Die Opfer der Zinswende

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Fachbeiträge aus der Sonderbeilage zur Structured FINANCE 2023. Foto: Tinnakorn-stock.adobe.com
Fachbeiträge aus der Sonderbeilage zur Structured FINANCE 2023. Foto: Tinnakorn-stock.adobe.com

Infolge der Zinswende und der Leitzinserhöhungen durch die Zentralbanken tun sich durch Kreditverknappung in vielen Bereichen der Wirtschaft Finanzierungslücken auf. Manche Experten vergleichen die Schieflagen von Kreditinstituten in den USA und der Schweiz mit den Ereignissen der Finanzkrise in den Jahren 2008 und 2009.

Pleite der Silicon Valley Bank verdeutlicht die Zinsrisiken

Der Fall der Silicon Valley Bank ist exemplarisch für das Risikopotential der Zinswende. Die Bank hatte Zuflüsse aus Einlagen von Kunden, insbesondere aus der Technologiebranche, durch langfristige US-Treasury-Bonds refinanziert und Grundsätze der Fristenkongruenz missachtet. Als die Anleihen aus der Niedrigzinsphase nach dem Marktwert und nicht mehr mit dem Anschaffungswert zu bewerten waren, schlug dies unmittelbar ergebnisrelevant zu Buche. Die Lücke im Eigenkapital konnte die Bank kurzfristig nicht durch die Aufnahme neuen Kapitals decken. Die Kunden verloren das Vertrauen und zogen Einlagen in großem Umfang ab.

Nur das schnelle Eingreifen der Federal Reserve konnte verhindern, dass es zu größeren Schieflagen im US-Finanzsystem kam. Ein ähnlicher Vertrauensverlust der Anleger und eine Krise bei der Kapitalbeschaffung waren auch die Ursachen für die schwierige Situation von Credit Suisse, die letztendlich in der Übernahme durch die UBS AG in der Schweiz endete. Auch hier musste die Schweizerische Nationalbank in kürzester Zeit ein Rettungspaket schnüren.

Banken: höhere Gewinnmargen und Risiken

Zwar eröffnen höhere Zinsen auch die Möglichkeit größerer Gewinnmargen für Banken, insgesamt überwiegen aber aus Sicht der Kreditgeber die Risiken. Die Kredite haben sich in den USA im zweiten Quartal 2023 fast in gleicher Weise verknappt wie zu Beginn der Corona-Pandemie.

Die geänderten Bedingungen für Fremdfinanzierungen treffen bestimmte Branchen besonders hart, etwa Projektentwicklungen im Immobilienbereich oder Private Equity. Aber auch bei Unternehmensfinanzierungen und Verbraucherkrediten wird die Luft dünner. Refinanzierungsrisiken steigen mit jeder Zinserhöhung weiter an.

Neue Wege bei der Finanzierung

Derzeit führt dies in den wenigsten Fällen zur Fälligstellung von Kreditforderungen oder zur Verwertung von Kreditsicherheiten. Kreditnehmer können oft noch darauf vertrauen, dass die Banken zunächst mit ihren Forderungen stillhalten und den Bestand des finanzierten Projekts nicht unmittelbar in Gefahr bringen wollen. Je größer die Lücke zwischen den kalkulierten Einnahmen und den tatsächlich steigenden Kosten – auch außerhalb des Finanzierungsbereichs – wird, desto problematischer kann die Lage mittelfristig für Projekt- oder Akquisitionsfinanzierungen werden.

In dieser Situation wird es entscheidend sein, bei der Bereitstellung ergänzender Finanzierungsmöglichkeiten neue Wege zu gehen: Klassische Mezzanine-Darlehensgeber können ergänzende Finanzierungen in Form von Nachrangdarlehen, Genussrechten oder stillen Beteiligungen beisteuern. Aufgrund der schwierigen Eigenkapitalsituation wird es aber auch notwendig sein, dass Banken ergänzende Finanzierungen in einer Vorrangrolle für neue Investoren (Super-Senior-Finanzierungen) gestatten. Dies ist in der Private-Equity-Branche ein gängiges Mittel. Für die Unternehmensfinanzierung ist dies allerdings derzeit fast unmöglich.

Aber auch Juristen in Banken, Kanzleien und Unternehmen sind gefordert. Sie sollten den Investorenprozess mit eindeutiger Dokumentation fördern und zusätzliche Kapitaltranchen ermöglichen, mit denen sich Finanzierungslücken schließen lassen.

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