Die Elektrifizierung des Verkehrs gilt als zentraler Baustein der Energiewende. Voraussetzung für den Durchbruch der Elektromobilität ist ein leistungsfähiges Ladenetz – doch die Finanzierung dieser Infrastruktur bleibt eine komplexe Herausforderung.
Die nationalen Klimaschutzziele sehen einen Ausbau der Elektromobilität bis 2030 auf 15 Millionen Fahrzeuge vor. Angesichts der zugelassenen vollelektrischen Fahrzeuge von gerade einmal 1,7 Millionen erscheint dieser Anspruch aus heutiger Sicht unrealistisch. Die hiesige Ladeinfrastrukturabdeckung ist hingegen bereits gut und wächst dynamisch. Über 175.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte gibt es derzeit. Das sind rund 16 Prozent mehr als im Vorjahr; der Zubau von Schnellladepunkten verlief mit einem Plus von 34 Prozent sogar noch dynamischer.
Um eine Tragfähigkeit zu erreichen, erfordert die Finanzierung der Ladeinfrastruktur einen gemeinsamen Hochlauf von Elektromobilität und Infrastruktur. Aktuell wächst diese jedoch schneller als die Anzahl der Elektrofahrzeuge. Infolgedessen nimmt die ohnehin schwache Auslastung der Ladepunkte noch weiter ab und liegt aktuell durchschnittlich bei nur 8,7 Prozent. Das Auslastungsniveau reicht grundsätzlich nicht aus; die Eigentragfähigkeit bleibt problematisch.
Hoher Eigenkapitalbedarf
Eine Hürde beim Ausbau der Ladeinfrastruktur ist die Finanzierung. Insbesondere Schnellladepunkte und Netzanschlüsse verursachen hohe initiale Investitionskosten, die in Kombination mit Kalkulationsunsicherheiten aus dem Geschäftsmodell und hohen Ingangsetzungsaufwänden erheblichen Eigenkapitaleinsatz erfordern.
Hinzu kommen langwierige Genehmigungsprozesse und Umsetzungszeiträume, die zusätzliche Liquiditätspuffer notwendig machen. Die Wirtschaftlichkeit ist in Abhängigkeit vom Hochlauf der E-Mobilität erst mit Zeitverzug erreichbar. Zu Beginn entstehen hohe Anlaufverluste. Kalkulationsrisiken betreffen sowohl die künftige Auslastung als auch die Entwicklung von Energiepreisen.
Zusätzlich erhöhen technologische Innovationen bei E-Autos und Ladesäulen sowie regulatorische Vorgaben die Unsicherheit. Hohe Anfangsinvestitionen treffen auf eine unsichere Auslastungsentwicklung und lange Amortisationszeiten. Diese lassen sich in der Regel nur durch hohe Eigenkapitaleinschüsse oder aus anderen Erträgen des Betreibers kompensieren.
Gefragt sind deshalb Finanzierungsmodelle, die Bauzeiten sowie die Auslastungshochläufe durch verzögerte Tilgungsanläufe abdecken, möglichst flexibel sind, eine Reduzierung des Eigenkapitaleinsatzes ermöglichen und im Gegenzug einen höheren Leverage generieren. Gerade die verzögerten Cashflows stellen eine Grundproblematik vieler Transformationsfinanzierungen dar. Doch nur wenn es gelingt, tragfähige Konzepte zu entwickeln, können die Mobilitätswende wie auch die Energiewende insgesamt gelingen.
Autor
Tim Junghans
Tim Junghans ist Leiter Energiewirtschaft der NordLB für die DACH-Region.