Rohstoffknappheit treibt Finanzierungsbedarf

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Fachbeiträge aus der Sonderbeilage Structured FINANCE 2022
Fachbeiträge aus der Sonderbeilage Structured FINANCE 2022 Foto: Eduardo - stock.adobe.com

Deutschlands Unternehmen können eine Führungsrolle bei der digitalen und nachhaltigen Transformation der Weltwirtschaft übernehmen. Dafür müssen sie aber auf seltene Metalle wie Kobalt, Lithium oder seltene Erden zugreifen. Hier droht in den kommenden zwei Jahrzehnten ein Engpass. Die sich abzeichnende Knappheit bei metallischen Rohstoffen ist für viele deutsche Unternehmen eine ebenso große Herausforderung wie die derzeitige Energiekrise.

Der Preis für metallische Rohstoffe hat sich im Schnitt seit der Jahrtausendwende bereits mehr als verfünffacht. 2040 wird die Nachfrage das aktuelle Angebot nach Schätzungen der Deutschen Rohstoffagentur bei wichtigen seltenen Metallen um ein Vielfaches übersteigen. Und: Deutschland ist in hohem Maße abhängig von Rohstoffimporten aus wenigen Ländern, die über einen Großteil der Vorkommen verfügen oder die Raffineriekapazitäten kontrollieren. Von 30 kritischen Rohstoffen bezieht Deutschland zehn hauptsächlich aus China und acht aus afrikanischen Ländern, in denen China zunehmend in rohstoffbezogene Infrastruktur investiert. Außerdem importiert Deutschland zahlreiche Rohstoffe aus Russland.

Lagerhaltung kehrt zurück

Für die Unternehmen ergeben sich daraus zwei zentrale Herausforderungen: den Zugriff auf die Rohstoffe zu gewährleisten und die Preise abzusichern. Während die vergangenen Jahrzehnte im Zeichen der immer stärker optimierten Lieferketten stand – „just in time“ lautete das Stichwort –, wird es künftig mehr Lagerhaltung geben, damit Lieferunterbrechungen nicht zu einem Produktionsausfall führen. Resilienz heißt die neue Formel, der sich auch die Treasury-Abteilung verpflichten muss.

Neben dem künftig an Bedeutung gewinnenden Rohstoff-Hedging ist auch ein erhöhter Finanzierungsbedarf zu erwarten. Steigende Preise und erhöhte Lagerhaltung lassen sich nicht immer aus dem Cashflow finanzieren. Profitieren dürften Supply-Chain-Finanzierungen aller Art. Das klassische Akkreditivgeschäft wird ebenfalls wichtig bleiben, weil viele neue Lieferbeziehungen mit Geschäftspartnern entstehen werden, deren Verlässlichkeit schwer einschätzbar ist. Forderungsfinanzierungen stehen ebenso vor einem Aufschwung, auch wenn der klassische Bankkredit und die Linien ihre dominante Rolle behalten werden.

Politik ist gefragt

Um den Zugriff auf die Rohstoffe zu sichern, sind zudem Fördermittel in der Finanzierung erforderlich. Im Rahmen der „Rohstoffstrategie der Bundesregierung“ stellt das deutsche Wirtschaftsministerium sogenannte ungebundene Finanzkredite zur Verfügung, die Unternehmen für grenzüberschreitende Investitionen verwenden können. Dank langfristiger Lieferverträge gewährleisten sie die Versorgung mit wichtigen Rohstoffen. Im Kern geht es um Vorauszahlungen und Kredite, die durch die Lieferung von Rohstoffen zurückgezahlt werden. Um die Ausfallrisiken zu verringern, gewährt die Bundesregierung den kreditgebenden Banken eine Garantie (UFK-Garantie).

Die Rohstoffproblematik erfordert, dass Unternehmen und ihre Finanzierungspartner eng zusammenarbeiten. Und umdenken: Die Banken müssen Resilienz durch Lagerhaltung belohnen, auch wenn sie Kapital bindet. Die Unternehmen müssen einen Teil der Rendite für ihre Produktionssicherheit opfern. Passgenaue Finanzierungen und professionelle Treasury-Abteilungen erhöhen die Resilienz zu minimierten Kosten.

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