Eine Technologie schreibt Kapitalmarkt-Geschichte

Artikel anhören
Artikel zusammenfassen
Teilen auf LinkedIn
Teilen per Mail
URL kopieren
Drucken
Fachbeitrag aus der Sonderbeilage zur Structured FINANCE 2025. Foto: tostphoto - stock.adobe.com
Fachbeitrag aus der Sonderbeilage zur Structured FINANCE 2025. Foto: tostphoto - stock.adobe.com

Die Blockchain-Technologie gewann 2009 zunächst als Grundlage für Kryptowährungen an Popularität. Auch in anderen Bereichen wurde ihr disruptives Potential schnell erkannt, insbesondere im Finanzsektor. Erste Pilottransaktionen, wie von Daimler (2017) oder Telefónica (2018), zeigten früh die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten.

Den zentralen rechtlichen Rahmen in Deutschland bildet das elektronische Wertpapiergesetz (eWpG), das insbesondere für Anleihe-Transaktionen relevant ist. Es gibt klare Richtlinien für die Tokenisierung von Aktiva, also die Speicherung von Eigentumszertifikaten auf einer Blockchain, vor. Nach dem eWpG können Kryptowertpapiere ohne physische Urkunde in einem dezentralen Kryptowertpapierregister eingetragen und verwahrt werden. Dieses Register kann auch auf Basis von Distributed-Ledger-Technologie (DLT) betrieben werden. Begleitet werden diese Rahmenbedingungen von Anstrengungen der Zentralbanken, neue Formen von digitalem Zentralbankgeld für den Retail- und den Interbankenverkehr einzuführen.

Vor diesem Hintergrund werden bei Anleihe-Transaktionen unterschiedliche Vorteile erwartet. Durch die automatisierte Selbstorganisation gehen die Kosten der Verifizierung von Transaktionen zurück. Durch Smart Contracts – einfache konditionale Computerprogramme zur Automatisierung von Transaktionen – nehmen Kontrahentenrisiken ab, da Intermediärs-Funktionen obsolet werden und damit diverse Schritte im Emissionsprozess automatisiert werden könnten.

Siemens mit großer digitaler Anleihe

Eine der bislang größten digitalen Anleihen platzierte Siemens im Jahr 2024. Siemens, ein Vorreiter in der Anwendung modernster Technologien am Kapitalmarkt, emittierte eine digitale Anleihe in Höhe von 300 Millionen Euro und mit einer Laufzeit von einem Jahr auf einer privaten Blockchain. Diese Transaktion markiert einen wichtigen Fortschritt für den deutschen Kapitalmarkt.

Die Emission der digitalen Anleihe wurde über die private Blockchain von Swiat – einem Gemeinschaftsunternehmen von verschiedenen Finanzinstituten – abgeschlossen. Die Abwicklung erfolgte über die von der Deutschen Bundesbank zur Verfügung gestellte „Trigger Solution“, einer Anbindung von DLT-Systemen an traditionelle Zahlungssysteme. Das Fintech Swiat bietet Banken und Finanzinstituten eine Blockchain-basierte Transaktionsplattform als Abwicklungsnetzwerk an und ermöglicht ihnen dadurch die Emission regulierter digitaler Assets.

Das besondere Highlight

Von besonderem Wert war die Integration der innovativen „Trigger Solution“ der Deutschen Bundesbank in den Transaktionsprozess. Während die Valutierung einer Anleihe üblicherweise fünf bis sieben Tage dauert, konnte die Auszahlung des Nominalbetrags auf das Konto von Siemens nur wenige Minuten nach dem Pricing der Anleihe realisiert werden.

Ein wichtiger Schritt zur Etablierung digitaler Anleihen ist zudem ein funktionierender Sekundärmarkthandel. Hier gab es unlängst einen ersten Handel der digitalen Siemens-Anleihe. Diese Technologie ermöglicht ein Intraday Settlement innerhalb weniger Stunden.

Das Beispiel der digitalen Anleihe von Siemens zeigt: Die Blockchain-Technologie bietet im Emissionsprozess klare Vorzüge und das Potential, den Kapitalmarkt grundlegend zu verändern – hin zu einem effizienteren, transparenteren und dezentral vernetzten System. Für Akteure im Corporates-, Banken- und Fintech-Segment ist dies eine Chance, eigene Prozesse zu digitalisieren und langfristig Marktstandards mitzugestalten.

Autor