Antragspaket erhaltenen Überbrückungshilfen gestellt werden.

Kommt die prüfende Behörde zu dem Ergebnis, dass die Überbrückungshilfe in zu hohem Umfang gewährt wurde, kann es zu Rückzahlungsbescheiden kommen. Derartige Rückzahlungsforderungen können die Unternehmen erneut in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen, denn die Verbindlichkeiten treffen die Unternehmen in einer wiederum angespannten Wirtschaftslage.

Mittlerweile sind durch die Energiekrise und Inflation sowie die in großen Teilen ebenfalls durch die Pandemie verursachten Engpässe in den Lieferketten weitere wirtschaftliche Herausforderungen aufgetreten. Diese führen bei vielen Unternehmen zu angespannten Liquiditätssituationen. Durch mögliche Rückforderungen von Überbrückungshilfen drohen weitere Belastungen der vielfach ohnehin bereits knappen Liquidität.

Unternehmen haben sechs Monate Rückzahlungszeit

Soweit die Bewilligungsstelle einen Rückforderungsanspruch feststellt, hat sie im Schlussbescheid eine angemessene Zahlungsfrist festzusetzen. Die Bewilligungsstellen berechnen anhand der Schlussabrechnung etwaige Rückzahlungen sowie potentielle Nachzahlungen zu Gunsten des Berechtigten je nach Förderprogramm und erlassen jeweils einen gesonderten Bescheid.

Die Frist zur Abgabe der Schlussabrechnung endet spätestens am 31.12.2023. Es ist nach Einreichung der Schlussabrechnung mit einer mehrmonatigen Bearbeitungszeit zu rechnen. Nach Erlass eines Schlussbescheids beträgt die Rückzahlungsfrist jeweils sechs Monate ab Datum des Schlussbescheids. Bis zum Ende dieser Frist ist keine Verzinsung zu leisten. In Abstimmung mit den Bewilligungsstellen können die Unternehmen Stundungs- und Ratenzahlungsvereinbarungen für bis zu 24 Monate, im Einzelfall sogar bis zu 36 Monate, treffen.

Was wenn eine Insolvenz droht?

Ab Fälligkeit der Rückzahlungsforderungen erfolgt eine Verzinsung in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz. Ab diesem Zeitpunkt müssen die Unternehmen die Rückforderungsansprüche auch in einen insolvenzrechtlichen Finanzstatus zur Prüfung der Zahlungsfähigkeit einstellen.

Im Rahmen der insolvenzrechtlichen Fortbestehensprognose bei der Prüfung der Überschuldung sowie im Rahmen der Prüfung des Jahresabschlusses sind etwaige Verbindlichkeiten aus Rückforderungen bereits für die jeweils kommenden zwölf Monate einzuplanen.

Die in § 1 StaRUG vorgesehene Pflicht zur Krisenfrüherkennung und zum Krisenmanagement erfordert darüber hinaus einen Prognosezeitraum für die jeweils nächsten 24 Monate.

Sobald Rückforderungsbescheide zugehen, sollten Unternehmen aktiv in die Kommunikation mit den Bewilligungsstellen gehen, um Ratenzahlungen vereinbaren zu können. Auch hierbei dürfte die Vorlage einer Liquiditätsplanung für die jeweils nächsten zwölf Monate die Verhandlungen erleichtern. Diese Planung sollte den möglichen Spielraum für Ratenzahlungen unter Berücksichtigung der weiteren zu erwartenden Kostensteigerungen in den Jahren 2023 und 2024 abbilden.

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Transformation der Retail-Branche https://www.finance-magazin.de/expertenbeitraege/transformation-der-retail-branche-155307/ Wed, 14 Jun 2023 15:49:50 +0000 https://www.finance-magazin.de/?p=155307 Retail-Unternehmen müssen sich transformieren. Foto: onlyyouqj - stock.adobe.com

Retail-Unternehmen sind in den vergangenen Jahren unter Druck geraten. Das betrifft insbesondere Filialisten. So gehen Unternehmen die Restrukturierung an.

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Retail-Unternehmen müssen sich transformieren. Foto: onlyyouqj - stock.adobe.com

Retail-Unternehmen sind in den vergangenen Jahren unter Druck geraten. Das betrifft insbesondere Filialisten. So gehen Unternehmen die Restrukturierung an.

Der stationäre Einzelhandel hat im Bereich Non-food durch die Konkurrenz aus dem E-Commerce teils erhebliche Umsatzeinbußen in den vergangenen Jahren hinnehmen müssen. Durch die Einschränkung im Zuge der Covid19-Pandemie in den Jahren 2020 bis 2021 kamen weitere, extern bedingte Umsatzverluste hinzu. Zudem änderten die Konsumenten ihre Einkaufsgewohnheiten und bevorzugen zunehmend das Onlineshopping sowie mobile Einkäufe.

Teilweise konnte der Einzelhandel diesen Verlusten durch rechtzeitige Online-Strategien entgegenwirken. Doch es gilt: Filialisten müssen sich anpassen und ihre Geschäftsmodelle sowie die Einkaufserlebnisse als solche transformieren.

Retail-Branche: hoher Kostendruck

Nach der Aufhebung der Maßnahmen gegen die Pandemie ist die Kundenzahl in den Innenstädten – entgegen den Erwartungen – wieder deutlich gestiegen. Im Bereich E-Commerce stagniert das erwartete Wachstum. Einzelne Händler haben die Kapazität im Online-Segment als Reaktion auf die stationären Umsatzrückgänge überdimensioniert. Auch dies kann zu Verlusten führen.

Die seit 2022 anhaltende hohe Inflationsrate führt zudem zur Kaufzurückhaltung der Kunden und drückt erneut die Umsätze. Diesen Umsatzrückgang spüren insbesondere Premiumsegmente, auch im Food-Bereich.

Letztlich steht der Retail-Bereich unter hohem Kostendruck in Bezug auf Miet- und Betriebskosten und spürt den Arbeits- und Fachkräftemangel besonders stark, weil Löhne und Gehälter im Branchenvergleich eher niedrig sind. Wenn kein qualifiziertes Personal mehr in den Filialen ist, greift ein zentrales Argument für den stationären Handel – die Beratung vor Ort – nicht mehr. Der Ausbau des Online-Geschäfts hingegen führt zu einem Anstieg von Marketing- und Werbekosten sowie zu hohen Anfangsinvestitionen, um die notwendige Infrastruktur in den Bereichen IT und Logistik zu schaffen.

Schutzschirm eignet sich gut für Retail-Unternehmen

Diese Entwicklungen zeigen sich auch in der Praxis. In den vergangenen Monaten häuften sich die Insolvenzanträge im Einzelhandel: Galeria Karstadt Kaufhof, Peek & Cloppenburg und Görtz sind nur einige Beispiele. Sie zeigen aber, dass es neben der Konkurrenz durch E-Commerce oder den Nachwirkungen des Lockdowns noch weitere Gründe für die Insolvenzanträge gibt. gibt. Peek & Cloppenburg etwa plant nicht, Filialen zu reduzieren.

Damit die Transformation gelingt, benötigen Retail-Unternehmen eine umfassende Strategie. Eine Maßnahme, auf die mehrere Einzelhändler zuletzt setzten, kann das Schutzschirmverfahren sein. Damit können sich Unternehmen operativ und finanziell restrukturieren. Durch ein Sonderkündigungsrecht für Mietverhältnisse kann bei Bedarf die Filialstruktur neu aufgestellt werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, langlaufende Verträge zu beenden und so Rahmenlieferverträge, Marketingkooperation oder Point-Of-Sale-Partnerschaften neu zu strukturieren. Personelle Veränderungen in der Verwaltung oder auf der Fläche sind im Schutzschirmverfahren mit kürzeren Fristen und gedeckelten Sozialplanansprüchen möglich.

Gleichzeitig ermöglicht das Schutzschirmverfahren eine finanzielle Restrukturierung. Altverbindlichkeiten können neu geordnet werden. Die bereinigte Bilanz ermöglicht einen Neustart und notwendige Investitionen können tatsächlich in die Transformation und die Bereiche E-Commerce, Marketing und Branding fließen. Selbst bei Erhalt bestehender Filialstrukturen, bietet die Möglichkeit der Kündigung unter dem Schutzschirm eine gute Ausgangsbasis für Nachverhandlungen mit Vermietern über Konditionen.

Gerade bei Verbrauchsgütern bestehen anders als in der Industrie keine größeren Gewährleistungsthemen, so dass die Sanierung den Kunden nicht schadet und bestenfalls von diesen kaum wahrgenommen wird.

Sanierungskonzept ist ein Muss

Eine Sanierung unter dem Schutzschirm muss jedoch von einem Sanierungskonzept begleitet sein und darf nicht nur für die Möglichkeit der Sonderkündigungsrechte oder verkürzten Kündigungsfristen genutzt werden. Der Gesetzgeber sieht den Schutzschirm als Sanierungsverfahren, bei dem die Interessen der Gläubigergemeinschaft zu wahren sind.

Ein Sanierungskonzept, begleitet durch eine umfassende Kommunikationsstrategie, kann die notwendige Transformation umsetzen und einen Auftritt als modernes, zukunftsorientiertes Unternehmen schaffen.

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Unternehmensplanung als Versicherung: Wie Start-ups sich vor der Insolvenz schützen können https://www.finance-magazin.de/expertenbeitraege/unternehmensplanung-als-versicherung-wie-start-ups-sich-vor-der-insolvenz-schuetzen-koennen-114370/ Mon, 21 Mar 2022 09:38:13 +0000 https://www.finance-magazin.de/?p=114370 Eine gute Unternehmensplanung ist für Start-ups unerlässlich. Auch das Thema Insolvenz sollten sie dabei nicht aussparen.

Für Start-ups ist die Finanzierung genauso wichtig wie eine gute Idee. Doch was tun, wenn eine Finanzierung ausläuft, die nächste aber noch nicht verbindlich vereinbart ist? Gerade bei knapper Liquidität sollten Gründer die wichtigsten Punkte des Insolvenzrechts kennen.

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Eine gute Unternehmensplanung ist für Start-ups unerlässlich. Auch das Thema Insolvenz sollten sie dabei nicht aussparen.

Für Start-ups ist die Finanzierung genauso wichtig wie eine gute Idee. Doch was tun, wenn eine Finanzierung ausläuft, die nächste aber noch nicht verbindlich vereinbart ist? Gerade bei knapper Liquidität sollten Gründer die wichtigsten Punkte des Insolvenzrechts kennen.

In der Gründungs- und Wachstumsphase sind Finanzierungsrunden für Start-ups an der Tagesordnung. Darüber werben die jungen Unternehmen Mittel von Investoren ein, um damit die nächste Phase ihrer Entwicklung anzugehen. Bei der Gründung müssen Start-ups zunächst einen Finanzierer aus dem privaten oder öffentlichen Sektor für die Geschäftsidee begeistern. Im nächsten Schritt entwickeln die Verantwortlichen ihr Geschäftsmodell dann zur Marktreife weiter.

Diese Entwicklungsphase kann lange dauern: Start-ups für nachhaltige Energie müssen beispielsweise oft über Jahre intensive Forschungs- und Entwicklungsarbeit betreiben. Diesen Bemühungen steht eine unsichere Gewinnerwartung gegenüber. Ähnliches gilt für Technologieunternehmen, die erst ihre Plattform aufbauen und dann eine bestimmte Anzahl an Nutzern dafür gewinnen müssen. Parallel dazu müssen die Gründer zudem in ihrem eigenen Unternehmen eine Organisationsstruktur etablieren.

Mit fortschreitender Entwicklung eines Start-ups steigen auch die Anforderungen der Investoren: Im Gegenzug für die Finanzierung erwarten sie immer detaillierte Businesspläne, teilweise fordern die potentiellen Geldgeber einen Nachweis über die Umsatzentwicklung in den ersten Testmärkten.

Was Start-ups über Insolvenzrecht wissen sollten

Gründer sind gerade in der frühen Phase mit vielen Themen beschäftigt, meist jedoch nicht mit den Anforderungen des Restrukturierungsrechts oder mit Insolvenzantragspflichten. Dabei können Start-ups entstehende Verbindlichkeiten häufig nicht aus eigener Kraft bedienen und haben auch noch keine größeren Vermögenswerte, die ihren Gläubigern als Sicherheit dienen würden. Daher sind viele Start-ups bilanziell überschuldet. Das kann auch zur Insolvenzantragspflicht führen.

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Welche Formen der Insolvenz gibt es? Welche Unternehmen sind betroffen? Die wichtigsten Praxistipps und aktuelle Fälle in der Übersicht.

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Eine Lösung für dieses Dilemma bieten die Unternehmensplanung und eine daraus abgeleitete positive Fortbestehensprognose: Trotz bilanzieller Überschuldung liegt keine Überschulung im Sinne des Insolvenzrechts vor, wenn die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten überwiegend wahrscheinlich ist. Das Unternehmen muss dann keinen Insolvenzantrag stellen. Dafür muss das Start-up allerdings im Prognosezeitraum zahlungsfähig bleiben, also in den folgenden zwölf Monaten ausreichend Liquidität besitzen, um laufende Verbindlichkeiten spätestens bei Fälligkeit zahlen zu können. Diese Liquiditätsentwicklung ist aus der Unternehmensplanung abzuleiten. Dadurch ergibt sich ein gewisser Gleichlauf der Überschuldung mit der sogenannten drohenden Zahlungsunfähigkeit.

Wann ist eine Finanzierung wahrscheinlich?

Um die Prognose anstellen zu können, muss das Start-up also darlegen, dass seine Finanzierung für die folgenden zwölf Monate überwiegend wahrscheinlich ist. Das ist jedoch mit den oft kurzfristig erfolgenden Finanzierungsrunden kaum möglich. Wenn eine Finanzierungsrunde scheitert und die Insolvenz eintritt, droht der Geschäftsleitung des Start-ups eine persönliche Haftung: Der Insolvenzverwalter kann sich dann auf den Standpunkt stellen, dass die weitere Finanzierung in den zwölf Monaten, die dem Insolvenzantrag vorausgegangen sind, bereits nicht mehr überwiegend wahrscheinlich war.

Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber seit Anfang 2021 eine Verpflichtung jeder Geschäftsleitung zur Krisenfrüherkennung und zum Krisenmanagement eingeführt hat. Dafür müssen die Unternehmen prognostizieren, ob in den kommenden zwei Jahren eine Zahlungsunfähigkeit droht. Solche Prognosen spiegeln die Gegebenheiten bei den meisten Finanzierungsrunden im Start-up-Bereich allerdings nicht wider.

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Sorgfältige Dokumentation ist für Start-ups wichtig

Die Geschäftsleitung eines Start-ups sollte daher mit einer laufend aktuell gehaltenen Dokumentation vorsorgen. Sie muss detailliert und belastbar darlegen, dass die einzelnen Voraussetzungen für eine Durchfinanzierung für die kommenden zwölf Monate vorliegen. Mit einer solchen Dokumentation kann die Geschäftsleitung eine positive Fortbestehensprognose belegen. In die Bewertung müssen alle relevanten Vorbereitungen, Gespräche und sonstigen Fakten einfließen, aus denen sich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der Durchfinanzierung ergibt.

Wenn Finanzierungsbeiträge durch Dritte betrachtet werden, stellt die Rechtsprechung allerdings hohe Anforderungen an den Bewertungsmaßstab: Der Bundesgerichtshof entschied zuletzt im Jahr 2021, dass die bloße Aussicht auf eine Finanzierung allein nicht ausreicht, um diese berücksichtigen zu dürfen. Allerdings ist eine rechtsverbindliche Zusicherung ebenfalls nicht zwingend. Entscheidend ist vielmehr, ob die Geschäftsführung mit einem Finanzierungsbeitrag von dritter Seite mit überwiegender Wahrscheinlichkeit rechnen kann.

Risiken treffen Start-ups wie auch Investoren

Für Gründer und Geschäftsführer in Start-ups bleiben jedoch Rechtsunsicherheiten. Diese betreffen auch Investoren. Wenn die Insolvenzreife eintritt – etwa bei Verzögerungen während der nächsten Finanzierungsrunden – laufen die Geldgeber Gefahr, ihr Investment zu verlieren. Wird ein Insolvenzantrag gestellt, kann mit der richtigen Weichenstellung zwar auch eine Sanierung von Start-ups gelingen. Eine Sicherheit für den Investor, weiter im Geld zu bleiben, gibt es dabei aber nicht.

„Die Geschäftsleitung sollte bereits in frühen Gründungsstadien eine Dokumentation vorhalten, die auch insolvenzrechtliche Expertise beinhaltet.“

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in einer Entscheidung aus dem vergangenen Jahr die Besonderheiten von Start-ups berücksichtigt. Demnach kann unter bestimmten Voraussetzungen auch eine lediglich geäußerte Finanzierungsbereitschaft eines Investors bereits ausreichen, um eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der Durchfinanzierung anzunehmen. Eine bereits abgeschlossene Finanzierung sei dann nicht mehr Voraussetzung für die positive Fortbestehensprognose, urteilte das Gericht. Für Gründer und Geschäftsführer in Start-ups bietet dieses Gerichtsurteil zumindest eine Orientierung bezüglich der zu erfüllenden rechtlichen Anforderungen.

Schließlich müssen sich die Verantwortlichen fragen, ob ihr Businessplan die Wahrscheinlichkeit einer Durchfinanzierung beinhaltet. Dem Bundesgerichtshof kommt es dabei in seiner bisherigen Rechtsprechung weniger auf operative Konzepte an, sondern vielmehr auf eine belastbare Liquiditätsprognose. Die Geschäftsleitung sollte daher bereits in den frühen Gründungsstadien eine Dokumentation vorhalten, die auch insolvenzrechtliche Expertise beinhaltet. Ebenso sollten Investoren ihrerseits auf eine solche Dokumentation hinwirken und sich diese vom Start-up vorlegen lassen.

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Wie die Restrukturierung von Corona-Hilfsmaßnahmen gelingt https://www.finance-magazin.de/expertenbeitraege/wie-die-restrukturierung-von-corona-hilfsmassnahmen-gelingt-97665/ Mon, 25 Oct 2021 08:10:24 +0000 https://www.finance-magazin.de/?p=97665 Wer Corona-Hilfen restrukturieren möchte, muss dabei auch die Vorgaben des EU-Beihilferechts im Blick behalten.

Corona-Hilfen waren für viele Unternehmen in der Krise eine wichtige Stütze. Doch nun laufen die ersten Maßnahmen aus. Wer Hilfsfinanzierungen restrukturieren möchte, sollte einige Punkte beachten.

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Wer Corona-Hilfen restrukturieren möchte, muss dabei auch die Vorgaben des EU-Beihilferechts im Blick behalten.

Corona-Hilfen waren für viele Unternehmen in der Krise eine wichtige Stütze. Doch nun laufen die ersten Maßnahmen aus. Wer Hilfsfinanzierungen restrukturieren möchte, sollte einige Punkte beachten.

Während der Corona-Pandemie war schnelles Handeln gefragt: Der Bund legte mehrere Kreditprogramme über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) auf, um Unternehmen in der schwierigen Situation zu stützen. Die Kredite wurden in der Regel durch die Hausbanken ausgereicht, die KfW bürgte. Viele Betriebe haben ihre Verschuldung mit den Hilfsfinanzierungen außerplanmäßig erhöht.

Nun stehen die ersten Finanzierungen zur Rückzahlung an, doch nicht alle Unternehmen werden sie wie vorgesehen tilgen können. Sie müssen sich nun fragen, wie sie die Corona-Hilfen restrukturieren können.

EU-Beihilferecht betrifft Corona-Hilfen

Eine wesentliche Rolle kann dabei das Beihilferecht der Europäischen Union spielen, da die Corona-Kredite unter Mitwirkung des Staates gewährt wurden. Die Gewährung von staatlichen Beihilfen steht grundsätzlich im Widerspruch zum Gebot eines fairen Wettbewerbs auf dem EU-Binnenmarkt. Staatlich gewährte Beihilfen, die den Wettbewerb durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige verfälschen oder zu verfälschen drohen, sind mit dem EU-Recht unvereinbar, wenn sie den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten beeinträchtigen.

„Beihilfen können daher nur unter besonderen Voraussetzungen gewährt werden.“

Beihilfen können daher nur unter besonderen Voraussetzungen gewährt werden. Wird gegen diese Voraussetzungen verstoßen, entstehen Rückzahlungsansprüche in Höhe der gewährten Beihilfen. Diese müssen die zuständigen Behörden dann eintreiben. Auch wenn staatliche Geldgeber auf eine ursprünglich vorgesehene Rückzahlung verzichten, kann dies beihilferechtswidrig und damit unwirksam sein.

Einen Ausweg bietet eine Umwandlung der Mittel: Nach der aktuellen Fassung des befristeten Beihilferahmens der EU besteht unter bestimmten Voraussetzungen und innerhalb von definierten Höchstgrenzen die Möglichkeit, zur Rückzahlung anstehende Beträge in direkte Zuschüsse umzuwandeln. Dadurch wird ein Verzicht auf die Rückzahlung überflüssig.

Corona-Hilfen im „Private Creditor Test“

Doch es werden auch Darlehen zur Restrukturierung anstehen, für die sich diese Möglichkeit nicht bietet oder bei denen eine der beteiligten Parteien eine Umwandlung ablehnt. Auch diese müssen im Einklang mit dem EU-Beihilferecht restrukturiert werden. Eine Herausforderung dabei: Auch wenn die Gewährung eines Hilfskredits keine Beihilfe darstellt, kann ein Verzicht auf dessen Rückzahlung als unionsrechtswidrige Beihilfe gelten.

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Coronavirus

Finanzierungen und Märkte, M&A-Deals, Lieferketten und vieles mehr – das Coronavirus trifft die Corporate-Finance-Welt. Hier gibt es Einblicke und Handlungsempfehlungen.

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Ob dies zutrifft, können Betroffene mit dem „Private Creditor Test“ feststellen. Dabei vergleicht man das Verhalten des staatlichen Gläubigers bei der Verzichtserklärung mit dem Verhalten eines privaten Gläubigers in einer entsprechenden Situation. Würde auch ein umsichtiger privater Gläubiger, der sich in einer ähnlichen Lage befindet wie der öffentliche-rechtliche Gläubiger, die Forderung in gleichem Maße erlassen, dann stellt auch ein Verzicht durch den staatlichen Gläubiger keine Beihilfe dar. Bei der Beurteilung der Frage, wie sich ein privater Gläubiger verhalten würde, dürfen nur wirtschaftliche Vor- und Nachteile sowie die damit verbundenen Risiken berücksichtigt werden.

Bei der Verhandlung mit den beteiligten Kreditinstituten und der KfW über Sanierungsbeiträge, zum Beispiel im Rahmen einer Sanierungsmoderation, sollten die Beteiligten die KfW daher (tatsächlich oder hypothetisch) ebenso behandeln wie andere, nach Rentabilitätsgesichtspunkten agierende private Finanzierungsgläubiger.

Corona-Hilfen im StaRUG-Restrukturierungsplan

Wenn im Rahmen des präventiven Restrukturierungsrahmens nach dem StaRUG in einem Restrukturierungsplan ein Teilverzicht vereinbart wird, kommt es auf die Vergleichsrechnung und die Gruppenbildung an. Ob dieses Vorgehen dem marktkonformen staatlichen Handeln entspricht – und somit der „Private Creditor Test“ positiv ausfällt – richtet sich dann nach der Frage der Gleichbehandlung innerhalb einer Gläubigergruppe.

„Staatliche Gläubiger dürfen nicht allein aufgrund des Forderungscharakters ungleich behandelt werden.“

Werden wirtschaftlich vergleichbare private Gläubiger durch Einteilung in dieselbe Gruppe genauso behandelt wie die KfW und stimmt die Gruppe dem Plan mit qualifizierter Mehrheit zu, ist dies ein Indiz dafür, dass die Lösung marktkonform ist. Durch die im StaRUG vorgesehene Vergleichsrechnung lässt sich zudem belegen, dass es aus Sicht der Planbeteiligten kein besseres Alternativszenario zu einem Verzicht oder Teilverzicht der Gläubiger gab. Der Restrukturierungsplan kann damit auch maßgeblich zur Rechtssicherheit für einen „Private Creditor Test“ beitragen.

Wichtig ist, dass staatliche Gläubiger nicht allein aufgrund des Forderungscharakters ungleich behandelt werden dürfen. Es sollten daher bei der Bildung von Gläubigergruppen nicht nur staatliche, sondern auch private Gläubiger in die jeweilige Gruppe des Restrukturierungsplans aufgenommen werden. Falls dies nicht möglich ist, sind detailliere Angaben zur hypothetischen Gleichbehandlung eines privaten Gläubigers sinnvoll.

Sanierung im Insolvenzverfahren

In einem Insolvenzverfahren gilt bei einer Sanierung mittels Insolvenzplans eine entsprechende Vorgehensweise. Mit einer Vergleichsrechnung und der sinnvollen Einteilung der Gläubiger in Gruppen lässt sich auch im Falle einer Insolvenzplansanierung darlegen, dass KfW-Mittel und Forderungen privater Gläubiger auf vergleichbarer Basis behandelt werden.

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Insolvenz in Eigenverwaltung: Diese Grundsätze gelten ab 2021 https://www.finance-magazin.de/expertenbeitraege/insolvenz-in-eigenverwaltung-diese-grundsaetze-gelten-ab-2021-84367/ Wed, 04 Aug 2021 04:15:00 +0000 https://stage01.finance-magazin.de/allgemein/insolvenz-in-eigenverwaltung-diese-grundsaetze-gelten-ab-2021-84367/ Das Zusammenspiel zwischen Restrukturierern, Management und Sachwalter muss bei der Insolvenz in Eigenverwaltung stimmen.

Eine Insolvenz in Eigenverwaltung bietet dem Schuldner mehr Kontrolle als eine Fremdverwaltung. Doch wer das Verfahren nutzen will, muss bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Dies sind die wichtigsten Grundsätze im Überblick.

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Das Zusammenspiel zwischen Restrukturierern, Management und Sachwalter muss bei der Insolvenz in Eigenverwaltung stimmen.

Eine Insolvenz in Eigenverwaltung bietet dem Schuldner mehr Kontrolle als eine Fremdverwaltung. Doch wer das Verfahren nutzen will, muss bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Dies sind die wichtigsten Grundsätze im Überblick.

Im Krisenfall streben viele Unternehmen eine Insolvenz in Eigenverwaltung an. Der Grund: Anders als bei einer Fremdverwaltung behält das schuldnerische Unternehmen im Rahmen der Eigenverwaltung sowie des Schutzschirmverfahrens die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis. Das bedeutet, dass die handelnden Personen im Amt bleiben und das Verfahren ohne einen Insolvenzverwalter, nur unter Aufsicht eines Sachwalters abläuft.

Mit Beginn dieses Jahres hat der Gesetzgeber einige Vorschriften im Insolvenzrecht geändert. So trat das StaRUG mit dem präventiven Restrukturierungsrahmen in Kraft. Die Eigenverwaltung und das Schutzschirmverfahren sind durch das Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz (SanInsFoG) reformiert worden. Mit dessen Einführung gelten nun höhere Anforderungen an eine Insolvenz in Eigenverwaltung, allenfalls bis zum 31. Dezember 2021 bleibt unter bestimmten Voraussetzungen noch eine Eigenverwaltung unter den bisherigen Regelungen möglich.

Vorbereitung der Eigenverwaltung ist zentral

Alexander Reus

Anchor Rechtsanwälte

Alexander Reus

Um das Vertrauen der Gläubiger zu gewinnen und alle Sanierungsmöglichkeiten nutzen zu können, sind in Eigenverwaltungsverfahren insolvenzrechtliche Expertise und eine gewissenhafte Vorbereitung unerlässlich. Der Verein „Forum 270“, in dem sich Restrukturierungsexperten zusammengeschlossen haben, hat sich der Qualität und Verantwortung in der Eigenverwaltung verschrieben und bereits Ende 2018 Grundsätze einer ordnungsgemäßen Insolvenz in Eigenverwaltung aufgestellt. Diese nehmen die Vorbereitung und Umsetzung intensiv in den Blick.

Damit ein reibungsloser Start in das Verfahren gelingt, sollte ein starker Fokus darauf liegen, die Eigenverwaltung umfassend vorzubereiten. Die Kommunikation mit den Stakeholdern und eine verfahrensbezogene Liquiditäts- und Ergebnisplanung sind dafür unerlässlich.

„Die Zugangsvoraussetzungen in ein Eigenverwaltungsverfahren sind erhöht worden.“

Die Zugangsvoraussetzungen in ein Eigenverwaltungsverfahren sind mit den jüngsten Änderungen zum Jahreswechsel erhöht worden. Bereits beim Antrag auf Eigenverwaltung müssen Unternehmen nun eine für das Insolvenzverfahren spezifische Liquiditäts- und Ergebnisplanung für die ersten sechs Monate nach der Einleitung des Verfahrens vorlegen. Die Planung muss dabei nicht nur die Kosten zur Fortführung des Geschäftsbetriebs in der Eigenverwaltung, sondern auch die Verfahrenskosten berücksichtigen. 

Unternehmen müssen detailliert planen

Silvio Höfer

Anchor Rechtsanwälte

Silvio Höfer

Die Unternehmensverantwortlichen müssen in ihrer Planung alle positiven und negativen Effekte des Eigenverwaltungsverfahrens abbilden. Dazu zählen Effekte, die die Liquidität schonen – etwa die Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes für die Arbeitnehmer – aber auch belastende Effekte. So verändern sich beispielsweise häufig die Zahlungsbedingungen gegenüber Lieferanten und Dienstleistern, da diese in einer solchen Situation oft auf Vorkasse umstellen.

Einen besonderen Wert legt der Gesetzgeber darauf, dass die insolvenzrechtlichen Pflichten eingehalten werden: Das Unternehmen muss in der Lage sein, seine Geschäftsführung an den Interessen der Gläubiger auszurichten. Dafür benötigt es in der Regel insolvenzrechtliche Expertise durch einen Eigenverwaltungsgeschäftsführer, einen Generalbevollmächtigten oder zumindest durch insolvenzrechtlich erfahrene Berater. Sie kommen häufig schon zum Einsatz, wenn das Unternehmen seine Optionen analysiert und die Eigenverwaltung vorbereitet. 

Eigenverwaltung: Aufgaben sinnvoll verteilen

Dr. Florian Harig

Anchor Rechtsanwälte

Dr. Florian Harig

Unternehmen sollten die in der Eigenverwaltung anfallenden Aufgaben intern sinnvoll verteilen, indem der als Experte hinzugezogene Sanierer die insolvenzrechtlichen Aufgaben übernimmt, während sich die bisherige Geschäftsführung um die Fortführung des operativen Geschäfts kümmert. Zudem sollten die Verantwortlichen in einer Geschäftsordnung mit dem Sachwalter, der von einem Gericht bestellt wird, die Entscheidungswege transparent darlegen. Der Sachwalter sollte zudem Einblick in sämtliche Geschäftsvorgänge erhalten.

Der vom Unternehmen hinzugezogene Insolvenzexperte übernimmt in der Regel während des Eigenverwaltungsverfahrens die Kommunikation und die Abstimmung mit dem Gläubigerausschuss sowie dem Insolvenzgericht. Über die bisherige Geschäftsführung laufen dagegen meist weiterhin die Kunden- und Lieferantenkontakte, idealerweise übernimmt sie zudem die interne Kommunikation.

Restrukturierungsrahmen oder Eigenverwaltung?

Die Eigenverwaltung und das Schutzschirmverfahren bieten – im Gegensatz zum präventiven Restrukturierungsrahmen nach dem StaRUG – auch umfassende Instrumente zur operativen Sanierung. So können Unternehmen in der Eigenverwaltung Dauerschuldverhältnisse beenden, es greifen kürzere Kündigungsfristen bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen und die Sozialplanvolumina sind begrenzt. Darüber hinaus profitiert das Unternehmen von einem positiven Effekt des Insolvenzgelds und kann diesen nutzen, um Liquidität aufzubauen. 

Beim Gang in die Eigenverwaltung muss ein Unternehmen seit Jahresanfang auch ein Konzept für die Durchführung des Insolvenzverfahrens vorlegen. Dieses Konzept muss sowohl das Ziel des Verfahrens als auch die sich daraus ableitenden Maßnahmen beinhalten. Das Insolvenzverfahren bietet die Möglichkeit, über einen Insolvenzplan mit einfacher Mehrheit Schuldenschnitte zu vereinbaren und gesellschaftsrechtliche Maßnahmen, etwa Kapitalherabsetzungen, umzusetzen. Weitere Optionen in der Eigenverwaltung sind eine übertragende Sanierung über einen Asset Deal oder die Liquidation.

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Die neuen gesetzlichen Regeln können mit den detaillierteren Anforderungen dazu beitragen, dass Eigenverwaltungsverfahren besser vorbereitet werden. Das wertet die Verfahren auch in der Wahrnehmung der Beteiligten auf. In erster Linie aber sorgt eine intensive Vorbereitung dafür, dass die Restrukturierungschancen im Verfahren steigen.

Info

Die Autoren

Alexander Reus ist Partner bei Anchor in München, er ist spezialisiert auf die Bereiche Restrukturierung und Eigenverwaltung.

Silvio Höfer ist Partner und Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Anchor in Hannover und sowohl in der Eigenverwaltung, als auch als Sach- und Insolvenzverwalter tätig.

Dr. Florian Harig ist Partner bei Anchor in Hannover und auf insolvenzrechtliche Beratung und Eigenverwaltung spezialisiert. 

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Haftungsfalle Restrukturierung: Das ist bei der Dokumentation wichtig https://www.finance-magazin.de/expertenbeitraege/haftungsfalle-restrukturierung-das-ist-bei-der-dokumentation-wichtig-42540/ Mon, 16 Nov 2020 06:15:00 +0000 https://stage01.finance-magazin.de/allgemein/haftungsfalle-restrukturierung-das-ist-bei-der-dokumentation-wichtig-42540/ Restrukturierungen bergen häufig Haftungsrisiken. Eine sorgfältige Dokumentation hilft, diese zu vermieden.

Restrukturierungen können für Verantwortliche in Unternehmen hohe Haftungsrisiken bergen. Um sich abzusichern, sollten Manager ihre Entscheidungen jederzeit sorgfältig dokumentieren.

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Restrukturierungen bergen häufig Haftungsrisiken. Eine sorgfältige Dokumentation hilft, diese zu vermieden.

Restrukturierungen können für Verantwortliche in Unternehmen hohe Haftungsrisiken bergen. Um sich abzusichern, sollten Manager ihre Entscheidungen jederzeit sorgfältig dokumentieren.

Während die Corona-Fallzahlen steigen, geht die Wirtschaft auf Talfahrt, es mehren sich die Restrukturierungsfälle. Für die handelnden Personen in den Unternehmen geht es dabei auch um persönliche Haftungsrisiken, sollte die Restrukturierung scheitern. Eine sorgfältige Dokumentation ist unumgänglich, um persönliche Haftungen im Insolvenzfall zu vermeiden.

Denn auch wenn der Gesetzgeber die Insolvenzantragspflicht wegen Überschuldung im Zuge des Covid-19-Insolvenzaussetzungsgesetzes bis Ende dieses Jahres unter bestimmten Voraussetzungen ausgesetzt hat, steht weiterhin die persönliche Haftung der Geschäftsleitung für einzelne Zahlungen im Raum. Und wenn sich herausstellen sollte, dass ein Insolvenzantrag zu spät gestellt wurde, wäre dies strafbar.

Insolvenzgründe im Blick behalten

Ist ein Unternehmen angeschlagen, muss die Geschäftsleitung die finanzielle Entwicklung besonders aufmerksam verfolgen. Bei zwei Sachverhalten besteht laut Insolvenzordnung die Pflicht, einen Insolvenzantrag zu stellen: Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung.

Die Zahlungsunfähigkeit wird ermittelt, indem man die verfügbaren Zahlungsmittel und die fälligen Verbindlichkeiten gegenüberstellt. Ergibt sich eine Unterdeckung, muss das Management eine Drei-Wochen-Planung aufstellen, um zu schauen, wie groß die Liquiditätslücke ist und ob diese geschlossen werden kann.

Für die drohende Zahlungsunfähigkeit wird durch das kommende Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts künftig ein Prognosezeitraum von 24 Monaten definiert. Bei drohender Zahlungsunfähigkeit können Unternehmen künftig die präventive Sanierung nach dem Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen nutzen.

Florian Harig

Anchor

Florian Harig

Fortbestehensprognose gut dokumentieren

Für Unternehmenslenker besonders kritisch ist die Prüfung der insolvenzrechtlichen Überschuldung: Sie erfordert auch eine Prognose. Auf deren Dokumentation sollten Verantwortliche besonderes Augenmerk legen.

„Auf die Dokumentation der Prognose sollten Verantwortliche besonderes Augenmerk legen.“

Eine Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt und die Fortführung des Unternehmens nicht mehr überwiegend wahrscheinlich ist. Besteht keine positive Fortbestehensprognose, werden Aktiva und Passiva zu Liquidationswerten bewertet und einander gegenübergestellt.

Für das Management ist es essentiell, seine Einschätzung für eine positive Fortbestehensprognose sorgfältig zu dokumentieren. Dies ist bei einer Restrukturierung unumgänglich, um späteren Inanspruchnahmen entgegentreten zu können.

Fortbestehensprognose: Darauf kommt es an

Doch wann fällt eine Fortbestehensprognose positiv aus? Dies setzt zum einen voraus, dass die Verantwortlichen das Unternehmen tatsächlich weiterführen wollen (Fortführungswille). Hinzu kommt als weitere Voraussetzung ein Finanzplan, der ausreichend Liquidität für den Prognosezeitraum erwarten lässt. Das Unternehmen muss während des Prognosezeitraums mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 50 Prozent durchfinanziert sein.

Das voraussichtlich zum Jahreswechsel kommende Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts legt den Prognosezeitraum für die positive Fortbestehensprognose auf zwölf Monate fest. Unternehmen, die stark von der Coronavirus-Pandemie betroffen sind, können für eine Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2021 einen Prognosezeitraum von lediglich vier statt zwölf Monaten zugrunde legen.

Geschäftsleitung muss sich entlasten können

Dass die Durchfinanzierung des Unternehmens während des Prognosezeitraums überwiegend wahrscheinlich ist, sollten die Verantwortlichen mit belegbaren Tatsachen, objektiven Anhaltspunkten sowie konkreten Indizien dokumentieren.

Es reicht dabei nicht aus, als Geschäftsleiter von sämtlichen Stakeholdern ein professionelles Verhalten zu erwarten und vorauszusetzen. Vielmehr müssen die Unternehmensverantwortlichen selbst alle relevanten Umstände berücksichtigen und bewerten. Sie selbst müssen im Zweifel auch darlegen können, auf welche Tatsachen sie ihre positive Fortbestehensprognose gestützt haben. Diese Darlegungslast, mit der mögliche Haftungen abgewehrt werden können, trifft die Geschäftsleitung.

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Für die Beteiligten bedeutet die Dokumentation der positiven Fortbestehensprognose häufig einen großen Aufwand, den sie während der Prüfung und Umsetzung von Restrukturierungsmaßnahmen, beispielsweise bei der Erstellung eines Sanierungsgutachtens nach IDW S6, erbringen müssen.

Sollte die Restrukturierung scheitern, müssen die Verantwortlichen mit ihrer Dokumentation belegen können, wie sie zu ihrer Einschätzung gekommen waren.

Meilensteine der Finanzierung dokumentieren

Diese Dokumentation kann beispielsweise erfolgen, indem das Management sämtliche Voraussetzungen für eine Durchfinanzierung sowie deren laufende Entwicklung nachhält. Sachverhalte, die für die Durchfinanzierung maßgeblich sind, können hierzu mit messbaren Meilensteinen innerhalb bestimmter Zeiträume verknüpft werden.

„Falls die Restrukturierung scheitert, kann die Geschäftsleitung belegen, weshalb sie ihren Kurs weiterverfolgt hat.“

Werden einzelne Meilensteine nicht erfüllt, fällt damit auch die positive Fortbestehensprognose weg, soweit keine alternativen Finanzierungselemente an die Stelle treten. Ist die Erfüllung der Meilensteine dagegen überwiegend wahrscheinlich, lässt sich daraus die begründete Dokumentation einer positiven Fortbestehensprognose ablesen.

Diese Daten und Fakten sollten Unternehmenslenker während der Restrukturierungsphase in einem zentralen Dokument zusammenführen und laufend aktualisieren. Falls die Restrukturierung scheitert, kann die Geschäftsleitung dadurch belegen, weshalb sie ihren Kurs weiterverfolgt hat. Damit kann sie einer persönlichen Inanspruchnahme entgegengetreten und die Restrukturierung wird nicht zur persönlichen Talfahrt.

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